Von Balmbrehtesriet bis Waldunsriet/Wallmusried

Liebe Mitforscherinnen und Mitforscher,

ich beschäftige mich seit ein paar Wochen mit dem Weiler „Wallmusried“ bei Kißlegg. Die erste gesicherte Erwähnung, laut leobw, ist das Jahr 1255 als Waldunsriet. Es gibt allerdings eine Urkunde von 1153, in der, laut Württembergischen Urkundenbuch, möglicherweise Wallmusried genannt ist. Es handelt sich um eine Urkunde, in der „Kaiser Friedrich (I.) […] dem Kloster Weingarten zahlreiche von seinen Vorfahren bewilligte Begünstigungen nebst genannten Besitzungen.“ bestätigt. Dort findet sich ein Ort namens „Balmbrehtesriet“, der „vermutlich Wallmusried“ ist.

Kann mir jemand erläutern, wie man von Balmbrehtesriet auf Waldunsriet/Wallmusried kommt?

Hier findet ihr den Eintrag im Urkundenbuch: https://www.wubonline.de/?wub=559&rebuild=true

Viele Grüße
Hagen (Seifert-Marianek)

Sehr geehrter Herr Seifert-Marianek,

Zum ersten Buchstaben kann ich bestätigen, dass sprachwissenschaftlich ein B und ein W gegeneinander austauschbar ist. Im Bayerischen ist die ArBeit die ArWat.

Alles andere zu einem (möglichen) Wechsel von -breht(e)s- zu -mus- ist von meiner Seite rein spekulativ und kann sicher einer linguistischen Überprüfung nicht Stand halten.
Mir ist bekannt, dass sprachwissenschaftlich ein B und auch ein M austauschbar sein können: Biarritz in Südfrankreich heißt auf Baskisch Miarrize.
Das -s- ist ja in beiden Ortsnamensformen vorhanden, bleibt das -reht- zu -u-. Da habe ich keinerlei Erklärung, wie das sprachwissenschaftlich sich entwickelt haben könnte. Die spekulative Idee, die ich dazu habe, ist, dass der Name von 1153 einfach falsch aufgeschrieben wurde. Aber wer weiß das schon und wer will das entscheiden.

Allzeit viel Forschererfolg wünscht nebst einem schönen Abend

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Peren

Ach noch was: nachweislich wurden sehr viele Urkunden in der frühen Neuzeit gefälscht und rückdatiert um eigene Besitzansprüche damit zu untermauern.

Es wäre die Frage an einen Schriftexperten, ob evtl. Die Urkunde von angeblich 1153 nicht gefälscht sein könnte. Aber es steht mir nicht zu weder eine Überprüfung anzuleiern, noch zu behaupten, sie sei gefälscht.

Hallo Hagen,

kann man nur bekräftigen, was Alexander Peren sagt.

Mir ist es wie Schuppen von den Augen gefallen, als ich mal in einem alten Buch im Register zusammengefasst fand: A/E, B/W, C/K/Z, P/B, U/V usw.

Wenn die alten Flur-, Gewann- und Ortsnamen die Friedhöfe unserer Sprache seien, kann man sich auch vorstellen, dass da über zig Generationen viel verschliffen wurde.

Wir kürzen ja immer gerne ab. Wege, Kurven, Worte, Namen …

Und ich möchte wetten, dass kaum jemand im Allgäu wortgetreu Walmusried sagt, sondern eher Wolmesried.

Sollte der Klimawandel künftig Walnussbäume möglich machen, wird irgendein Zugezogener einst schreiben: Walnussried.

Hochverdächtig in Sachen Umschreibung sind die Landvermesser/Geometer, die meist weder ortsansässig noch dialektkundig waren, und einfach gedacht haben, was sie da hören, könne nicht stimmen, und das dann „richtiggestellt“ haben. So wurde aus Aystette Eichstetten.

Beste Grüße

Franz (Ruetz)

Lieber Hagen,

ich beschäftige mich ja seit ca. 10 Jahren mit dem Bssiktz vom Kloster
Weingarten. Eines kann ich zumindest bestätigen: Das Kloster hatte in
Wallmusried nie irgendeinen Besitz. Es kommt weder in mittelalterlichen
oder in frühneuzeitlichen Urbaren, Zinsrodeln, noch in
Verzeichnissen/Listen zu deren Grundbesitz und weiteren Gerechtigkeiten vor.

Bei solchen aneinandergereihten Besitzlisten wie in der 1153 Urkunden
ist oft zu beobachten, dass sich die hintereinander folgenden Orte in
der unmittelbaren Nähe zueinander befinden. Das im württembergishcen
Urkundenbuch fraglich zugewiesene Wallmsuried („Balmbrehtesriet =
vermutlich Wallmusried“) steht innerhalb einer Ortsreihe von Orten, die
mitten im Landkreis Ravensburg und im Bodenseekreis liegen.

Ob die 1153 Urkunde ebenso eine Fälschung ist, wie die Urkunde aus 1008
(die sogenannten weingartener Stiftungsurkunden) konnten die Verfasser
vom WUB wohl nicht abschliessend erklären (laut Erklärung im Anhang der
ediitierten Urkunde im WUB), da das Original damals nicht auffindbar
war. Mir liegt in der Zwischenzeit ein Digitalisat vom Erzbistumsarchiv
Freiburg vor. Die Echtheit kann ich aber auch nicht bestätigen oder
abschliessend feststellen.

Ich gehe davon aus, dass die Ersterwähung von Wallmusried vom Jahr 1255
die richtige ist.

Viele Grüße
Daniel