Unbekanntes Erbe aus Norwegen

Originally published at: Unbekanntes Erbe aus Norwegen • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)

Der Norweger Svein Olav Larsen stirbt 2012 in Norwegen und hinterlässt eine bescheidene Summe. Er hat keine bekannten Verwandten mehr in Norwegen, doch es gibt eine Verbindung nach Deutschland. Für eine Dokumentationsreihe über unbekannte Erben hat ein norwegisches Fernsehteam eine deutsche Ahnenforscherin mit der Spurensuche beauftragt.

Damit beginnt die Suche nach den Verwandten des Vaters in Deutschland, denn Svein wurde während des Krieges vom deutschen Soldat Herbert Manfred Müller aus Kirchberg in Sachsen gezeugt. Nach seiner Versetzung nach Cottbus hält er zunächst Kontakt zu der Norwegerin mit Namen Alfhild und sie schmieden Pläne für eine gemeinsame Zukunft. Aber sie konnten nie wieder zusammen kommen. Der Sohn Svein, den Alfhild zur Welt bringt, ist behindert und blind. Seine norwegischen Großeltern lehnen ihn ab, betrachten es als Schande, dass sich die Tochter mit einem deutschen Soldaten eingelassen hat. Auch die Großmutter in Deutschland darf ihn nicht aufnehmen. Deutsche Behörden verhindern das – wegen der Wohnungsnot, denn sie hat bereits ihre ausgebombte Tochter mit Familie in der kleinen Wohnung aufgenommen. Alfhild muss schließlich ihr Kind in ein norwegisches Heim geben. Der Kontakt nach Deutschland bricht ab.

Norwegisches Filmteam in Kirchberg (Sachsen)

Das TV-Team auf dem Altmarkt in Kirchberg (Sachsen) (© Ole Egil Størkson, NRK TV)

Suche nach deutschen Verwandten

Das Thema der deutschen Besatzungskinder ist in Norwegen immer noch aktuell. Im Fall von Svein hat ein norwegisches Fernsehteam das Thema aufgegriffen und sich auf die Suche nach den väterlichen Verwandten in Deutschland gemacht. Der Sender beauftragt die deutsche Ahnenforscherin Claudia Stock mit der Spurensuche und den Recherchen zur Familiengeschichte von Herbert Manfred Müller. Sie findet heraus, dass er nach dem Krieg nach Kirchberg zurückgekehrt ist und einen Neuanfang startet. 1950 heiratet er Edith Rothe. Gemeinsam bekommen sie einen Sohn, Christian. Obwohl die Familie aus der DDR in den Westen geflüchtet war und dann noch mehrfach umgezogen ist, macht die Ahnenforscherin den Halbbruder von Svein Olav Larsen ausfindig. Er lebt heute in der Schweiz. Auch seine Mutter lebt noch hochbetagt. Vater Herbert starb bereits 1991.

Das Filmteam dreht in Kirchberg und macht sich von dort auf in die Schweiz und besucht Christian. Der ist überwältigt, aber auch traurig, dass er Svein nicht kennenlernen konnte. Nun will er nach Norwegen reisen und das Grab von Svein besuchen. Eine Frage lässt ihn keine Ruhe: “Warum hat mein Vater nie etwas gesagt?”

Der Film wird in einer neuen Staffel der Dokumentationsserie „Ukjent Arving“ („Unbekannter Erbe„) im norwegischen Fernsehen ausgestrahlt. In Deutschland ist die Serie leider nicht zu sehen. (Quelle: openPR)

Mehr zu Besatzungskindern

Über Besatzungskinder kann man sich in der Ausgabe 2/2015 unserer vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift COMPUTERGENEALOGIE 2/2015 informieren – auch über die Tyskerjente („Deutschenmädchen“) in Norwegen. Unsere Autorin Rieke Weykopf schrieb 2014 ihre Bachelorarbeit im Studiengang Kulturwissenschaften an der Fernuniversität Hagen: 2014, Tyskerjenter – Herkunft und Diskriminierung von norwegischen Frauen in Beziehungen mit deutschen Wehrmachtssoldaten im Zeitraum 1940 – 1946.
Das Themenheft enthält mehrere Artikel zum Thema „Besatzungskinder“. In der Linkliste zum Heft (nur für Abonennten) ist weitere Literatur zu finden.

Über die Forschung zu Besatzungskindern in den Niederlanden haben wir im vergangenen Jahr hier im CompGen-Blog berichtet.

 

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