„Unsere Archive“ 68/2023 aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland

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Das neu erschienene Heft 68/2023 „Unsere Archive“ aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland enthält zum Titelthema „Notfallvorsorge“ die Beiträge zum Archivtag Rheinland-Pfalz/Saarland am 8. Mai 2023 in Neuwied. Die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal hat dafür gesorgt, dass das zuständige Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) die Entwicklung eines landesweiten Notfallplanes für den Kulturgutschutz in Rheinland-Pfalz unter Federführung der Landesstelle Bestandserhaltung (LBE) veranlasst hat.


Für Lokalhistoriker interessant sind die Beiträge unter „Neu entdeckt“ zum Schützenbuch der St. Sebastianus Bruderschaft und Schützengilde in Andernach oder zur Gründungsurkunde des Hüttenwerks in Jünkerath von 1687. Aus der jüngeren Geschichte werden Beispiele zur Wiedergutmachung verfolgter Juden in der Oberfinanzdirektion Koblenz und der Behandlung von Beamten des NS-Regimes nach § 131 des Grundgesetzes beschrieben.

Für die Familien- und Ahnenforschung interessant ist ein Archivalienfund aus der Franzosenzeit der Jahre 1795 bis 1810 u.a. mit Steuerlisten und Heberollen, Namenslisten von Begüterten und Geburtsregisterauszüge und Ehebekanntmachungen aus Roxheim, Mörsch und Studernheim. Die Akten gingen vom Stadtarchiv Ludwigshafen in das Stadtarchiv Frankenthal.

Begrenzter Zugang zu NS-Akten der Gesundheitsämter

In der Rubrik „Aus der Archivarbeit“ werden Quellen der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz zu Schicksalen der Zwangssterilisationen und der „Rheinlandbastarde“ behandelt. Sie stammen aus den Erbgesundheitsobergerichten Köln, Darmstadt und Zweibrücken. Die Akten wurden 1935 an die Gesundheitsämter des Wohnorts der Betroffenen verteilt. Im Landeshauptarchiv Koblenz lagern 12.750 Akten zu 5.440 Gerichtsverfahren. Zur Zugänglichkeit zu diesen Akten äußert sich Archivrat Eike Alexander von Boetticher vom Landeshauptarchiv Koblenz: Trotz Ablauf der Archivfristen für personenbezogenes Schriftgut (10 Jahre nach dem Tod, 100 Jahre nach der Geburt) gibt es weitere Zugangsbeschränkungen auf Grund des postmortalen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Personen und sogar schutzwürdige Belange der Angehörigen, wenn es um (vermeintliche) Erbkrankheiten oder psychischer Erkrankungen geht. Akten dürfen nicht kopiert werden, in Publikationen müssen die Personen anonymisiert werden.

Julia Tilentzidis schreibt über die Verfolgung der sogenannten „Rheinlandbastarde“ (Kinder von französischen Kolonialsoldaten und deutschen Frauen) in einem weiteren Artikel am Ende des Heftes. Darin schildert sie das Schicksal eines zwangssterilisierten Mannes, der nach dem Krieg um seine Entschädigung kämpfte.

Neues Buch von Sandrine Heiser „Allemagne et généalogie”

In den weiteren Rubriken des Heftes fiel insbesondere der Beitrag „Allemagne et généalogie. Deutschland und Genealogie“ von Sandrine Heiser ins Auge. In dem französisch und deutsch verfassten Text beschreibt die Autorin ihre Erfahrungen bei Besuchen in den saarländischen und rheinland-pfälzischen Archiven. U.a. lernte sie auch das Personenstandsarchiv Rheinland-Pfalz kennen, aus dem die ersten Namensregister-Scans im Archivverzeichnis APERTUS durchsucht werden können. Die französische Archivarin ist auch begeisterte Genealogin und Autorin der Bücher „Alsaciens et Mosellans de 1870 à 1945“ und „Allemagne et généalogie“ im Verlag Archives & Culture.

Das Digitalangebot des Saarbrücker Stadtarchivs zum jüdischen Leben mit seiner Opferdatenbank ist für die Familien- und Ahnenforschung ebenso interessant (wir berichteten hier im Blog) wie die Onlinepräsentation der Kirchenbücher des Bistumsarchiv Speyer im Archivportal Archion, das auch die Kirchenbücher der Evangelischen Kirche der Pfalz und des Landesarchiv Speyer beherbergt.

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