Schweizer Flüchtlingshilfe für vertriebene Donauschwaben in Brasilien

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Während und nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren viele Donauschwaben aus Serbien, Kroatien, Ungarn und Rumänien auf der Flucht in das westliche Europa. Viele sind auch bereit für eine Auswanderung nach Amerika. Christoph Wehrl beleuchtet in einem Artikel in der NZZ vom 9. Januar 2023 die besondere Ansiedlungsgeschichte von etwa 2.500 Donauschwaben in Paraná, Brasilien. (Vielen Dank an Renate Fennes von Familia Austria für den Hinweis und die Dokumente im Schweizerischen Bundesarchiv (Suche nach „Donauschwaben“!) Mit der Besiedlung Brasiliens durch deutsche Siedler insgesamt haben uns wir hier im Blog bereits früher befasst.

Im Jahr 1949 hatten Vertreter des Internationalen Arbeiterhilfswerks und der Caritas die Möglichkeiten der Ansiedlung in Brasilien erkundet. Sie schlugen der „Schweizer Europahilfe“ (SEH) eine kollektive Ansiedlung der donauschwäbischen Flüchtlinge in Brasilien vor. Auch in Österreich gab es ähnliche Initiativen. Der führende Kopf dort war Michael Moor, geboren am 30. Mai 1904 in Indija, Syrmien in der heutigen serbischen Provinz Vojvodina. Der Diplomlandwirt und Großgrundbesitzer fuhr 1949 nach Brasilien und fand geeignetes Land in Entre Rios im Süden Brasiliens. 24.000 Hektar Weiden und Wald wurden den dortigen Großgrundbesitzern abgekauft, die hier bisher Viehwirtschaft betrieben hatten. Die SEH stellte für den Ankauf zwei Millionen Franken zur Verfügung; weitere sechs Millionen wurden als Kredit an die Genossenschaft Agrária vergeben.

Agrar-Genossenschaft für Donauschwaben in Brasilien

Die Erträge blieben zunächst aus, da trotz Traktoren und Düngemittel der Aufwand für die Umwandlung von Weide- in Ackerland unterschätzt wurde. Die in einer Genossenschaft zusammengeschlossenen Siedler waren die schlechten Böden nicht gewohnt und unzufrieden mit der Kollektivarbeit. Michael Moor leitete die Genossenschaft ziemlich autoritär, zudem wurde ihm die Annahme von Schmiergeldern beim Kauf von Maschinen aus Deutschland vorgeworfen. Die Schweizer Behörden wollten das Ansehen ihres Landes nicht schädigen; daher verzichteten sie auf die Rückzahlungen von Darlehen, jedoch wurden neue Siedlungsprojekte nicht mehr gefördert. Erst nach und nach besserten sich die Ernten, auch erhielten die Bauern ihren Grund und Boden als Eigentum übertragen. Trotzdem wanderten in den ersten 15 Jahren viele zur Arbeit in die brasilianischen Städte oder zurück nach Europa, meist nach Deutschland.

Mit einer neuen Leitung der Agrária und deutscher Entwicklungshilfe wurden Reformen und eine Expansion eingeleitet. Heute ist die Genossenschaft Produzent von zirka 250.000 Tonnen Getreide. Eine der weltgrößten Mälzereien verarbeitet die Gerste. Von den 11.000 Brasilianern in Entre Rios sind fast 3.000 deutschstämmige „Schwowe“. Sie pflegen das Brauchtum aus der „Heimat“ mit ihren Musik- und Tanzgruppen. In Entre Rios betreibt die Agrária ein großes Kulturzentrum mit einem donauschwäbischen Museum.