Wir Ostpreußen März 1949. Folge 02/03 und Folge 04

März 1949

Folge 02/03 vom 01.03.1949
Seite 12 Familienanzeigen
Ihre Vermählung geben bekannt. Nikolaus Holostor und Elma Holostor, geb. Ballnus (Tilsit). 07. Februar 1949. Augsburg, Emersacker 112 über Augsburg 2

Fern unserer Heimat erlöste Gott heute von langem, schwerem Leiden, im 53. Jahre unserer Ehe, meine über alles eliebte Frau, unsere liebe Mutter und Schwiegermutter, unsere liebevolle Großmutter und einzie Schwester, Schwäerin, Cousine, Tante und Großtante, Katharine Balduhn, geb. Kleine, im 74. Lebensjahre, durch einen sanften Tod. Sie war die Seele unserer Heimat und hier die Heimat unserer Herzen. In tiefster Trauer: In Namen aller Angehörigen: Ernst Balduhn, Rodmannshöfen/Ostpreußen. Zurzeit Wiescherhöfen bei Hamm (Westfalen), am 19. Februar 1949

Nachträglich, insbesondere den Lötzener Bekannten zur Kenntnis, dass unser innig geliebtes, nimmermüdes Muttchen und Omchen, Justine Pudellek, geb. Kasper, am 09.10.1945, im 83. Lebensjahr, plötzlich in die ewige Heimat abberufen wurde. In liebevollem Gedenken für ihre Kinder und Enkelkinder: Charlotte Luise Zeeb, geb. Pudellek. Friedrich Zeeb, Gr. Glumenau, Kreis Samland, jetzt: Walsrode, Hannover, Ludwig-Harms-Straße 4

Seite 12 Suchanzeigen
Gesucht wird, Eugen Pelrick aus Peterswalde bei Gr. Friedrichsdorf und seine Angehörigen. Nachricht erb.: Gustav Gawehn, Oberdollendorf (Rhein)

Gesucht wird der ehem. Sturmhauptführer Brinkmann aus Liedemelten zwecks wichtiger Zeugen-Vernehmung. Nachricht erb.: Gustav Gawehn, Oberdollendorf (Rhein).

Suche Bauingenieur Dr. Ing. Jäger, schlank, 1,90 m groß, verschollen seit Januar 1945, zuletzt Bunkerbau in Pegse, Fischhausen, Königsberg. Zuschriften erb.: Archit. Hans Manteuffel, Hamburg-Othmarschen, Böcklinstraße 2.

Es werden gesucht: Hugo Lemke, Schuhmacher und Frau Ottilie, geb. Kempa, von Tochter Margarete Rakowski, geb. Kempa und Tochter Sabinchen, früher Königsberg Pr. 5, Blücherstraße 14, jetzt Lübeck, Böttcherstraße 19 a

Gesucht wird Frau Koblun aus Heinrichswalde. Zuschriften erbittet: Gustav Gawehn, Oberdollendorf, Rhein.

Wer weiß etwas über den Verbleib von Polizeimeister Friedrich Bombien (Fritz) aus Könisberg Pr. 9, Zietenstraße 9, geb. am 29.07.1893 in Littausdorf, Kreis Fischhausen? Zuletzt bei der Polizeiunterk. Königsberg., General-Litzmann-Straße, bis zur Übergabe und soll dann in ein Gefangenenlager in Ostpreußen gebracht worden sein. Nachricht erb.: Frau Erika Pahlke, geb. Bombien (24b) Pinneberg, Schillerstraße 18

Wer weiß etwas über den Verbleib meiner Eltern Max Jakowski und Marie, geb. Opitz, Sensburg, Ostpreußen, Herm.-Görin-Straße 1? Letzte Nachricht Februar 1945, Pillau. Nachrichten erb.: Karl-Heinz Jakowski (16) Griesheim bei Darmstadt, Sandgasse 8

Walter Marquardt, Königsberg, Prinzenstraße 18. Wer kann Auskunft über ihn geben? April 1945 im Lager Rotenstein in Königsberg. Dort von GPU verhaftet. Nachricht bitte an: Werner Marquardt, Ludwigsburg, Saarstraße 8

Gesucht wird Anni Krieger bzw. Familie aus Ragitten, Kreis Braunsberg, von Gertrud Netza, Sulingen, Hannover, Nordsulingenstraße 6

