Ostpreußen-Warte, Folge 11 vom Novembe 1951, Teil 1

Ostpreußen-Warte
Folge 11 vom November 1951

Seite 1 Die Lebensfrage Deutschlands

Es ist von großer Bedeutung, dass der Bundeskanzler in seiner Rede in den Messehallen am Berliner Funkturm die Frage der deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte. Denn wenn die Sowjetzonenregierung ihre gegenwärtig laufenden Propagandaaktionen unter das Stichwort „gesamtdeutsche Wahlen" stellte, so ist dies an sich schon eine Irreführung. Botschafter a. D. von Dirksen hat in einer Stellungnahme mit Recht darauf hingewiesen, dass es sich gar nicht um „gesamtdeutsche", sondern allein um „Vier-Zonen-Wahlen" handeln würde, wenn ein Wahlakt in Freiheit und unter Sicherung der vollen Gerechtigkeit in Gleichheit stattfinden sollte. Selbst wenn es also unter Annahme der 14-Punkte-Erklärung des Bundestages zu einer Nationalversammlung und zur Herstellung einer Einheit der vier Zonen kommen sollte, so wäre dies nichts anderes als nur ein erst er Schritt auf dem Wege zu Gesamtdeutschland.

Es scheint nicht so, als wenn jenseits der Zonengrenze bereits hätte, wenigstens ist aus der Erklärung Grotewohls zu erkennen, dass man immer noch die Oder-Neiße-Linie als „Friedensgrenze" betrachten will, obwohl es sich bei ihr um nichts anderes als um eine Linie des Unfriedens, des Hasses und der Unvernunft handelt. Das Recht auf die ostdeutsche Heimat ist unabdingbar, und es kann gar nicht deutlich genug gesagt werden, dass es verlorene Liebesmüh ist, wenn man jenseits des „Eisernen Vorhangs" den Plan verfolgen sollte, im Zuge politischer Entwicklungen eine Anerkennung der Abtrennung deutschen Gebietes im Osten so nebenbei zu erzielen.

Die Frage der ostdeutschen Gebiete ist eine Lebensfrage Deutschlands. Und selbst wenn man zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Entwicklung nur schrittweise vor sich gehen könne, so liegt doch folgendes klar auf der Hand: Ohne die Ostgebiete ist Deutschland vom Auslande in einem Ausmaße abhängig, dass allein schon aus diesem Grunde eine volle Selbständigkeit und Freiheit des außenpolitischen Handelns aufs schwerste beeinträchtigt erscheint. Wenn also der Osten in Wahrheit Wert darauf legen sollte, dass Deutschland ein solcher selbständiger Faktor wird, so ist damit unlösbar das Erfordernis verbunden, dass Deutschland hinsichtlich seiner Ostgebiete konkrete Zusicherungen erhält.

Es ist das Ziel aller Deutschen, insbesondere aber der Heimatvertriebenen, mit allen Völkern in Frieden zusammenzuleben und in Freundschaft verbunden zu sein. Und niemand in Westdeutschland hegt auch nur den Gedanken, dass die ostdeutschen Gebiete anders als auf friedliche Weise wieder aus polnischer und sowjetischer in deutsche Verwaltung zurückkehren sollen. Aber dass diese Rückkehr und die Herstellung eines wirklich freien und souveränen Gesamtdeutschlands ein Ziel ist, auf das unter keinen Umständen verzichtet werden kann, liegt ebenso auf der Hand. Vielleicht kann es nur im Laufe der Zeit erreicht werden. Dann aber würde sich dieses Gesamtdeutschland als ein starker Faktor des Friedens erweisen, und es würde sich herausstellen, dass gerade das deutsche Volk aus der Geschichte gelernt hat und sein ganzes Gewicht in die Waagschale legen wird, um den Frieden in der Welt zu stabilisieren.
Solange dies nicht anerkannt ist und solange zu erkennen bleibt, dass man anstelle einer echten Neutralität eine „Neutralisierung", das heißt die Schaffung eines politischen Vakuums anstrebt, solange können die „Vorschläge" von östlicher Seite als nichts anderes betrachtet werden denn als Versuch, die gegenwärtigen Schwierigkeiten in den Verhandlungen mit dem Westen über die Wiederherstellung der vollen Souveränität der Bundesrepublik auszunutzen, um einen Raum zur Erleichterung eines späteren Vordringens nach Westen zu schaffen.

