Mühlen im Saarland - das neue Buch von H.W. Paulus

Hallo,

da ich neugierig war, habe ich bei Hans Werner Paulus aus Völklingen sein
neu erschienenes Mühlenbuch „Mühlen im Saarland“ für 45 Euro erworben
(Preis 39,80 Euro plus Porto und Versand für 5,20 Euro). Es kam heute an, und
ich habe mir den Teil angesehen, der sich mit der Stadt St. Wendel befaßt.

Herr Paulus hat dort ein unglaubliches Chaos angerichtet.

Er nennt fünf Mühlen, die im Bereich der Stadt St. Wendel liegen:
- die Göckel oder Neue-Mühle zu St. Wendel
- die Breitener Mühle zu St. Wendel
- die Walk- und Ölmühle zu St. Wendel
- die Fausenmühle zu St. Wendel
- die Bürgermühle zu St. Wendel/Niederweiler (mit Nennung der Notmühle im
Text)

Tatsächlich gab es in St. Wendel zwischen 1304 und heute mindestens 16
Mühlen. Aber die finden sich nun mal nicht alle in der Saarbrücker Zeitung
bzw. in Max Müllers „Geschichte der Stadt St. Wendel“, Herrn Paulus'
bevorzugte Quellen für Mühlen in St. Wendel.

Das sind die „großen“ Wassermühlen, zu denen es auch jede Menge
Unterlagen gibt:
- Fausenmühle an der Blies
- Felsenmühle an der Blies
- Göckelmühle an der Blies
- Neumühle an der Blies
- Niederweilermühle (II) an der Blies
- Niederweilermühle an der Blies
- Urweilermühle am Todbach

Und die „kleinen“ Mühlen, die sich als Hinweise hier und dort finden
lassen:
- Brespacher Loemühl am St. Annenbach
- Burgnotmühle an der Blies
- Cettos Mühle auf dem Langenfelderhof
- Johannismühle am Johannisbach
- Lohmühle bei den Gerbhäusern am Todbach
- Lohmühle in der Brühl
- Ölmühle am St. Wendeler Bahnhof
- Schneidemühle am Johannisbach
- Walckmühle am St. Annenbach

Daß sich die „kleinen“ Mühlen in Paulus’ Buch nicht finden, kann ich
nachvollziehen, Unterlagen dazu findet man fast nur in Archiven, die in seiner
Aufsstelung auf Seite 644 nicht genannt sind. Aber daß er zwei der „großen“
nicht kennt – die Felsenmühle und die Urweilermühle -, das zeugt nicht
von sorgfältiger Recherche zum Thema.

Seine Texte zu den beschriebenen Mühlen sind entsprechend.

(Seite 633)
„Vor dem Jahr 1804 wurde lange Zeit die Ruine der Burg Nohfelden teilweise
für Baumaterial ausgeschlachtet. Es wurde berichtet, dass die Burgsteine
als Baumaterial für die Göckelmühle benutzt wurden. (Gerd Meiser,
Saarbrücker Zeitung. Saarland und seine Nachbarn. Nr. 6 S. 10 vom 8/ 9. Jan. 2000.).
1795 wurde die Mühle errichtet. Gespeist wurde sie über einen Mühlteich
von der Blies. Bis 1818 stand hier auch eine Ölmühle. Der erste Müller war
Conrad Kneip aus Ramstein. Im 19. Jahrhundert gehörte sie der Familie Cetto.
1935 ging das Anwesen an die Familie Schlotterbeck.
1861 wurde die Neue Mühle mit sieben Einwohnern als besonderer Wohnplatz
genannt. Später wurde diese Göckelmühle genannt und liegt auf der Banngrenze
St. Wendel-Baltersweiler, gehört aber zu St. Wendel.“

Schau’n wir mal, was wir da haben.

Die arme Burg Nohfelden, die muß für alles mögliche herhalten. Da geht
alles auf Hörensagen, Belege gibt es dafür nicht. Die SZ als Quelle zu nehmen,
das zeugt nicht für die Qualität der Arbeit des Autors.