Wer kann Auskunft geben über den Verbleib von Hertha Neumann, geb. Wiechert, geb. 16.11.1937, Elbing, Ferdinand-Schulz-Straße 15, Schichau-Siedlung. Auskunft erbittet: Frieda Müller, verw. Streich, geb. Wiechert, Hohenwestedt, Itzehoer Straße 8

Wer kann Auskunft geben über: Gewerbeoberlehrer Max Küssner, geb. 25.12.1885, und seine Familie, Königsberg, Dürerstraße 51, und Lehrer Willy Schoenwald, Draulitten, Kreis Pr.-Holland, geb. 12.06.1891? Nachricht erb.: Lehrer Paul Küssner, (16) Frankershausen, Post Bad Sooden-Allendorf

Gesucht wird: Lagerf. Ernst Mattern, zuletzt beschäftigt im Sozialgewerk Osterode. Bitte um kleinesten Anhaltspunkt. Frau Herta Mattern, (14a) Ludwigsburg (Württ.), Im Lerchenholz 35.

Wer kann mir Auskunft geben über das Schicksal meines Mannes Martin Sager, Battan bei Neukuhren, geb. 08.04.1909? Habe ihn noch am 01.04.1945 gesehen. Ingrid Sager, (24a) Melchow bei Ratzeburg.

Wer kann Auskunft geben über den Verbleib der Familie Markoff aus Allenstein, Gartenstraße 15? Nachricht erb.: Annelie Anders, (24b) Levshöh, Post Schörderup, über Kappeln/Schlei.

Angehörie des Stabsintend. Lobimierski, im Zivilberuf Obersteuerinspektor beim Oberfinanzamt Nord-Königsberg, werden gebeten, sich zu wenden an: Walter Strauhs, (20a) Meine, Kreis Gifhorn.

Wer weiß etwas über den Verbleib meines Sohnes Klaus Suhrau aus Mahnsfeld, Kreis Samland? Bis Januar 1945 bei der Panzerjäger Ersatz- und Ausbildungsabteilung 1, Allenstein. Letzte Nachricht Februar 1945 von Feldpostnummer 39 136 B. Wer war bei dieser Einheit? Nachricht erb.: Walter Suhrau, (13b) Markt, Schwaben Nr. 15, über München

Suche Angehörige der Standortlohnstelle Braunsberg und Zinten. Herrmann Bahrke, Delve bei Heide/Holstein.

Wer kann Auskunft geben über den Angerapper Volkssturm Batl. III? Gesucht wird Finanzamtsang. Martin Plewe, geb. 12.04.1901, aus Angerapp, Markt 20. Nachricht erb.: Dorothea Plewe, geb. Erdtmann (16) Zwingenberg, Kreis Bergstorf, Obertor 4

Wer kann Auskunft geben über meine Frau Hedwig Conrad, geb. Salewski, geb. 01.02.1910 Tapiau, mit Kindern Peter, geb. 25.03.1941 und Hans-Ulrich, geb. 21.08.1944? Letzter Wohnort: Fuchsberg bei Goldschmiede, Kreis Samland. Emil Conrad, (24) Schwelbeck, Post Göhe, Kreis Oldenburg, Holstein.

Gesucht werden die Angehörigen des SS-Oberscharführ. und Schirrmeisters Walter Machein d. 8. SS-Kav.-Div., Feldpostnummer 17 771. Machein stammte aus der Umgebung Königsber oder Insterburg und war 32 – 35 Jahre. Nachricht an: Rehle (13a) Buchloe, Eschenlohstraße.

Wer weiß etwas über den Verbleib:
1. meines Mannes Otto Schmidt aus Krönau bei Grünhagen, Kreis Pr.-Holland. Wurde am 14.02.1945 von seinem Hof geholt und in Sammellager Mohrungen gebracht. Seidem fehlt jedes Lebenszeichen.
2. meiner Tochter Christel. Soll auf der Flucht bis zu Bürgermeister Dieball oder Frau Miehlke, Sarbske, Kreis Lauenburg (Pommern), gekommen sein und ist seit Einmarsch der Russen verschollen
3. meiner Schwester Erna Gehrmann aus Sommerfeld, Kreis Pr.-Holland. Ist im Kreis Pr.-Eylau im April 1945 noch gesehen worden.
Nachricht erb.: Frau Frieda Schmidt, Jastorf Nr. 27, Kreis Uelzen.