Seite 2 Dr. Schreiber zurückgetreten

Auf der Oktober-Tagung der Landsmannschaft Ostpreußen e. V. in Hamburg gab Staatssekretär Dr. Schreiber seinen Rücktritt als Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen bekannt. Sein endgültiger Nachfolger wird zu einem späteren Termin gewählt werden. An der Tagung der „Landsmannschaft e.V." nahmen zum zweiten Male in diesem Jahre auch die Vorsitzenden der zehn bestehenden Landesverbände der ost- und westpreußischen Heimatbünde teil. Die Vertreter der Landesverbände der ost- und westpreußischen Heimatbünde sollen wie die Vertreter der Heimatkreise mit entsprechender Stimmberechtigung in den Vorstand der Landsmannschaft eingegliedert werden.

Für die Durchführung dieser organisatorischen Maßnahmen haben die zehn Landesverbände einen Dreier-Ausschuss gebildet, dem die Landsleute Schröter für Schleswig-Holstein, Grimoni für

Nordrhein-Westfalen und Prof. Dr. Müller für Bayern angehören. Prof. Dr. Müller wurde zum Sprecher dieses Ausschusses bestimmt.

Seite 3 Unsere Städte im Bild: Elbing
6 Fotos: Obenlinks: Friedrich-Wilhelm-Platz mit Rathaus – Blick auf die Nikolai-Kirche. – Mitte: Verwaltungsgebäude Schichau mit Schichau-Denkmal – Dampfer – Anlegestellt mit Elbingfluss. Im Hintergrund die Marienkirche – Unten: Barocke Giebelhäuser mit Beischlägen in der Spieringstraße. – Wasserstraße am Elbingfluss. Im Hintergrund die Türme der aus dem 14. Jahrhundert stammenden katholischen Pfarrkirche St. Nikolai.

Die Stadt am Elbingfluss – 1237 von der Stadt Lübeck und dem Deutschen Ritterorden gegründet – war bis 1309 Residenz des Landmeisters des Ordens. Diese schöne alte Stadt wies herrlichste Bauten, Kirchen, Museen und alte Handelsspeicher auf. Als bedeutende Handels- und Industriestadt des Ostens hatte Elbing einen Namen. Die Schichauwerft und die Kommick-Werke sind mit dieser alten westpreußischen Stadt eng verknüpft gewesen.

Seite 4 Das erste Dampfboot in Preußen

Am 26. August 1828 sahen wir zum ersten Male im Haff und auf dem Pregel, ein Dampfboot, den Copernicus, das die erste Reise von Elbing nach Königsberg machte. Man beabsichtigte anfangs, dass es diesen ganzen Weg jedes mal in einem Tage zurücklegen sollte, und dieses geschah bei den ersten Fahrten auch wirklich, es fuhr morgens von Königsberg ab, vor Mittag traf es in Pillau ein, hielt sich daselbst etwa eine Stunde auf und kam abends nach Elbing oder umgekehrt. Doch konnte dieser Weg bei den immer kürzer werdenden Tagen und indem die Geschwindigkeit des Bootes viel geringer ausfiel, als man erwartet hatte, nicht mehr füglich in einem Tage zurückgelegt werden, und die Fahrt wurde nun so eingerichtet, dass das Boot in Pillau über Nacht blieb und am folgenden Tage den andern Teil der Reise machte. Dadurch litt aber das Unternehmen ungemein, denn statt zwei Reisen, die es wöchentlich zwischen Königsberg und Elbing machen sollte, machte es jetzt nur eine, und da es doch gleich viel Tage unterwegs blieb, so war die Ausgabe für Feuerung und Beaufsichtigung ungefähr eben so groß wie früher.

Es wurde indessen jetzt die Fahrt für bestimmte Wochentage angeordnet, und bei einer solchen Regelmäßigkeit nahm die Frequenz der Reisenden außerordentlich zu, so dass zu Anfang des Monats Oktober in der Regel 15 bis 20 Passagiere sich einfanden und das ganze Boot mit den verschiedenen Frachten beladen war. Es fingen damals die Gärtnerfrauen aus der Umgebung von Elbing an, mit Gemüse nach Pillau zu kommen, was früher nicht stattgefunden und wodurch der Markt in Pillau reichlicher und billiger ausfiel. Es wurde auch erzählt, dass in dieser Zeit die Reisen sich nicht nur bezahlt machten, sondern auch ein Bedeutendes abwarfen, wodurch die Zinsen der Anlage gedeckt wurden. Allein dieses Zutrauen, das das Publikum zu. fassen anfing, wurde bald schwankend gemacht. Die Maschine hatte bisher mehrmals mit sehr harten Gegenwinden zu kämpfen gehabt, doch war dadurch die Fahrt nur wenig verzögert, und nie unterbrochen worden.

