SCHWEIMLER (Badersleben)

Hallo Herr Schweimler,

Da der gesuchte Matthias Schweimler Kotsasse (Kossät) war kann davon ausgegangen werden,
dass er aus einem der unmittelbaren Nachbarorte stammte. Der Suchradius ist wohl kaum über
10 km hinaus auszudehnen.
Unter Berücksichtigung der gegebenen Sozialstruktur wiesen Angehörige dieser sozialen Schicht
keine großen Wanderradien auf.
Mir ist das im Gebiet des Fstm. Halberstadt geltende Erbrecht nicht geläufig (ggf. kann ein Mitleser
hierzu Auskunft geben), jedoch muss dieses im gegebenen Zusammenhang (neben den übrigen Sozialbeziehungen,
siehe dazu nachstehend) ebenso berücksichtigt werden.

Möglicherweise (bzw. sogar sehr wahrscheinlich) heiratete Schweimler in eine Kotsassenfamilie ein
oder, auch diese Möglichkeit muss in Betracht gezogen werden, er wurde, als eine Kotsassenstelle
frei wurde, vom Grundherrn aus einem anderen Ort gezielt angesetzt. Diese Konstellation, dass der
Grundherr derartige Entscheidungen traf, waren nicht selten. Um es vorweg zu nehmen (ich gehe nachstehend
noch darauf ein). Die Entscheidung, sich in einem Ort anzusiedeln, lag oftmals am allerwenigsten bei dem
Betroffenen selbst. Zu groß waren Abhängigkeiten und die Notwendigkeit der Existenzsicherung.
Vergleiche zu heute erscheinen durchaus berechtigt. Abhängig Beschäftigte (gut ausgebildete Facharbeiter
und Techniker und insbesondere akademisch Gebildete und Hochschulabsolventen) arbeiten heute zumeist weitab
von den urspr. Wohn- und Heimatorten; Lohnsklaven und im Prekariat Beschäftigte dagegen verharren zumeist an Ort und Stelle).
Der Kotsasse ist in der damaligen unteren Mittelschicht anzusiedeln. Dem Charakter nach unfrei (wie die eben skizzierte
Clientel der Jetztzeit) aber im Falle des Falles eben doch beweglicher als der grund- und landbesitzende Bauer
oder der landlose Häusler, Einlieger (Einmietling) und Ackerknecht oder Tagelöhner.

Zuerst jedoch sollte der Ort Badersleben ausreichend beschrieben werden, um Ihre
Frage ggf. auch nur ansatzweise beantworten zu können.
Badersleben, Pfarrdorf, die Gerichtsbarkeit wurde vom domkapitularischen Amt Zilly
ausgeübt, im Ort ein ansässiges Nonnenkloster (Augustinerorden), der Ort war vergleichsweise
rel. groß (um 1800 151 Feuerstellen, 925 Einw., Kossäten und Häusler dominierten).

im Falle einer wie von Ihnen skizzierten Recherche sollte also zuvorderst überprüft werden,
welchen Charakter das Dorf Badersleben hatte.
Das ist von Bedeutung, weil individuelle Freizügigkeit im heutigen Sinne,
so selbstverständlich uns das auch erscheinen mag (es ist es im übrigen
durchaus nicht, siehe die Situation in anderen Ländern!) nicht bestand.
Die Menschen des 16./17. Jh, (und auch in der folgenden Zeit) waren vielfältigen
Beschränkungen, Kontrollen, Abhängigkeiten unterworfen.
D.h. ein Wohnsitzwechsel war durchaus nicht einfach zu bewerkstelligen und oblag
am allerwenigsten der Entscheidung des Individuums bzw. Interessenten.
Zu berücksichtige ist darüber hinaus, dass im Falle eines Wegzuges Abgaben und
Gebühren fällig wurden, ebenso bei der Neuansiedlung in einem anderen Ort.
Mitzureden hatte in jedem Fall der jeweilige Grundherr, sei er adliger Patrimonialherr
oder auch der Amtmann i.V. des Landesherren (so der jeweilige Ort unter landesherrlicher
Grundherrschaft stand).

Ebenso zu berücksichtigen sind die örtlich geltenden Ortsstatuten und die sog. Einungen,
eine Art (autonomes) dörfliches Recht der (politischen) Dorfgemeinde.

