Zwischen Desktop und Plattform: Vergleich moderner Web-Genealogieprogramme

Originally published at: Zwischen Desktop und Plattform: Vergleich moderner Web-Genealogieprogramme • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)

Genealogische Forschung wird längst nicht mehr nur am Desktop des heimischen Rechners betrieben. Immer mehr Familienforschende setzen auf webbasierte Lösungen – sei es zur besseren Zusammenarbeit, für ortsunabhängigen Zugriff oder aus Gründen der Datensicherheit. Doch welche Web-Genealogieprogramme eignen sich besonders für selbstbestimmte Forschung jenseits der großen Plattformen?

In diesem Beitrag vergleichen wir vier populäre Web-Anwendungen für die Genealogie: GeneWeb, Gramps Web, TNG, und webtrees. Alle vier können auf einem eigenen Server betrieben werden – unterscheiden sich aber in Funktionsumfang, Bedienung und Zielgruppe deutlich. TNG ist eine kostenpflichtige Software, die anderen drei Anwendungen sind als OpenSource frei nutzbar. Wir haben im Blog des Vereins für Computergenealogie schon öfters über die Programme Gramps Web und über webtrees berichtet. Nun wollen wir alle vier Programme miteinander vergleichen.

Einordnung: Zwischen Desktop und Plattform

Die vier Web-Anwendungen lassen sich entlang eines Spektrums einordnen – zwischen klassischer Desktopsoftware (mit lokalem Datenzugriff) und Cloud-basierten Genealogieplattformen. Genealogieprogramme werden ganz generell entweder lokal auf einem Gerät installiert oder auf einem Server im Internet zugänglich gemacht. Die Anwender können entweder unter Nutzung des lokalen Betriebssystems (Windows, MacOS, Linux, iOS, Android) direkt auf das Programm und die Daten zugreifen oder sie nutzen das Programm über einen Browser als Web-Anwendung auf einem selbst betriebenen Server oder als Software as a Service (SaaS). So kann man etwa durch die Nutzung des Angebotes von GrampsHub mit Gramps Web arbeiten ohne sich selbst um die komplexe Installation und um den Betrieb kümmern zu müssen. Natürlich gegen Bezahlung für diese Dienstleistung. Ähnliches gilt für das Angebot von GenOnline zum Betrieb von webtrees (über die Kooperation von CompGen und GenOnline hatten wir berichtet).

Einige der SaaS-Angebote bieten einen Zugriff auf umfangreiche Quellen-Archive, auf DNA-Testdaten, und reichhaltige Zusatzanwendungen, etwa zur Bildbearbeitung; diese Angebote werden dann als Genealogieplattformen bezeichnet. Einige der SaaS-Angebote erlauben die kollaborative Arbeit an einem Weltbaum, andere bieten die Möglichkeit, dass die Nutzer an ihren eigenen Stammbäumen arbeiten.

Die folgende Übersichtsgrafik ordnet die genannten Programme innerhalb des Spektrums zwischen lokal installierter Software und Online-Plattformen ein.

Die hier näher betrachteten Web-Genealogieprogramme können im Prinzip das gesamte gezeigte Spektrum abdecken. Sie können auch auf einem PC zu Hause und nur im lokalen Netz betrieben werden, sie können aber auch zu einer Genealogieplattform ausgebaut werden, wie das Beispiel GeneWeb zeigt, das die Basis bei Geneanet ist, einem Angebot von Ancestry. Somit stehen die Web-Genealogieprogramme auch im direkten Wettbewerb mit den Angeboten von Geneanet/Ancestry, MyHeritage und dem kürzlich hier im Blog vorgestellten neuen Angebot CET von FamilySearch. Der wesentliche Unterschied ist, dass man bei den hier vorgestellten Web-Anwendungen die volle Hoheit über die erfassten Daten behält, was bei den Genealogieplattformen und natürlich auch bei den Weltbäumen nicht der Fall ist.

Seit wenigen Jahren gibt es auch Programme wie Heredis, die zwar lokal installiert werden, ihre Daten aber über eine Cloud austauschen oder synchronisieren können. Und es gibt lokal installierte Programme, die über Web-Schnittstellen auf die Daten etwa einer Genealogieplattform zugreifen können. So kann etwa das Programm Legacy lokale Daten mit den Daten im FamilySearch-Weltbaum synchronisieren.