Auf der Reise von Pillau nach Elbing am 30. September stand der Wind in Süden, war also grade entgegen, und er wehte so hart, dass die Wellen oft auf Deck schlugen. Dennoch legte das Dampfboot damals in einer Stunde noch beinah dreiviertel deutsche Meilen zurück. Am 13. Oktober aber kam es gegen einen harten westlichen Wind, der sowohl etwas stärker als der erwähnte war, von Königsberg, und da geschah es zum ersten Male, dass es sich nicht gegen den Wind aufarbeiten konnte, sondern auf der Hälfte des Weges an der Peyser Ecke ankern musste. Den folgenden Tag, als der Wind sich etwas gelegt hatte, war es früh morgens in Pillau, und es ging denselben Tag nach Elbing. Den 16. Oktober, als der Sturm aus Westen schon anfing, kam es zurück nach Pillau, um am folgenden Tage, den 17. nach Königsberq zu gehen. Unterdessen hatte der Wind an Stärke immer zugenommen und war des Morgens in einen heftigen Orkan ausgeartet. Das Seewasser trieb in reißendem Strome bei Pillau vorbei ins Haff hinein, und gegen diesen Strom und Sturm musste das Dampfboot aufkommen, um dann nach der Nehrunq überzugehen und längs der vor Pillau liegenden Gründe den gewöhnlichen Weg nach Königsberg zu verfolgen; ein zweiter Weg, den das Boot einschlagen konnte, war auf der nördlichen Seite der erwähnten Gründe oder über den Heerd. Hier durfte es der Richtung des Stromes und Windes nur folgen, und bei dem sehr hohen Wasserstand war keine Gefahr, dass es in diesem sonst so seichten Fahrwasser jetzt stehen bleiben oder auch nur stoßen würde.

Das Dampfboot indessen, welches sehr schlecht steuerte, war weder in den einen noch den andern Weg zu bringen, sondern trieb in einer mittleren Richtung, so wie es aus dem Hafen kam gegen eine vor Anker

liegende holländische Schmack auf, welche es aufgestoßen haben würde, wenn man nicht die Maschine schleunigst angehalten und das Anker geworfen hätte. Dieses Anker so wie das Ankertau war nun aber wieder der Größe des Bootes bei solch unruhigem Wetter und auf dieser Stelle nicht angemessen, wo das Boot einem sehr heftigen Strome und dem Wellenschlage der See ganz bloßgestellt war. Das Ankertau brach, und der zweite Anker fasste nicht, so dass es vor demselben auf die Gründe von Camstigall trieb, aber auch da kam es wieder los und wurde am folgenden Tage auf dem Strande zwischen Kahlholz und Balga gefunden. — Die Maschine hatte nicht gelitten, wie es schien, und das Fahrzeug war ganz unversehrt geblieben, allein es stand so hoch huf dem Strande, dass die ersten Versuche zum Abbringen nicht glückten, bis endlich beim hohen Wasser am 1. Dezember das Boot wieder flott wurde, um nach Elbing gebracht zu werden.

Aus: Preußische Provinzialblätter, herausgegeben von dem Verein zur Rettung verwahrloster Kinder zu Königsberg. Erster Band, Königsberg 1829, Hartungsche Hofbuchdruckerei.
und darin aus:
„Einige Worte über Dampfschifffahrt." (Vorgelesen in der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg am 12. Dezember 1828 vom Hafenbauinspektor Herrn H. Hagen in Pillau

Seite 5 Turner-Familie Ost- und Westpreußen. Unsere Geburtstagskinder im November 1951

