Verkauf von Lehenshöfen

Liebe Mitforscher,

im 17. und 18. Jahrhundert lese ich in oberschwäbischen Verhörprotokollen von verschiedenen Herrschaften immer wieder, dass der Nachfolger auf einem Lehenshof diesen von seinem Vorgänger (also dem Bauern) um den Betrag von einigen hundert Gulden abgekauft hat und dann vom jeweiligen Hofverleiher (z.B. Kloster Weingarten aber auch beim Kloster Heiligkreutztal so der Fall gewesen) verliehen worden ist.

War dies eine übliche Vorgehensweise oder eher die Ausnahme? Ich habe es jetzt eher selten gelesen und kam dann ins grübeln, warum ein Lehenshof vom Vorgängerbauern abgekauft werden muss und dann auch noch die Gebühren vom neuen Besitzer bezahlt werden mussten (z.B. der Ehrschatz). Waren Schulden auf dem Hof vom Vorgänger vorhanden, mussten diese vom Nachfolger ebenso übernommen werden. Da platzte auch schonmal eine Heirat, da Schulden nicht immer vollumfänglich angegeben worden waren. Bisweilen dachte ich eher, dass ein neuer Lehensbauer nur um den Hof bei der Herrschaft bitten musste.

Wie sind da Eure Erfahrungen?

Viele Grüße,
Daniel (Oswald)

Sehr geehrter Herr Oswald !

Wenn Sie die Sache komplett durchschauen wollen, müßten Sie sich mit dem Lehensrecht vertraut machen. Im späten 18. Jhdt. wurde zwischen Ober- und Untereigentum unterschieden. Der Erwerber kaufte ja eigentlich nur das Anrecht auf ein Stück Land oder einen ganzen Hof, vermutlich unter der stillschweigenden Annahme, daß er es dann vom Lehensherrn auch verliehen bekam. Der Erschatz ist nicht als Kaufpreis anzusehen, sondern als Gebühr.

Normalerweise mußte der Erwerber die auf dem Objekt lastenden Schulden übernehmen und zog deren Summe vom Kaufpreis ab. Bei Kurrentschulden (die nicht hypothekarisch abgesichert waren) war das anders, aber die wurden ja nicht mitgekauft, sondern etwa durch einen Heiratsvertrag übernommen. Ich kenne durchaus gerichtliche Vorgänge, in denen entschieden werden mußte, ob nicht angegebene Schulden auf den Nachfolger übergegangen waren. Aber ein Heiratsvertrag ist etwas anderes als ein Kauf von Grund und Boden.

Geplatzte Heiraten: wenn die Ehe einmal in der Kirche geschlossen worden war, war sie nicht mehr rückgängig zu machen und der Heiratsvertrag eigentlich auch nicht, und wenn doch, hätte man einen neuen vereinbaren müssen - vermutlich ohne irgend einen Vorteil bei einem überschuldeten Partner.

Mit freundlichen Grüßen, Friedrich R. Wollmershäuser

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