KI ist für mich aus beruflichen Gründen schon interessant und ich experimentiere allgemein schon seit mindestens 2 Jahren damit. Die Ergebnisse sind teils sehr spannend, teils aber auch - ich sage mal - durchwachsen, weil alle KIs bei Themen abseits des Allgemeinwissens und gut dokumetierter Fachbereiche oft anfängt zu phantastieren. Man muss auf jeden Fall die Antworten der KI gegenprüfen, was den Zeitvorteil wieder relativieren kann. Aber wenn man das berücksichtigt, dann ist es leistungsfähiger als bisherige Suchmaschinen und hat noch enormes Potential für die Zukunft. Allerdings sollte man allgemein darauf verzichten, die KI zu sehr in die wirkliche Welt zu integrieren, also keine KI gesteuerten Roboter, Fahrzeuge, Maschinen und andere Systeme, die Dinger kommen sonst noch auf Ideen wie „2001 - Odyssey im Weltall“, „Matrix“ und „Terminator“, das mus nun wirklich nicht sein.
Vor Kurzem habe ich aber KI im Bereich Genealogie für mich entdeckt, und da bin ich einigermaßen begeistert, weil „es“ ohne Anstrengung viele Fachgebiete miteinander kombiniert, man stellt Frage und bekommt spannende Antworten, die Richtungen enthalten, an die man selbst garnichbt gedacht hätte, das liefert tolle Forschungsansätze und Anregungen zum weitermachen.
Auch für einen ersten Überbliick über schwer leserliche Kirchenbuch- und Standesamtseinträge eignet es sich, um sich einen ersten Überblick über einen Eintrag zu verschaffen, sofern der Scan einigermaßen taugt, das Lesen von solchen historischen Handschriften funktioniert erstaunlich gut, auch wenns im Detail noch Missverständnisse geben kann, also ungeprüft sollte man das Ergebnis nicht übernehmen. Ich mache dazu immer einen möglichst großen (gezoomten) Screenshot des Eintrags, bereinige evtl aus anderen Einträgen hereinragende Buchstaben per Malprogramm und kopiere das bearbeitete Bild in den KI-Chat und bitte um Klartext und ggf. um Übersetzung. Wenn man über das Ergebnisn unsicher ist, lohnt evtl. auch die Überprüfung mittels einer zweiten KI. Oder gezieltes Nachfragen bzw. Verbessern z.B. wenn Namen falsch gelesen wurden, das hilft der KI dann auch, andere Wörter der Handschrift besser zu lesen. Für brauchbare Ergebnisse muss man mit der KI interaktiv „reden“, bis man mit dem Ergebnis (einigermaßen) zufrieden ist. Das kann einem eine enorme Zeitersparnis einbringen.
Ich nutze hauptsächlich Copilot von Microsoft, dafür habe ich eine M365 Family Lizenz, aber wenn ich unsicher mit dem Ergebnis bin, kopiere ich den gleichen Kirchenbucheintrag auch mal in ChatGPT oder Mistral-AI und stelle dort die selbe Frage, wobei es immer wichtig ist, schonmal grob zu umreißen, was man schon darüber weiß (Kirchenbucheintrag aus dem Jahr X im Ort Y für Person xyz in Sprache abc, kannst du das lesen und auf deutsch übersetzen?). Mistral ist europäisch (Frankreich) und etwa genauso leistungsfähig wie die USA-Gegenstücke, aber die Daten bleiben in Europa, was gerade bei der Verarbeitung personenbezogenen Daten ein Vorteil ist. Mistral spricht wie die anderen KIs auch Deutsch und kann zwischen beinahe beliebigen Sprachen hin und her übersetzen.
Schön an Copilot in der Family-Lizenz ist, dass es auch direkt aus Word oder Excel angesprochen werden kann, wenn ich z.B. Online einen Kirchenbucheintrag als Scan finde, kann ich den Screenshotten und in Word einfügen, und im Word den Copilot zum Lesen in Klartext und Übersetzen nehmen, das Ergebnis landet direkt im Dokument! Aber leider nur für den ersten Screenshot im Dokument, hat man mehrere eingefügt, nimmts derzeit immer nur den Ersten, wie schade.Daher mache ich das noch im Brower, da bezieht es sich auf die letzte Einfügung und dann kopiere ich das Ergebnis herüber in mein Word-Dokument, um es dort weiter zu verarbeiten für die Übertragung in mein Gemealogieprogramm.
Auch im Bereich der Zusammenführung identischer Personen innerhalb einer - oder zwischen verschiedenen Gedcoms sehe ich enormes Potential, das viele Programme und Internet-Portale (kommerziell, frei wie hier) derzeit nur teils halbherzig können, wenn überhaupt.
Revolutionär wird es mal, wenn die KI auf Matrcula, Arcinsys (Hessen usw.), Archion und z.B. die Kirchenbuchscans der französischen Departements zugreifen kann, und die Handschriften dort durchsuchen kann, was das eine Arbeitserleichterung wäre, wenn es mal verlässlich funktioniert. Hier sehe ich wahrscheinlich Familysearch am nächsten dran, weil die ja alles als Microfishes / Scans schon haben. Vielleicht wird es auch mal eine direkte Schnittstelle in gängige Genealogieprogramme geben, die dann solche Scans online durchsuchen können und Treffer automatisch in die Datenbank übernehmen können? Ob wir das noch erleben werden?
Was habt ihr damit für Erfahrungen? Wie denkt ihr über KI im Arbeitsbereich Genealogie? Nutzt ihr es schon?