01.11.1951 Ruth Kaltwang (Insterburg) Elm, Hauptstraße 7b (Saarland).
03.11.1951 Otto Gebauer (Gumbinnen), 24b Dörpling üb. Heide (Holstein).
04.11.1951 Margarete Bläsner geb. Pohl (KMTV), 20a Hannover-Linden, Stockmannstr. 12 ptr.
04.11.1951 Hilde Lehwald (Elbing), 3a Ostseebad Boltenhagen (Meckl.), Mittelweg 30.
04.11.1951 Kurt Krause (Lyck), 24b Itzehoe, Juliengardeweg 5.
07.11.1951 Friedrich Neumann (KMTV), 24a Bad Oldesloe, Hamburger Straße 72.
09.11.1951 Liselotte Gorontzi geb. Büttner (Marienburg u. K M T V ) , 23 Osnabrück, Iburgerstr. 67.
09.11.1951 Elsbeth Krischun (KMTV), 20b Braunschwg., Honrothstr. 12, ptr. Ii.
11.11.1951 Walter Schulz (KTC), 24b Flensburg, Waldeckestraße 30.
13.11.1951 Anna Goerigk geb. Neumann (Rößel), 22b Bad Neuenahr, Mittelstr. 10 III.
13.11.1951 Henry Groß (KMTV), 1 Bln.-Charlotten-burg 4, Leibnitzstraße 46 IV.
14.11.1951 Wilhelm Pohl (Elbing), 21a Minden (Westf.), Kaiserstraße 12. . .
15.11.1951 Käte Laasner geb. Lebbe (Marienburg), 24b Wesselburenerkoog, Zollhaus.
17.11.1951 Edwin Senger (Marienburg), 24b Kiel, Esmarchstraße 68 III
18.11.1951 Anna Bordien (Elbing), 24b Alt-Duvenstedt, Kr . Rendsburg. .
19.11.1951 Kurt Kaltwang (KMTV u. Insterburg), Elm, Hauptstraße 7b (Saarland).
19.11.1951 Walter Trzaska (Tilsit), 3a Stevenhagen (Meckl.). Goethestraße 8.
19.11.1951 Frieda Schulz geb. Zerfowski, 24a Lübeck, Kahlhorststraße 46 A .
20.11.1951 Richard Wittig (KMTV), 13a Bamberg. Schützenstraße 55 I. - ,
21.11.1951 Walter Schröder (KMTV), 19a Halle (Saale), Bismarckstraße 10.
22.11.1951 Fritz Radtke (KMTV), 22c Düren, Arnoldsweilerweg 130. .
22.11.1951 Grete Schulz geb. Laupichler (Insterburg), 20a Northeim (Han.), Rhumestraße 2.
22.11.1951 Arthur Trusch (KMTV), 24b Itzehoe, Talstraße 16. „
22.11.1951 Dr. Reinhold Huwe (Treuburg), 20a Hannover, Simrockstraße 25 ptr.
23.11.1951 Waldemar Gottschalk (KMTV), 23 Westerstede, gegenüber der Kirche.
23.11.1951 Heinz Haak (KMTV), 22b Trier, Thebäerstraße 45.
23.11.1951 Paul Kadereit (Insterburg u. Marienwerder), 15a Erfurt, Nerlystraße 4.
24.11.1951 Hans-Joachim Timm (Pol Kbg.), 23 Bremerhaven, Postfach 52.
25.11.1951 Hans Bonacker (Tilsit), 20b Goslar, Claustorwall 9a.
25.11.1951 Rudolf Neumann (Elbing), 24b Flensburg, Rote Straße 10 II.
26.11.1951 Ernst Korittki (KTC), 20a Hannover, Sedanstraße 7.
26.11.1951 Charlotte Mildt geb. Schiemann (KTC), 23 Rastede, Oldenburger Straße 23.
26.11.1951 Irene Schlemminger geb. Keibel (KMTV), 24b Prisdorf, Kr. Pinneberg.
27.11.1951 Marie Henke (TLV Kbg.), 22b Bad Neuenahr, Haus Abendfrieden.
28.11.1951 Claus Schneider (Gumbinnen), 23 Sottrum 120 (Bez. Bremen).
29.11.1951 Dr. Adalbert Perrey (KMTV), 24a Borstel bei Winsen (Luhe).

Allen Geburtstagskindern herzlichste Glückwünsche, besonders Elsbeth Krischun zur Vollendung des 50. und Henry Groß zur Vollendung des 75. Jahres.

Der am 09.10.1951 verstorbene Turnbruder Fritz Nath wäre am 04.11.1951, 64 Jahre alt geworden. Im Namen der Turnerfamilie habe ich den Angehörigen persönlich das Beileid ausgesprochen und einen Kranz am Sarge niedergelegt. Onkel Wilhelm.

Seite 5 Goldene Hochzeit

Goldene Hochzeit feierte am 17.10.1951 das Turnerehepaar Hermann Schelewski aus Elbing, jetzt in Hamburg, Hoheluftchaussee 51. Frisch, fröhlich, fromm, frei ist ein Leben lang der Wahlspruch gewesen, nach dem sie gelebt und geschafft haben, der sie auch in schwersten Notzeiten aufrecht gehalten hat und auch das bittere Los als Heimatvertriebene ihnen erleichtert. Gesundheit und recht viel sonnige Freude für einen langen Lebensabend wünscht dem Jubelpaar die ganze Turnerfamilie Ost- und Westpreußen

Seite 5 Adolf Sievers 70 Jahre alt

Am 1. November vollendete Oberstudiendirektor i. R. Adoll Sievers sein 70. Lebensjahr. Viele Freunde, Kollegen und ehemalige Schüler, die das Glück hatten, ihm als Lehrer und Mensch näherzustehen, gedenken an diesem Tage seiner in Liebe, Verehrung und Dankbarkeit.

