Originally published at: Waldheimer „Prozesse": Zum Tode verurteilt und hingerichtet • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)
In den Waldheimer Prozessen vom April bis Juni 1950 im Zuchthaus in der mittelsächsischen Kleinstadt Waldheim in der DDR wurden 25 Angeklagte der zum Tode verurteilt und bis auf einige wenige am 4. November 1950 hingerichtet. Die sowjetische Militärverwaltung hatte 3.443 Personen wegen Kriegs- und nationalsozialistischen Verbrechen an die DDR-Behörden zur Aburteilung durch extra eingerichtete Strafkammern überstellt.
Die meisten (1.901 Personen) wurden zu Freiheitsstrafen von 15 bis 25 Jahren verurteilt, 146 zu lebenslänglich. Über 100 Personen waren nicht verhandlungsfähig oder während der Prozesse verstorben. In 1.327 Fällen wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt. Viele der Angeklagten waren tatsächlich schwer belastet. Aber die Waldheimer Prozesse hatten eine zweifelhafte Rechtsgrundlage und es gab weltweit zahlreiche Proteste wegen der mangelnden Rechtsstaatlichkeit. Oft dauerten die Prozesse ohne Rechtsbestand nur wenige Minuten. 60 Personen waren Jugendliche, darunter der im Alter von vierzehn Jahren verhaftete Walter Jurisch (1931–2010). Nur für zehn eindeutig schwerbelastete Angeklagte wurden öffentliche Schauprozesse abgehalten. Sie wurden alle zum Tode verurteilt.
Zum Tode verurteilt
Insgesamt wurden fast alle der gefällten Todesurteilen vollstreckt. Einige wurden begnadigt, zwei weitere starben vor der Vollstreckung. In den verschiedenen Quellen werden unterschiedliche Angaben zu den Zahlen gemacht. Bernd Withöft hat in seiner Dissertation „Die Todesurteile der Waldheimer Prozesse” (Wien 2008) die vorhandenen Akten untersucht. Auf der privaten Webseite waldheim-sachsen.de vom Matthias Löwe sind die Namen und Daten von 24 der am 4. November 1950 in Waldheim hingerichteten Richter Staatsanwälte, Denunzianten, Funktionsträger, Gefängnis- und KZ-Aufseher mit z.T. weitergehenden Angaben aufgeführt, während bei Withöft die beiden letztgenannten Personen nicht aufgeführt werden.
- Paul Coijanivic * 29.06.1908 in Untersuhl, Klempner, 1933 NSDAP- und SA, Informant der Gestapo
- Friedrich Duda * 30.07.1896 in Wiessweinen, Polizeibeamter, Leutnant der Polizei in Warschau
- Friedrich Beyerlein * 04.11.1899 in Dresden-Laubegast, Kriminalsekretär, Gestapo-Mitglied, KZ Hohnstein
- Karl Erhard Geppert * 08.01.1894 in Kreuzberg, Fleischermeister, 1938 NSDAP
- Dr. Hermann Erhard Hahn * 13. 05. 1882 Kaiserslautern, Jurist, Generalstaatsanwalt, 1933 NSDAP
- Friedrich Heinicke * 07.06.1892 in Chemnitz, Kaufmann, Major, Kommandant im Wehrmachtsgefängnis Torgau-Brückenkopf
- Ernst Karl Johann Heinicker * 17.11.1906 in Leipzig, 1931 NSDAP und SA, 1934 stellvertretender Lagerkommandant KZ Hohnstein
- Kurt Johann Hentschel * 05.09.1891 in Neustadt/Pirna, Fleischer und Viehhändler, 1933 NSDAP, 1939 Gendarmeriemeister im Kreis Pirna
- Dr. Alfred Robert Herzog * 15.03.1892 in Leipzig, Amtsrichter in Pirna, 1938 NSDAP