Welcher ehemalige Kamerad kann Auskunft geben über Grenad. Max Buttgereit, Feldpostnummer 10 438? Nachricht erb.: Walter Buttgereit (20a) Müden (Aller) 13, Kreis Gifhorn

Wer kann Auskunft geben über den Verbleib meines Ehemannes Waldemar Hupka, Rechtsanwalt und Notar in Guttstadt (Leutn. d. R. Inf.)? Sollte am 01.04.1945 in Swinemünde eingeschifft werden. Seither fehlt jede Nachricht, vermutlich eingesetzt in Ostpreußen oder auf Hela. Nachricht erb. Frau Maria Hupka, Winsen (Aller).

Wer kann Auskunft geben über meinen Mann, den Bauningenieur und Maurermeister Eduard Kuhnke, Königsberg, Arnoldstraße 5? War bis 05.03.1945 mit ihm Cranzer Allee 186 zusammen. Eva Kuhnke, Balkum über Bramsche, Bezirk Osnabrück

Wer kann Auskunft geben über meine Eltern: Heinrich Neumann, eb. 28.03.1868 und Wilhelmine Neumann, eb. 01.12.1878, wohnhaft Königsberg Pr., Hans-Sagan Straße 68? Letzte Nachricht 30.03.1945. Mitteilungen über Leben und Tod erb.: Kurt Neumann (14a) Konrwestheim, Walter-Rathenau-Straße 16

Suche
1. Emma Schönfeld, geb. Fröse, mit Sohn Klaus-Dieter aus Königsberg, Gneisenaustraße 21
2. Hans Packheiser, geb. 21.04.1909. Gertrud Packheiser, geb. Mohr, geb. 01.11.1909, aus Königsberg-Juditten, Juditter Allee 57
3. Karl Hölger, Therese Hölger, geb. Hasenpusch, aus Königsberg, Nicolowiusstraße 10
Minna Romahn, geb. Packheiser (13a) Wolfsbuch 40, Post Pondorf, Kreis Riedenburg (Obpf.)

Gesucht wird Reichsb.-Ob.-Sekr. Paul Redelins, zuletzt in Königsberg am 07.04.1945 gesehen worden. Wer war nachdem noch mit meinem Mann zusammen? Nachricht erb.: Frau Paula Redelins, (20a) Eilte 49 über Schwarmstedt

Suche meinen Mann, Oberefr. Gustav Scharnefski, geb. 02.02.1911 in Pilzen, Kreis Pr.-Eylau, verm. Seit August 1944 in Bessarabien. Feldpostnummer 36 925. Welcher Kamerad weiß etwas über ihn? Nachricht erb.: Frau Else Scharnefski, geb. Jahns, Nesselbrunn 9, Kreis Marburg (Lahn).

Folge 04 vom 15.03.1949

Seite 3 Du warst der Deutschen blühendes Tochterland
Polenfürst rief einst den Ritterorden in das Land. Die Kühnsten aus dem Westen brachten Frieden und Kultur
Ostpreußen! Durch viele Jahrhunderte treuschützender Wall gegen Osten, seit vor 700 Jahren ein Polenfürst den Deutschen Ritterorden zur Hilfe rief gegen die Einfälle der pruzzischen Nachbarn, in 50 Jahre langem, blutigen Ringen mit diesen und dann in mühereicher, zäher Kulturarbeit in Boden und Menschen dem Christentum und für Deutschland gewonnen, du warst der Deutschen spätgeborenes, blühendes Tochterland und hattest dich in harter, gewissenhafter Arbeit zur mütterlichen Spenderin entwickelt, gabst aus deiner Fruchtfülle reichlich den älteren Geschwisterlanden im deutschen Westen. Der ernste, ringende Fleiß deiner Besten, deiner Weisen, Forscher, Künstler, Gelehrten und Dichter mehrte Deutschlands Ruhm und befruchtete edle Geister in aller Welt. Zum Schutz deiner Grenzen, deiner freidlichen Arbeit warst du immer tapfer auf dem Posten, hast dafür geopfert und geblutet, Stürme, die über Deutschland hinwegbrausen wollten, aufgefangen und abgewehrt, hast nur pflichtgetreu dienen und arbeiten wollen.

Nun du, von der Kriegsfurie überrannt und zutiefst verwundet, deine Kinder musstest flüchten und vertreiben lassen, trauernd magst du jetzt gen Westen ausschau’n, fragend, ob und wie man dir dein Geben, Opfern und Wachestehen jetzt an den unglücklichen Deinen vergilt! Ach, die Antwort wird oft genug eine Klage und Anklage sein und dein Mutterherz noch tiefer verwunden.

