VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zum Schutz

Ursprünglich veröffentlicht unter: VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zum Schutz • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)

Liebe Vereinsmitglieder,

zur allgemeinen Kenntnis: Vor ca. 3 Wochen wurden wir (Vorstand Compgen) erstmals mit der Problematik eines Vorschlags zur „VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung)“ durch eines unserer Vereinsmitglieder bekannt gemacht.

Gleiches Schreiben ging auch an den DAGV-Vorsitzenden, Herrn Weissleder, der wiederum unser Mitglied bzw. uns bat, das Thema für die Ideenwerkstatt der DAGV am 27./28.4.2013 aufzubereiten.

Wir haben uns vorstandsintern (Compgen) mit dem Thema so gut es ging in der Kürze der Zeit vertraut gemacht. Heraus gekommen ist dabei ein Thesenpapier für die Ideenwerkstatt und, um das Thema breiter zu streuen als auf dieser Veranstaltung, eine Email nachfolgenden Inhalts an die Mailingliste der Mitgliedsvereine der DAGV. Bitte beachtet die angegebenen Links, die das sehr komplexe, schwierige Thema mehr oder weniger erhellen.

Mit freundlichen Grüßen
Marie-Luise (Carl)

Sehr geehrte DAGV-Mitgliedsvertreter, sehr geehrter Vorstand der DAGV,

am 27. März erhielten wir (CompGen) über eines unserer Vereinsmitglieder einen Hinweise auf die Pressemitteilung der Association des Archivistes Francais (AAF), Verband der französischen Archivare vom 27.2.2013:

http://www.archivistes.org/Au-nom-du-droit-a-l-oubli-quel
(Übersetzung am Schluss dieser Mail)

Gleiche Info ging auch an unseren DAGV-Vorsitzenden, Herrn Weissleder.
Herr Weissleder bat daraufhin uns als Vorstand des Vereins für Computergenealogie, das Thema für die Ideenwerkstatt etwas aufzubereiten und mit Statements (Problemstellung, konkrete Lösungsansätze bzw. Forderungen) von unserer Seite aus zu versehen.

Dieses Thema ohne Vorbereitung bzw. Einlesung seitens der Teilnehmer auf der Ideenwerkstatt zu präsentieren, halten wir allerdings für zu komplex und auch für zu wichtig, um es nur den 15 bisher durch Teilnehmer zur Ideenwerkstatt gemeldeten DAGV-Mitgliedsvereinen zur Kenntnis zu bringen. Außerdem sieht es so aus, als sei Handeln relativ rasch erforderlich.

Im Kern geht es bei dem Vorschlag einer „VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Grundverordnung)“ darum, dass gespeicherte Daten in Zukunft sofort nach dem Zweckende der Speicherung gelöscht werden müssen. Die AAF hält dem entgegen, dass es nicht das Anliegen sein sollte, die Daten so schnell wie möglich zu löschen, sondern geeignete Maßnahmen zu treffen, damit sie sicher aufbewahrt und vor Missbrauch geschützt werden.

Der AAF hat dazu eine Online-Petition eingerichtet. Sofern diese Petition von mind. 50.000 Menschen unterstützt wird, erhält die Vereinigung Rederecht beim Europäischen Parlament, um die Einsprüche vorzutragen und zu erläutern. Bisher haben über 40.000 Bürger die Petition unterzeichnet.

Zur Petition: http://goo.gl/4vpVB

Pressemitteilung dazu:
http://www.archivistes.org/Petition-EUdataP-ou-en-est-on

In den Niederlanden ruft man zur Unterstützung auf:

Der HCC ist nach eigener Aussage die größte Vereinigung von Computernutzern in Europa.

Wir schätzen das Thema im Hinblick auf die Stellungnahme des französischen Archivarsverbandes und einer ersten Durchsicht des Entwurfs als ein wichtiges Thema – auch für die DAGV – ein. Unser Vorstandsmitglied Frau Dr. Kluttig hält eine Beschäftigung des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. – mit dem Thema für
sinnvoll und denkt, dass ein zwischen VdA und DAGV abgestimmtes Vorgehen in dieser Angelegenheit sinnvoll sein könnte.

Wir werden das Thema als „Idee“ in die Ideenwerkstatt einbringen, können aber außer dem hier gesagten nicht viel mehr als einige Links zum Thema beibringen und das ungute Gefühl, dass hier etwas auf den Weg gebracht werden soll, das die Zukunft genealogischer Forschung stark behindern wird. Außerdem scheint es angeraten, möglichst rasch zu einer fundierten Einschätzung und daraus folgend dem Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu kommen.

Ich bitte den Vorstand der DAGV im Namen des Vorstands des Vereins für Computergenealogie und seiner Mitglieder darum, das Thema in Zusammenarbeit mit dem Verband deutscher Archivare und den DAGV-Mitgliedern, die aus dem Archivbereich kommen, kritisch zu
begutachten und uns alle darüber zu informieren, wie bedrohlich die Lage tatsächlich ist und welche Maßnahmen geeignet erscheinen, um eine tiefgreifende Einschränkung der Zukunft der genealogischen Forschungsmöglichkeiten zu verhindern.

Mit freundlichen Grüßen
Marie-Luise Carl
Verein für Computergenealogie

weiterführende Linksammlung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datenschutz-Grundverordnung
Zum EU-Entwurf: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/
Portal zum Internetrecht: http://www.cr-online.de/26378.htm

Pressemitteilung vom 27.2.2013
Association des Archivistes Francais (AAF)

Übersetzung:

Im Namen des Rechts auf Vergessen, was ist das Kulturerbe für das Europa von Morgen?