Der Vergleich im Detail

In einer ausführlichen Tabelle haben wir die vier ausgewählten Web-Anwendungen in diversen Kriterien verglichen – darunter

  • Nutzerzahl und Zielgruppen
  • Bedienkonzept und Mehrsprachigkeit
  • Quellenmanagement
  • Aufgabenverwaltung und Tagging, Suche
  • Funktionen für DNA-Genealogie
  • Erweiterungsmodule
  • Datenschutz

In die Gruppe der Web-Programme gehören noch weitere, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Eine vollständige Übersicht findet man im GenWiki. Dazu gehören etwa die Programme Alberogen, GeneoTree und HuMo-genealogy. Das vor allem von Vereinen genutzte Programm GEN_DO! wird hier auch nicht aufgeführt, da es nicht frei verfügbar ist. Einen ausführlichen direkten Vergleich von Gramps Web und webtrees findet man im webtrees-Handbuch.

Man sieht schon auf den ersten Blick, dass GeneWeb eine besondere Lösung ist. GeneWeb wird bereits seit fast 30 Jahren entwickelt und kann für große Datenbanken verwendet werden, so etwa bei roglo.eu oder Geneee. Sie hat das Potenzial für eine Genealogieplattform, wie Geneanet zeigt. Aber um GeneWeb einzusetzen, bedarf es viel Arbeit, daher gibt es nur relativ wenige Installationen.

Gramps Web greift auf viele Funktionen der Desktop-Software Gramps zurück. Es eignet sich besonders für diejenigen, die hauptsächlich lokal arbeiten, aber gelegentlich auch mit anderen zusammenarbeiten möchten. Allerdings eignet sich Gramps Web nicht für eine offene Präsentation der Arbeit im Internet, da man zum Betrachten der Daten immer angemeldet sein muss.

TNG wird von einigen Genealogievereinen erfolgreich für große Datenbanken genutzt, etwa in der TimeMachine “Altes Köln“, allerdings ist man bei TNG von einem einzigen Entwickler abhängig, der das Programm pflegt, vertreibt und laufend weiter entwickelt. Das Programm bietet hervorragende Möglichkeiten zur Einbindung in ein Content Management System (CMS), wie etwa Joomla oder WordPress, und auch eine gute Unterstützung von DNA-Genealogie.

Webtrees verfügt über eine aktive deutschsprachige Nutzergemeinschaft und orientiert sich eng am GEDCOM-Standard. Dadurch funktioniert der Datenaustausch mit anderen Programmen in der Regel sehr zuverlässig.

Was meint Ihr? Eure Meinung ist gefragt!

Wir möchten diesen Vergleich nicht als abschließendes Urteil verstanden wissen, sondern als Diskussionsangebot

  • Nutzt Ihr eines (oder mehrere) dieser vier Programme?
  • Welche Funktionen sind Euch im Alltag besonders wichtig?
  • Welche wichtigen Kriterien fehlen Euch im obigen Vergleich?
  • Stimmt Ihr unserer Einordnung zu?
  • Wer von Euch kann für das GenWiki webtrees mit TNG vergleichen?

>>> Wer eigene Erfahrungen oder Anleitungen zu genealogischen Web-Programmen teilen möchte, ist herzlich eingeladen, einen Gastbeitrag hier im CompGen-Blog zu schreiben. Meldet euch einfach per E-Mail bei der Redaktion oder kommt zu unserer nächsten Redaktionssitzung, immer samstags um 14:00 Uhr. Oder diskutiert gerne mit uns in Discourse (siehe Link hier ganz unten).

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Herzlichen Dank für deine ausführlichen und wertvollen Informationen. Die haben mir meinen Horizont erweitert!

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Es überrascht mich, GeneWeb in diesem Vergleich zu sehen. Dass das nicht glücklich ist, zeigen die vielen nicht vorhandenen Funktionen. Für mich ist GeneWeb die Software, auf der Geneanet betrieben wird. Ist die Zielgruppe wirklich wie beschrieben, Weltstammbaum? Ich zweifele.
Weshalb Geneanet für mich die einzig akzeptierte Platform als „Ausstellungsraum“ meiner Forschung ist, erschließt sich aus den ersten drei Beiträgen unter folgendem Link: https://teuthorn.net/feuilleton/?s=geneanet. Es möge nutzen.

Hallo Peter,

ich denke dass GeneWeb und Geneanet zwei verschiedene Dinge sind. Wir vergleichen hier GeneWeb und nicht Geneanet. Das wäre sonst Äpfel mit Birnen vergleichen.

Ich selber habe GeneWeb als mein allererstes Genealogieprogramm genutzt. Ist wohl bald 30 Jahre her. Für mich ist die Roglo.eu/roglo schon so etwas wie ein Weltbaum, vielleicht kleiner als die anderen und mit einem Fokus auf den Adel. Und geneee.org von David Schmidt ist eine sehr schicke Genealogieanwendung auf Basis von GeneWeb. Hat auch nichts mit Geneanet zu tun.

Es ist aber faszinierend, was Geneanet alles aus GeneWeb rausgeholt hat.

Schöne Grüße
Hermann