Als geborener Hannoveraner studierte er an seiner Heimatuniversität Göttingen und kam dann zu uns nach dem Osten, wo er an der Weichsel seine ihm innig verbundene Lebensgefährtin fand. In Ostpreußen ist er dann bis zum bitteren Ende geblieben. Von 1913 bis 1926 betreute er in Sensburg — ein Zeichen für seine unermüdliche Schaffenskraft — gleichzeitig zwei Schulen: Volksschule und Lyzeum. 1926 wurde er dann in den Staatsdienst übernommen und zum Direktorder neugegründeten Aufbauschule in Pr. -Eylau ernannt, die er mit Liebe und Geschick zu weit über Durchschnitt liegender Höhe entwickelte. Wie er an sich selbst höchste Anforderungen stellte, nahm er es als selbstverständlich an, dass jeder seiner Untergebenen ebenso dachte und handelte wie er; deshalb ließ er jedem völlige Freiheit in seiner Tätigkeit, so dass ein starkes Vertrauensverhältnis zwischen Direktor und Lehrkörper bestand.

Das Lebensbild von A. Sievers wäre unvollständig, würde nur die schulische Leistung hervorgehoben werden. Wer wie ich sechzehn Jahre unter seiner Leitung arbeiten durfte, das Glück hatte, ihn auch als Menschen näher zu kennen, weiß, wie er für jeden, sei es Lehrer, sei es Schüler, der mit seinen Nöten und Sorgen zu ihm kam, einen klugen Rat oder ein tröstendes Wort hatte. Wollte man ihn außerdienstlich sprechen, so fand man ihn nur selten in seiner Privatwohnung, man trat ihn sicherlich auch zu den ungewöhnlichsten Zeiten in seinem Amtszimmer an, manchmal auch in seinem mit viel Liebe gepflegten Garten. Wie freute er sich über jede gelungene Pflanzung! Und dann die stillen Winterabende: wie manchen Skat oder Doppelkopf haben wir mit ihm und seiner Gattin gespielt beim dampfenden Glase Grog und Bratäpfeln. Wenn dann die Karten ruhten, zogen sich die Gespräche oft noch bis in die tiefe Nacht hin.

Wie allen Bewohnern Ostpreußens blieb es auch ihm nicht erspart, Heim und Wirkungskreis verlassen zu müssen. Geistig und körperlich noch zu rüstig, sich dem „otlum cum dignitate" hinzugeben, hat er an seinem jetzigen Wohnort Altencelle bei Celle Freude und Befriedigung durch schriftstellerische Tätigkeit gefunden. Möchte ihm diese seine Frische noch lange erhalten bleiben.

Seite 5 Jubiläum der Frauenabteilung des KMTV 1842

Am 12. Oktober 1911 wurde unter Führung der am 25.07.1951 in Leipzig verstorbenen Turnschwester Anna Küßner die Frauenabteilung des Königsberger Männer-Turnvereins von 1842 gegründet, deren turnerische Leitung Turnwart Alwin Berger übernahm. Von den Gründerinnen sind noch am Leben die Turnschwestern Margarete Sierke, Lotte Schmidt-Lau, Elisabeth Hübner, Hanna Vogel. Die neben Anna Küßner um die Abteilung besonders verdiente Tschw. Emma von Waskowski starb am
24.11.1949 in Dähre. Kr Salzwedel. Frisches, fröhliches Gemeinschaftsleben zeichnete die Turnerinnenabteilung aus Unzählige Frauen und Mädchen verdanken ihr ihre körperliche und geistige Ausrichtung im Sinne echten deutschen Turnertums und deutschen Volkstums. Voll Wehmut, aber auch in freudiger Dankbarkeit haben sie alle am diesjährigen 40jährigen Gründungstage der besinnlichen und der vielen heitern Stunden auf dem Turnplatz und im Heim des KMTV gedacht.

Eine noch von Anna Küßner kurz vor ihrem Tode niedergeschriebene Geschichte der Frauenabteilung wird allen KMTVerinnen möglichst bald zugehen und die Erinnerung besonders hell aufleuchten lassen. Wir geben die Hoffnung auf ein Wiedererstehen in neuer Beschwingtheit in der alten Heimat nicht auf!
Wilhelm Alm