- Ernst Kendzia * 02.04.1894 in Danzig, Kaufmann, 1933 NSDAP und SS, 1939 stellvertr. Oberregierungsrat „Gaukommissariat für die Einwanderung“, 1941 Vernichtung von Juden
- Wilhelm Klitzke * 20.03.1899 in Jüterbog, Staatsanwalt, 1933 NSDAP, 1940 Sachbearbieter am Volksgerichtshof
- Heinrich Koplowitz * 26.06.1885 in Oppeln, Kaufmann, 1941 Direktor einer jüdischen Krankenanstalt, Ordnungsdienst im Judensammellager Berlin Hamburgerstraße
- Arthur May * 15.06.1918 in Chemnitz, Informant der Gestapo
- Paul Müller * 27.05.1892 in Delitzsch, Polizeimeister
- Hellmut Friedhelm Peitsch * 18.11.1906 in Oberzetzscha, Kaufmann, 1925 NSDAP und SA, Reichstagsabgeordneter, 1934 Gauamtsleiter und Gauobmann der DAF und Leiter der Arbeitskammer
- Erich Willi Pietsch * 30.01.1905 in Hartha/ Dresden, 1929 NSDAP und SA, 1937 NSDAP-Kreisleiter in Zittau, 1942 Sonderführer in Borisovo
- Dr. Horst Rechenbach * 01.10.1912 in Mühlhausen, Oberfeldrichter, 1933 NSDAP und SA
- Wilhelm Karl Hans Rudolf Niejahr * 04.08.1889 in Stralsund, 1933 NSDAP, 1936 Oberlandesgerichtsrat beim OLG Stettin, 1942 Vorsitzender einer Kammer des Sondergerichts Stettin
- Dr. Heinz Martin Rosenmüller * 15.09.1903 in Dresden, 1933 NSDAP, 1942 Staatsanwalt und Sitzungsvertreter beim Sondergericht in Dresden
- Dr. Walter Karl Schmidt * 10.03.1885 in Crimmitzschau, Rechtsanwalt in Werdau
- Kuno Schneider * 29.09.1896.Zella-Melhlis, 1933 NSDAP, Leiter der Kartenstelle Zella-Mehlis
- Karl Steinberg * 27.10.1897 in Atzendorf, 1940 NSDAP, 1941 SS-Sturmmann, 1943 SS-Unterscharführer, Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau
- Helmut Uhlig * 07.01.1921 in Aue, Rohrleger, 1941 Waffen-SS, 1941/1942 Außenkommando Sachsenhausen und Buchenwald
- Dr. Gerhard Hans Kurt Julius Wischer * 01.02.1903 in Berlin-Wilmersdorf, Psychiater, 1933 SA, 1937 NSDAP, 1938 Direktor der Heil- und Pflegeanstalt Waldheim
Die hier genannten Personen waren nicht die einzigen NS-Täter, die in der DDR verurteilt wurden. Zuvor waren bereits in 18 weiteren Prozessen drastische Strafen verhängt worden. Auch im Dresdener Sonnenstein-Prozess wurden bereits 1947 Todesurteile gesprochen. Mit den Waldheimer Prozessen sollte in der DDR ein Schlussstrich unter das Kapitel NS-Verbrechen und Entnazifizierung gesetzt werden. Eine Einordnung und Bewertung der Aufarbeitung von NS-Verbrechen in der DDR hat Falco Werkentin im Lexikon der Politischen Strafprozesse vorgenommen. Auch wenn die Urteile später als unrechtmäßig gesprochen aufgehoben wurden, heißt das nicht, dass die Getöteten unschuldig waren. Eine Plakette erinnert an die Waldheimer Prozesse, einen Gedenkstein für die Opfer der Tötungen in der Krankenanstalt in Waldheim findet man nicht.
Die Verurteilten hatten Familie und Angehörige – wie oft kommt es heute vor, dass man in der eigenen Familien- und Ahnenforschung auf die Belastungen Großeltern/Eltern aus der NS-Zeit stößt? Es wird Zeit, dies zu untersuchen und aufzuarbeiten.