Sind wir nicht Eure blutsverwandten Geschwister, Ihr Deutschen hier im Westen unseres Vaterlandes? Späte Enkel Eurer Vorväter und Mütter, die vor Zeiten gen Osten zogen in das jungfräuliche Ostpreußenland? Es sind sicher viele Eurer Besten, Tüchtigsten und Kühnsten dabei gewesen, die den weiten Zug und die harte Kulturarbeit gewagt. Seht in uns die Büßenden, die mit dem bittersten Menschanleide, dem Unstetsein bei völliger Beraubung und Entwurzelung für alle büßen und tragen müssen, bis die Stunde der Gnade schlägt. Von Gott selbst bestimmt und eingeläutet, nachdem wir, und dies sei unsere heutige Aufgabe, uns auch in der Fremde bewährt haben und treuer, sauberer Arbeit. Mit Tüchtigkeit, Anstand und guter Sitte vor Gott und den Menschen unseren Rechtsanspruch auf den erarbeiteten Heimatboden betont und überzeugend vertreten haben. Und mit der unauslöschlichen Liebe zum schönen Ostlande! Nicht nur unserem eigenen Vaterlande zum Segen, sondern allen, die von nun an in friedwilliger Vernunft, Menschenrecht achtend und selbst geachtet, mit uns, um uns diese Erde bewohnen. Walter Scheffler

Seite 3 im Hoffen auf den geistigen Sieg unserer Heimat!
Eine Leserzuschrift für viele. Von Glauben und Hoffen, Stolz und Treue
Der Schriftleitung von, Wir Ostpreußen, sind in den Wochen seit Erscheinen der ersten Folge Tag für Tag viele hundert anerkennender, oft begeisteter Briefe zugegangen, sowohl von Geistesschaffenden, Akademikern und Verwaltungsbeamten wie von einfachen Bauern, Fischern und Jungen und Mädeln. Ein Strom der Freude und Dankbarkeit fließt uns entgegen und verleiht uns neue Kräfte, unsere Aufgaben zu erfüllen und zu erweitern. Wir würden sehr gern zahlreiche Briefauszügen Raum geben, aber der vorerst beschränkte Umfang unseres Mitteilungsblattes gestattet es noch nicht. So lassen wir heute nur eine Stimme sprechen, weil sie an Gedankentiefe und Sprache etwas Besonderes darstellt und die Empfindungen und Worte vieler anderer zusammenfasst.

Mit unbeschreiblichen Gefühlen las ich heute die erste Ostpreußen-Zeitung nach Kriegsende. Schlagartig hatte ich gefunden, was ich, mir selber nicht bewusst, schon lange vermisste. Da schreiben Menschen wie ich, die sich unsagbar nach der verlorenen Heimat sehnen, da hoffen Menschen wie ich auf eine einstige Rückkehr und glauben an eine für diese Rückkehr eintretende Gemeinschaft der Heimatvertriebenen. Wie warm mich in diesem Blatt jedes Wort anspricht. Wir sind Deutsche, Ostpreußen, mit der Scholle selbst in der Ferne unlösbar verbunden. Wir glauben auch heute an das Gute im Menschen, und, ganz leise für uns sei es gesagt: Wir sind stolz darauf, unter den Deutschen die Ostpreußen zu sein! Wir sind gewiss nicht besser als die anderen, aber wir haben für uns die Überzeugung, unverfälscht deutsch in unserem Denken und Handeln zu sein. Unermüdlich streben, darben und schaffen, dulden und glauben wir. Denn Glauben ist mehr als Hoffen, und, so möchte ich sagen, jeder Ostpreuße hat das gewisse Gefühl, gleich, wie sich letztlich alles gestalten mag, dass er eines Tages in die Heimat zurückkehrt. Auf keinen Fall jedoch darf unser aller Schicksal auf der bisherigen Ebene stehen bleiben, und dass es anders wird, dazu ist nun ein weithin sichtbarer Schritt zur Tat unternommen worden.