Daß die Göckelmühle 1795 errichtet wurde, ist eine Annahme, die darauf
beruht, daß die Mühle im Bannrenovationsprotokoll von P.E. Röhn von 1788 noch
nicht auftaucht und ab 1795 der erste Müller Conrad Kneip genannt wird.
Eigentümer der Mühle war aber nicht Kneip, sondern der Geometer Johann
Zangerle aus St. Wendel (Erstnennung 1808). Ob er sie erbaut hat, wissen wir
nicht. Auf der Schmittschen Karte von 1797 ist sie nicht vorhanden, auf der
von-Müffling-Karte von 1817 als „Goeckelmühle“.

Ob Kneip aber 1795 tatsächlich auf der Göckelmühle war, ist auch nicht
sicher. Er hat aus erster Ehe sechs Kinder, von denen die ersten beiden (1793
und 1794) auf der Fausenmühle geboren wurden und binnen weniger Tage oder
Monate dort auch starben. Das dritte Kind, Wendel, wird am 15.11.1795 auf
der „Schneidemühle“ geboren (das ist nicht die Göckelmühle). Das vierte
Kind, Katharina, wird dann 25.08.1797 tatsächlich auf der Göckelmühle geboren,
während das übernächste 1802 wieder auf der Fausenmühle zur Welt kommt.
Wackelige Sache.

Das Eigentum ging 1824 von Zangerle auf Cetto über; er läßt 1818 eine
Ölmühle abreißen. Ob die hier stand – möglich. Der letzte Cetto, Edmund, stirbt
1893; 3 Jahre zuvor war das Konkursverfahren schon eröffnet worden. Unter
Edmunds Sohn Nikolaus wird das Anwesen an den Hauptgläubiger,
Glashüttenbesitzer Köhl aus Quierschied, versteigert. Dann geben sich binnen weniger
Jahre verschiedene neue Eigentümer die Klinke in die Hand. 1906 ist aus der
Mühle die „Hofgut und Tonwarenfabrik Göckelmühle GmbH“ geworden, die sich
1907 schon in Liquidation befindet. Die Schlotterbecks sind seit 1919 Pächter
des Anwesens.

Daß Paulus die Göckelmühle als „Neue Mühle“ bezeichnet, zeigt, daß er
sich hier oben bei uns überhaupt nicht auskennt. Die Göckelmühle taucht als „
Goekelmühle“ schon 1802 in einem Notariatsakt auf, während die „Neue Mühle“
genau das ist, nämlich die „Neumühle“ in Breiten am Ende des sog. „
Neumühlenwegs“.

Paulus meint, die „Bürgermühle zu St. Wendel/Niederweiler“ sei die
älteste der Stadt (1343 Ersterwähnung). Dummerweise wird die Felsenmühle die „
Bürgermühle“ genannt (Ersterwähnung 1591); die älteste Nennung gebührt der
Neumühle mit „1304“.

Mit den Eigentümern hat er es auch nicht so, er nimmt manches einfach so
hin und denkt nicht nach, wenn er etwas hinschreibt. Wieder bei der
Niederweilermühle: Die Kirche gibt die Mühle in Pacht an die Stadt St. Wendel, 1591
soll diese wieder an den Kurfürsten zurückgegangen sein. Wieso an den
Kurfürsten zurück, wenn die Kirche Eigentümerin war? Ein paar Sätze später
verstrickt er sich völlig in dieser Frage: einmal verpachtet die Stadt, ein
andermal die kurfürstliche Domainenverwaltung. Völlig konfus wird er mit der
Aussage, der Betreib der Mühle sei „ausgangs des 20. Jahrhunderts zum Erliegen
“ gekommen. Das geschah um die Mitte des 19ten Jahrh.

Über die Fausenmühle weiß er, daß sie Anfang des 19. Jahrh. erwähnt wird,
aber z.B. nicht daß sie bereits im 1600 als „Anthoni Schleifmühle“ genannt
wird und erst 1849 an Franz Bruch kam.

Völlig chaotisch. Der Autor schreibt im Vorwort, seine Arbeit habe zum
Ziel, alle Mühlen des Saarlandes mit ihren Pächtern, Erbbeständern und
Eigentümern aufzuführen. Das ist ihm zumindest im Bereich der Stadt St. Wendel
nicht gelungen. Hier wäre keine Veröffentlichung besser gewesen als diese
Mischung aus Halbwahrheiten, Vermutungen und falschen Schlüssen. Hier ist keine
Berichtigung im Detail möglich, wie er im Vorwort schreibt, sondern nur
ein Einstampfen und völlig neu herausgeben.

Meine Meinung.

Mit freundlichem Gruß

Roland Geiger