Paul Otlet, der Urahn von Google

Originally published at: Paul Otlet, der Urahn von Google • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)

Der belgische Jurist und Bibliothekar Paul Otlet (1868-1944) wird als der Urahn der modernen Wissensnetzwerke wie z.B. Google angesehen. Er schuf ein Archiv des Weltwissens, das heute im Mundaneum in der Stadt Mons, 30 km südlich von Brüssel, besichtigt werden kann.


Der Belgier war ein Pionier des Informationsmanagements und Begründer der modernen Dokumentationswissenschaft. Sein Arbeitsmittel waren Karteikästen mit 16 Millionen Karteikarten auf denen das relevante Wissen aus Büchern, Zeitschriften und weiteren Medien mit Ziffern kodiert und leichter auffindbar gemacht wurde. In seinem Buch „Traité de documentation. Le livre sur le livre“ beschrieb er die Grundlagen seiner Arbeit und entwickelte weitere visionäre Ideen. Otlet darf als ein Vordenker des modernen Internets angesehen werden.

Gründung des Mundaneums

Otlet, der seinen Sohn im Ersten Weltkrieg verlor, wurde zum Pazifisten und wollte mit dem Archiv des Weltwissens den Frieden sichern. Zusammen mit dem spätere Friedensnobelpreisträger Henri La Fontaine hatte er bereits 1895 das „Office International de Bibliographie“ begründet. Die beiden schufen das heute noch in europäischen Bibliotheken verwendete „Universelle Dezimalklassifikations-System“. 1920 wurde das Mundaneum im „Palais de Cinquantenaire“ im Herzen von Brüssel eröffnet. Es war sowohl Besuchermuseum als auch Treffpunkt der Gelehrten und stellte einen gigantischen Wissenskatalog und ein Archiv dar.

15 Millionen Werke waren handschriftlich verzeichnet und nach Themengebieten geordnet. Jährlich wurden Tausende von Anfragen beantwortet. Es sollte ein weltweit verfügbares Netzwerk sein, das von jedermann auch über Telefon, Radio oder Fernsehapparate genutzt werden konnte. Doch 1934 musste das Mundaneum schließen, weil seine Geldgeber aus der belgischen Regierung das Interesse an dem Projekt verloren hatten. Erst 1968 entdeckte der australische Forscher W. Boyd Rayward Teile der Sammlung wieder, begann sie zu erforschen und engagierte sich so lange, bis das Mundaneum 1998 wiedereröffnet wurde.

Als intensive Nutzer und Nutzerinnen des weltweiten Webs profitieren heute z.B. alle für Ihre Familien- und Ahnenforschung von den Ideen Otlet’s. Beim Verein für Computergenealogie (CompGen) war das Mundaneum kürzlich erstmals in der Discourse-Kategorie „Genealogie in den Medien” aufgetaucht.

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