Ich könnte einen langen Bericht über meine Flucht aus Königsberg, über meinen Leidensweg durch Deutschland und meine immerwachen schweren Sorgen um fast alle meine Angehörigen schreiben, aber ich erachte dies für Dinge, die zu alltäglich sind, und habe jetzt nur den einen Wunsch, dass wir Elend und Erniedrigung, das hinter uns Liegende überwinden mögen, um wieder zu einem Anfang zu kommen, den wir alle brauchen und der nur in gemeinsamen Denken und Schaffen zu verwirklichen ist. Und das ist der Grund, warum ich Ihnen schreibe. Ich möchte Sie bestärken! Der echte, deutsche Kern unseres Ostpreußentums geht nicht unter, und vielleicht mussten wir dies alles erleiden, um zu Höherem zu gelangen. In diesem Sinne wollen wir uns weiterhin bemühen, unser Schicksal zu meistern und nimmermüde für eine Rückkehr in den Osten zu arbeiten versuchen, in unwandelbarer Treue und im stolzen Hoffen auf den friedfertigen, geistigen Sieg unserer Heimat. In ostpreußischer Verbundenheit, Hildegard Jessat

Seite 4 Und wieder sehen wir die Heimat: Trotz allem sind wir deutsch geblieben.
Gewalttaten sollen Unterschriften erzwingen. Protestschreiben aus Südostpreußen an die britische Behörde in Warschau.
Aus verschiedenen Orten im polnisch besetzten Südostpreußen erreichen uns übereinsteimmende Berichte, wonach unsere dort noch verbliebenen Landsleute schäftstem Druck der polnischen Behörden ausgesetzt sind, die deutsche Volkszugehörigkeit aufzugeben. Alle Briefe sprechen von Misshandlungen und Gewalttaten, von Bedrohungen und Einsperrungen. In einem Brief aus Masuren heißt es:
Seit 14 Tagen ist für uns Deutsche hier eine Hungerblockade angesetzt worden. Wir dürfen nirgens hingehen, für die Deutschen darf in den Geschäften nichts verkauft werden, auch kein Brot. Das Schlimmste ist, dass eine Horde auf die Deutschen losgelassen ist zur Erpressung von Unterschriften. Es wurden mehrere Versammlungen in den Dörfern abgehalten und dabei gesagt, dass jeder werde unterschreiben müssen. Nun haben sie einzelne mit nach Sensburg genommen. Die müssen dort im Keller sitzen, und jeden Tag werden sie geschlagen, bis sie unterschreiben. Mit Paul mussten zusammen mit Sakofski, Jekusch und Lablo. Jekusch und Lablo haben unterschrieben, sie kamen blaugeschlagen zurück. Es ist, als wenn die Hölle hier los ist. Wir sind schon ganz verzweifelt. Von Selbongen nehmen sie zuerst die Jugend ran, die mussten alle unterschreiben.

Es wird dann berichtet, wie zwei Männer zurückkehren, die mehrfach am Tage schwer misshandelt wurden. Man schlug ihren Kopf an die Wand, bearbeitet das nackte Gesäß mit Gummischläuchen und ebenso die Fußsohlen. Bei primitivster Verpflegung mussten sie Tag und Nacht in einem Eiskeller sitzen. Ohne Unterschrift wurde niemand aus dieser Folger entlassen, selbst Greise nicht, an denen man sich ähnlicher Weise verging. Abschließen schreibt diese deutsche Frau:
Heute, den 17.02.1949, wurde auf der Versammlung gesagt, jeder Deutsche von 14 Jahren an soll nach Baranowen zur Unterschrift. Vom Dorf soll heute aber keiner gegangen sein. Nun müssen wir warten, was weiter mit uns geschieht.
Aus dem Dorfe Stauchwitz im Kreis Ortelsburg schreibt eine deutsche Bäuerin, dass auch junge Mädchen in fruchtbater Weise gequält wurden, um ihre Unterschrift zu erzwingen. Man verrenkte ihnen die Glieder, würgte sie und führte sie dann zur Unterschrift. Am bezeichnendsten für die gegenwärtigen Verhältnisse in dem polnisch verwalteten Südostpreußen ist ein Protestschreiben, das Deutsche aus Wappendorf an die britische Mission in Warschau gerichtet haben und das wir nachstehend im Wortlaut wiedergeben:

Bitte und Protest der Deutschen im polnisch besetzten Gebiet!
Wir deutschen Endunterzeichneten, in unserer Not und Bedrängnis, der Verzweiflung nahe, wenden uns an die britische Behörde um Hilfe:
Am 2. Februar 1949 erschien der polnische Bürgermeister in unseren Wohnungen und verlangte die Steuern für das Jahr 1949. Da wir dieselben nicht sofort bezahlen konnten, erklärte er sich bereit, sie zu stunden und legte uns Formulare zur Unterschrift vor. Diese waren zugedeckt, nur die Stelle für die Unterschrift war frei.
Bei verschiedenen, die keine Steuern zu zahlen hatten, versprach er Beihilfen und verlangte auch die Unterschrift. Bei einer Frau, die fast erblindet ist und nicht mehr selbständig gehen kann, führte er selbst die Hand bei der Unterschrift.
Nach zwei Stunden wurde uns bekannt, dass es Formulare für die polnische Staatsangehörigkeit waren und wir durch Vorspielung falscher Tatsachen, durch Lüge und Hinterlist zur Unterschrift gepresst wurden.
Sofort sind wir zum Bürgermeister und Amtsvorsteher gegangen, um unsere Unterschrift zurückzuziehen, wurden aber nur höhnisch lächelnd abgewiesen. Dann wurde uns mit Zwangsarbeit gedroht, falls wir irgendwelche Schritte dagegen unternehmen sollten.
Wir waren Deutsche, sind und bleiben Deutsche bis zum Tode! Wir protestieren gegen Gewalt und Willkür! Wir haben jahrelang Schikanen ertragen und geduldet und sind unserm Deutschtum trotz allem treu geblieben!
Obgleich sich viele von uns bemühten und Anträge zwecks Ausreise nach Deutschland an die ponischen Behörden gestellt haben, wurden diese nicht berücksichtigt. Unsere Familien sind zerrissen, alte, hilflose Leute von ihren Angehörigen getrennt, die ihnen Stütze sein sollten, und dem Elend preisgegeben.
Wir bitten die englischen Behörden, unserem Elend ein Ende zu bereiten und uns zu befreifen. Wenn unser Deutschland auch noch so klein ist, so wollen wir in unser Vaterland.
(gez.) Charlotte Jendreyczik. Johann Kattanek und Frau. Familie Behrendt. Frau Charlotte Lenski. Gottlieb Baschek und Frau. Anna Gollan. Martha Denda. Frau Wagner. Frau Minna Czimczik. Frau Schön. Julius Knizia und Frau. Frau Dittrich. Frau Anna Wielk. Johann Brosda.

Seite 8 Familienanzeigen
Am 06.05.1948 wurde unser Stammhalter, Hans-Joachim, geboren. Gerhard Grammelt und Frau Ursula, geb. Müller. Taubenhof/Friedrichsberg, Kreis Osterode, jetzt: Volpriehausen, Kreis Northeim, Hannover

Nach jahrelanger Ungewissheit erhielten wir die Nachricht, dass mein lieber Mann und unser guter, sorgsamer Vater, Friedrich Schikorr, im Mai 1945 in Königsberg Pr. gestorben ist. In tiefem Schmerz: Martha Schikorr, geb. Wernicke. Irma Schikorr. Marta Mey, geb. Schikorr. Fritz Mey, als Schwiegersohn. Königsberg Pr., Krausallee 42 (20a) Ovelgönne, Kreis Celle

Nach kurzer, schwerer Krankheit, ist heute unser lieber Vater, Schwiegervater, Großvater, Bruder, Schwager und Onkel, Sanitätsrat Dr. med. Joh. Friedr. v. Petzinger, früher homöopath. Arzt in Königsberg Pr., im 84. Lebensjahr, fern seiner ostpreußischen Heimat, für immer von uns gegangen. In tiefer Trauer, im Namen aller Hinterbliebenen: Dr. med. Karl von Petzinger.

Seite 8 Suchanzeigen
Horst und Elli Augat aus Königsberg, Holländerbaum 10, werden gesucht

Paul Schucany aus Giewerlauken (Hirschflur), Kreis Ragnit, und Familie, und Rudolf Schucany, Beamter beim Wasserschutz Absintkeim bei Königsberg und Familie, werden von ihrer Schwester Frau Irene Schmidt, geb. Schucany in Südwestafrika gesucht. Zuschriften erbittet: Frau Susanne Albrecht, (20a) Fallingbostel, Kreis-Flüchtlingsamt.

Juliana Lepkojis und Ewald Petrick, 76 und 37 Jahre alt, aus Elchwerder, Kreis Labiau und Königsberg, Tannenallee 14, werden gesucht von Tochter und Schwägerin. Ewald Petrick, zuletzt Feldpostnr. 42 460 C und bei der Verteidigung von Königsberg eingesetzt. Nachricht erb.: Frau Anna Mai, (20a) Jeinsen 4 über Elze (Hannover).

Justizoberinsp. Helmuth Bewersdorf, aus Lötzen. März 1945 beim Volkssturm (leider wurde der Rest nicht kopiert. Hier endet die Seite).