Um große private Web-Unternehmen (Google, Facebook…) daran zu hindern, persönliche Daten zu konservieren und zu verwenden, bereiten sich die Europäische Kommission und das Europäische Parlament vor, im
Frühjahr 2013 ein radikale Lösung zu verabschieden: eine Verordnung[1], die alle private und öffentliche Institutionen zwingt, nach Beendigung der Bearbeitung dessen, für die sie gesammelt wurden, oder nach einer kurzen Frist diese Daten zu zerstören oder zu anonymisieren.

Die Kommission will so für die Europäer ein Recht auf Vergessen, das ihnen den Respekt ihres Privatlebens zusichern würde, sicher stellen.

Diese Verordnung bezieht sich auf persönliche Daten in jeglicher Form, digitalisiert oder auf Papier. Sie ist sofort anzuwenden und betrifftsomit auch bereits existierende nationale Gesetzgebungen.

Sie sind mit dem Studium fertig? Schule oder Universität vernichten Ihre Unterlagen.

Sie haben eine Immobilie verkauft? Das Grundbuchamt wird die Spur ihres Eigentums verwischen. Sie sind nicht mehr bei ihrem Unternehmen beschäftigt? Letzteres wird die Informationen, die Sie betreffen, löschen.

Jeder muss auf seine eigene Daten achten, zählen Sie nicht mehr auf die öffentlichen Dienste oder ihren Arbeitgeber!

Wenn es auch selbstverständlich ist, dass die durch die Informatiktechnik besonders erleichterte Wiederbenutzung persönlicher Angaben hinter dem Rücken der Bürger und zu kommerziellen Zwecken mit allen Mitteln bekämpft werden muss, bedeutet die systematische Zerstörung dieser Daten oder ihre Anonymisierung um Auswüchse zu
vermeiden, im Gegenteil, das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Es ist, als ob uns Europa zu unserem Besten eine kollektive Amnesie aufdrängt, anstatt die Arbeit der Archive, die schon eine geschützte Berwahrung unseres Kulturerbes und dessen Zugänglichkeit unter Beachtung der individuellen Freiheiten sichern, zu verstärken.

Die französische Regierung bereitet sich darauf vor, in dieser Sache zu reagieren, konnte aber bisher keine große Öffentlichkeit herstellen.

Die Association des Archivistes Français, die mehr als 1600 Berufsarchivare zählt, möchte deshalb einige Tatsache hervorheben und wegen der antidemokratischen Konsequenzen einer solchen Regelung Alarm
schlagen.

·Die heutigen technologischen Mittel erlauben die Sicherung der Bewahrung und des Zugangs zu den Informationen zuverlässlicher als früher. Die „Lecks“ oder Datenverluste rühren von den Organen selbst her, die die Aufstellung eines guten Regelsystems der Information auf Kosten der Bürger versäumt haben.

·Als sichere Informationsquellen für ein verantwortungsvolles und klares Regelsystem spielen die Archive eine wesentliche Rolle in der gesellschaftlichen Entwicklung, indem sie zu Zustand und Bewahrung der individuellen und der kollektiven Erinnerung beitragen (Universelle Erklärung der Archive, 2010)[2].

·Individuelle Daten zu kulturellen oder juristischen Zwecken über die strikten Bedürfnisse, die zur ihrer Erzeugung geführt haben hinaus zu sammeln und zu bewahren, für die Bürger den Zugang zur Information zu sichern und zugleich die notwendigen Elemente deren Privatleben zu schützen ist das Privileg der Demokratien, die seit langem über strenge
Regeln bei dieser Domäne verfügen.

·Es ist irrsinnig, den gemeinnützigen Organisationen, für die das Bewahren des kulturellen Erbes bereits integraler Bestandteil ihrer Kultur ist, wie auch Strukturen des öffentlichen Dienstes dieselben strengen Regeln aufzuzwingen wie jenen Unternehmen mit kommerziellen Absichten, die die privaten Daten nur aufbewahren, um damit Geld zu
machen.

·Die Europäische Kommission scheint die Existenz von spezialisierten Dienststellen für Akten-und Datenverwaltung zu ignorieren; Dienststellen, die von Experten gebildet sind, die ein strenges Berufsethos anwenden und deren Haftung nie in Frage gestellt wurde. Archivare, Aktenverwalter, sie sind imstande die Erhebung und die Bewahrung der Informationen perfekt gesichert zu organisieren. Sie sind imstande den Zugang zu diesen Daten zu regulieren, den Rechten aller
entsprechend, unter Kontrolle der Justizbehörden.

·Europa soll nicht die Bewahrung von Daten verbieten, sondern im Gegenteil deren kontrollierten Schutz und Verbreitung sichern. Europa soll dem Bürger garantieren, dass die technische, finanzielle und menschliche Ressourcen, einschließlich der Einstellung von qualifizierten Profis, für einen angemessene Umgang mit diesen Daten, bewilligt werden

Kürzlich war die Öffentlichkeit vom Verlust der Manuskripte von Timbuktu gerührt. Gleichermaßen muss sie gegen diesen vorprogrammierten Verlust der eigenen Erinnerungen reagieren, um einer vorschnellen Antwort der europäischen Gesetzgeber auf die skandalösen Absichten einiger Unternehmen zu begegnen.

Um eine nicht wieder gutzumachende Entscheidung zu vermeiden, fordern wir die Europäischen Kommission auf, die Annahme dieser Regelung zu verschieben, um die Debatte zu vertiefen, und rufen alle betroffenen Sparten, in Frankreich und in den anderen europäischen Länder auf, dasselbe zu fordern.