AHNENFORSCHUNG AUF KNOPFDRUCK
Familienchronik aus dem Computer
Wer etwas �ber seine Vorfahren herausfinden m�chte, trifft in der Regel vor
allem bei entfernteren Zweigen seiner Familie auf Schwierigkeiten bei der
Urkundensuche. Eine gute Gesch�ftsidee, dachte sich wohl ein findiger
Gesch�ftsmann - und begann, allgemeine Informationen und Namenslisten als
Familienchroniken zu verkaufen.
Egbert Schimmel wollte immer schon mehr �ber seine Vorfahren wissen. Einen
Stammbaum besitzt er nicht, geschweige denn ein Familienwappen. Wie weit
die verschiedenen Zweige seiner Familie reichen, interessiert ihn aber
schon. Daher kam ihm das Werbeschreiben eines gewissen Herrn von der Aa
gerade recht.
F�r 50 Euro verspricht von der Aa seinen potenziellen Kunden per
Werbeschreiben einen Familienstammbaum inklusive Familienwappen. Egbert
Schimmel war begeistert, bestellte - und wurde schwer entt�uscht. "Ich
bekam eine Brosch�re, in der auch das versprochene Wappen enthalten ist.
Aber das Wappen und dessen ganze Ausf�hrung sind sehr entt�uschend. Es
handelt sich nur um eine Kopie, der Name "Schimmel" wurde wahrscheinlich
mit dem PC reingedruckt", klagt er.
Nicht nur das: "Was dann in den anderen Unterlagen noch drinstand, war
keine Aufstellung nach Geschlechtern und Sippen, sondern nur eine
Aufz�hlung von Namen." Eine Auflistung von Personen mit dem gleichen Namen,
aber ohne Hinweis auf verwandtschaftliche Beziehungen - das hatte sich
Egbert Schimmel anders vorgestellt.
Billige Kopie
Nach einer pers�nlichen Chronik sieht das B�chlein auf jeden Fall nicht
aus. WISO nimmt sich der Sache an und das Buch unter die Lupe: Was halten
seri�s arbeitende Genealogen von einer Familienchronik aus dem Computer?
WISO frage Harald Heimbach, Gesch�ftsf�hrer von "Pro Heraldica", der
"Deutschen Forschungsgesellschaft f�r Heraldik und Genealogie" (�bersetzt:
"f�r Wappenkunde und Ahnenforschung").
Schon ein erster Blick in ein Nachschlagewerk bringt zutage: Das Wappen f�r
Egbert Schimmel ist eindeutig geklaut und geh�rte urspr�nglich einer
N�rnberger Ratsfamilie. "Seri�se Ahnenforschung ist immer Archivforschung,
ist �u�erst zeitintensiv, nicht unter einem Jahr zu bewerkstelligen und
dadurch auch mit entsprechenden Kosten verbunden. Die Kosten belaufen sich
meist auf mehrere Tausend Euro. Das kann f�r einen Preis von rund 50 Euro
niemals bewerkstelligt werden", erkl�rt Heimbach.
Kein Einzelfall
Harald Heimbach zeigt weiteres Material aus dem Hause "von der Aa". Die
Chroniken werden seit Jahren nach dem gleichen Schema zusammengeschustert -
fr�her unter dem Namen "Steinadler-Verlag". Inzwischen nennt sich Wilhelm
von der Aa "Vorsitzender der Stiftung f�r Genealogie und Heraldik".
Vor Jahren hat die Staatsanwaltschaft in Fulda gegen Wilhelm von der Aa und
seine Firma ermittelt. Doch die Anklage wegen Betruges hatte wenig Erfolg.
"Das Landgericht Fulda hat das Verfahren gem�� � 153a Strafprozessordnung
eingestellt, weil es nicht sicher feststellen konnte, dass das, was der
Steinadlerverlag geliefert hat, wertlos war. Dar�ber hinaus besteht das
Problem, dass die Angeklagten niederl�ndische Staatsb�rger sind und
angesichts der Schwere der Tat eine Auslieferung nicht verh�ltnism��ig
gewesen w�re", so Harry Wilke von der Staatsanwaltschaft Fulda.
Keiner Schuld bewusst
Wilhelm von der Aa hei�t in Wirklichkeit Wilhelmus van der Aa und agiert
aus dem Ausland. Deswegen kann ihm die deutsche Justiz auch nicht viel
anhaben. WISO hindert das allerdings nicht daran, einen kleinen Besuch nach
Holland zu machen und den "Discount-Ahnenforscher" zur Rede zu stellen.
Leidschendam bei Den Haag: Hier ist Wilhemus van der Aa gemeldet. Und -
Volltreffer - der Mann ist auch zu Hause. Als WISO ihn mit den Vorw�rfen
konfrontiert, ist er sich jedoch keiner Schuld bewusst. Kunden w�rden die
Angebote h�ufig nicht genau lesen, rechtfertigt er sich. "Vielen denken,
sie bek�men spezifisch auf ihre Familie zugeschnittene Stammb�ume, aber das
ist nicht korrekt. Man bekommt vielmehr eine Datei und eine M�glichkeit,
mit der Datei zu werkeln und einen Stammbaum zu erstellen", erkl�rt van der
Aa.
Belgische Justiz mit mehr Biss
Den Stammbaum soll man also selber machen. So hatten sich Schimmel und
andere Kunden das Angebot nicht vorgestellt. Zu dumm, dass die deutsche
Justiz nichts unternehmen kann. In anderen L�ndern sieht die Sache
allerdings ganz anders aus. Van der Aa war n�mlich auch in Belgien aktiv.
Und dort wurde ihm der Prozess gemacht. Die Richter waren dabei davon
�berzeugt, dass van der Aa seine Kunden absichtlich t�uschen wollte. "Herr
van der Aa ist zu acht Monaten Gef�ngnis und weiteren 16 Monaten auf
Bew�hrung verurteilt worden. Dazu kommt eine Geldstrafe von etwa 12.000
Euro und Berufsverbot f�r drei Jahre. Der Grund: Betrug in 781 F�llen, 47
Betrugsversuche sowie Verst��e gegen das Verbraucherschutzgesetz",
erl�utert Nico Snelders, Richter am Berufungsgericht Antwerpen.
Van der Aa hat zwar Berufung gegen das Urteil eingelegt, aber seine Chancen
stehen schlecht. M�glicherweise muss er seine Stammb�ume bald auf
Gef�ngnismauern malen. In Deutschland hat sich indes bislang noch kein
Richter gefunden, der Herrn van der Aa verurteilt. Ihn anzeigen k�nnen
diejenigen, die auf ihn reingefallen sind, trotzdem. Die Staatsanwaltschaft
Stuttgart ist h�chst interessiert ...