Die gewählten Dorfvertretungen als Vertreter der (besitzenden) Dorfbevölkerung (die übrigen
Einwohner hatten weder Stimme noch Stimmrecht) sowie der örtliche Schultheiß bestimmten,
ob und wer sich im Dorf niederlassen durfte (wohlgemerkt hatte aber der örtliche Gerichtsherr
und Grundherr die eigentliche Entscheidungshoheit).

Man muss dieses kompliziert erscheinende Sozialgeflecht und die zahlreichen Sozialbeziehungen
in einem Dorf berücksichtigen, will man eine Zuwanderung oder auch Abwanderung in hist. Zeit
beurteilen bzw. untersuchen.

Zwar einen späteren Zeitraum betrachtend empfehle ich zum Verständnis dennoch:

Bandau, Wilhelm: Grundeigentum und Grundbesitzer in Badersleben (Kreis Oschersleben) in den Jahren
von etwa 1690 bis 1818 nebst kurzem Abriß der Ortsgeschichte.
Badersleben : Ackerbauschule, 1937.

Bedeutender Grundherr in Badersleben wird das Kloster Huysburg bzw. der örtliche Klosterhof gewesen sein.
Einschränkend sei hierzu jedoch anbemerkt, dass mir die genauen Kenntnisse Badersleben betreffend fehlen.

Hier sei die ältere Lit. empfohlen. Einen Überblick bietet:

Lucanus, Johann Heinrich: Historische Bibliothek vom Fürstenthum Halberstadt, oder Verzeichniß der den ältern und neuern Zustand dieses Landes betreffenden Schriften.
München, Bayerische Staatsbibliothek, Sign. Germ.sp. 666 e-1
online: 'Historische Bibliothek vom Fürstenthum Halberstadt, oder Verzeichniß der den ältern und neuern Zustand dieses Landes betreffenden Schriften. 1' - Viewer | MDZ

Ders.: Notitia Principatus Halberstadiensis (= Beschreibung des Fürstentums Halberstadt), Halberstadt o.J.
(Manuskript, 2 Folio-Bände, Hist. Archiv Stadt Halberstadt, Sign. 3617).
[früher Historische Bibliothek vom Fürstenthum Halberstadt, jetzt Stadtarchiv Halberstadt]

Ebenso:

Bruder, Joachim Heinrich: Topographisch-statistisches Handbuch vom Fürstenthume Halberstadt.
Mit einer Einleitung über die gegenwärtig Beschaffenheit desselben. Magdeburg: Georg Christian Keil, 1803.

Soviel zu Gedanken und Hinweisen für Ihre Suche.
Freundliche Grüße aus dem niedersächs. Ostfalen, Thomas Engelhardt

(NB. Schön, dass Sie den Begriff Ostfalen verwenden. Leider ist dieser heute weithin unbekannt.)

Hallo Forscherkolleginnen und -kollegen !

Im Jahr 1604 erscheint im Contributionsregister des Ortes Badersleben
bei Halberstadt ein Matthias Schweimler, aufgestellt durch den Notar
Gregorius Mager,bei den Kottsaßen unter Nr. 26. Er zahlt an die Kirche
St.Pauli und an die Kirche St.Sixti in Badersleben Pachtzins für 6
Morgen Kirchenacker.
Im Einwohnerverzeichnis von Badersleben im Jahre 1559 wird der Name
Schweimler allerdings nicht aufgeführt. Hinweise auf die eigentliche
Herkunft der Familie wurden bisher nicht gefunden. Es gibt in den
Archiven nur wenige Akten, aus denen man etwas zu den Schweimlers in
Badersleben entnehmen kann. Aus welchem Ort sie zugewandert sind ist
nicht bekannt.
Der Familienname ist ostfälischer Herkunft wozu auch das Gebiet um
Halberstadt gehört.

Sollte jemanden von Euch der Name in dieser Region im 16.Jh. aufgefallen
sein, wäre ich für eine Information dankbar. Auch die Varianten
Schwemler und Schweimeler sind möglich.

Gruß

Jürgen (Schweimler)

-. -
Jürgen & Gudrun Schweimler
Harnischstraße 4
41515 Grevenbroich
Telefon: 02181-61535

Im Online Ortsfamilienbuch Badersleben Es sind 69 Personen mit dem Namen SCHWEIMLER in dieser Datenbank enthalten. Evtl. hilft das weiter.

Herzliche Grüße
Werner (Nicolaus)