Mecklenburgische Küche

Hallo Interessierte,

hat sich die Mecklenburgische Küche denn in den letzten hundert Jahren sehr
verändert? Oder gibt es noch jetzt Gerichte, wie sie schon vor langer Zeit
beliebt waren?

Ich habe am Kummerower See „süße“ Blutwurst angeboten bekommen. Der Wirt
versicherte mir, dass der Mecklenburger so etwas liebt. Mein Geschmack war
es nicht. Aber das Süßen von allerlei Gerichten fand ich auch in
Skandinavien, z.B. Erbseneintopf mit Zucker oder gezuckertem Käse. Könnte es
sein, dass aus der Schwedenzeit ein gewisser Einfluss auf die
Mecklenburgische Küche genommen wurde?

Schöne Abendgrüße

Bernd Görtz

Hallo Bernd,

ich bezweifle, da� es wirklich eine typisch mecklenburgische K�che gegeben hat. Nach meinem Eindruck wurde die Art der Zubereitung von Speisen fr�her eher von der einheimischen Produktpalette gepr�gt, die in den verschiedenen Landschaften angebaut und geerntet werden konnten. Es gab also vielleicht eine typisch l�ndlich-norddeutsche K�che. Gerichte, die heute als typisch mecklenburgisch bezeichnet werden, waren auch bei meinen Gro�eltern allt�glich. Und waren im �stlichen Grenzbereich von Westpreu�en zu Hause.

Das s��e bzw. s��sauere Abschmecken von Eint�pfen etc. gab es bei meinen Gro�eltern nicht. Ich kenne das erst seit Verwandschaftsbeziehungen in die Oberlausitz und nach Th�ringen.

Beste Gr��e, Peter Starsy

----- B e z u g: Empfangene Nachricht -----

Hallo Peter,
Du hast schon recht. Die haben halt das gegessen, was sie hatten, und das
war ja damals sicherlich nicht viel. Im Kirchenbuch von Verchen hatte der
Pastor um 1830 eine Bemerkung hierzu gemacht:
Die Getreideernte war dieses Jahr gut und so müssen die Leute nicht die
"schlechten Kartoffeln" essen.
Aber eigentlich ging es mir nur um den möglichen Einfluss der Schweden auf
die Mecklenburgische Küche.
Die versüßen ja buchstäblich alle Gerichte!
Beste Grüße
Bernd Görtz

Moin Bernd,

<< hat sich die Mecklenburgische Küche denn in den letzten hundert Jahren sehr verändert? Oder gibt es noch jetzt Gerichte, wie sie schon vor langer Zeit beliebt waren? >>

in den letzten 100 Jahren hat sich sicher so gut wie überall die Küche enorm verändert. Man denke nur an die vielen modernen Produkte der Lebensmittelindustrie. Aus Zeitgründen und Bequemlichkeit und sehr veränderter "Geschmacksorientierung" (Kennenlernen internationaler Gerichte) wird heute wohl in ganz Deutschland nur noch wenig so gekocht wie vor 100 Jahren - weder von den Zutaten her wie auch von den einzelnen Gerichten, die oftmals ziemlich in Vergessenheit geraten sind.

<< Könnte es sein, dass aus der Schwedenzeit ein gewisser Einfluss auf die Mecklenburgische Küche genommen wurde? >>

Das glaube ich absolut nicht. Mag sein, daß auch die schwedische Küche (die dänische, glaube ich, auch) gesüßte Speisen schätzt, aber mehr oder weniger gesüßte Speisen in der norddeutschen Küche sind ebenso völlig landestypisch und sicher von außen unbeeinflußt. Sicher haben umgekehrt auch die Schweden von dort Anregungen mit nach Hause genommen.

Gesüßte Gerichte, schon den täglichen leicht gesüßten grünen Salat, kenne ich seit meiner Kindheit von meiner Familie, die aus dem weiten norddeutschen Bereich von Hamburg und Holstein bis zum mittleren und westlichen Mecklenburg und Nordbrandenburg (Prignitz) stammt (wo ja bekanntlich nie Schweden waren). Wir besitzen zudem handgeschriebene und gedruckte Kochbücher aus dem Haushalt meiner Urgroßeltern, die dies für zahlreiche übliche Gerichte bestätigen. Die waren grundsätzlich immer sehr gehaltvoll, auch vom Fettanteil betrachtet, von der Vorspeise übers Hauptgericht bis zum Nachtisch. Von allerhand Speisen der ostpreußischen Küche kenne ich das außerdem auch so.

Zum "Leidwesen" meiner Frau und der Kinder bin ich diese "süße" Küche gewohnt und koche mir eben noch heute zahlreiche, aus meiner Kindheit gewohnten und noch heute hochgeschätzten, norddeutschen Gerichte immer wieder gerne selbst (ich muß sie dann "leider" :smiley: alleine aufessen ...).

Grund für diese jahrhundertealten Ernährungsgewohnheiten Norddeutschlands ist u. a. sicher auch, daß Zucker bzw. Früchte und Honig einen hohen Energiegehalt besitzen, der physiologisch für den menschlichen Organismus generell, insbesondere aber in kälteren Gegenden für sehr schnelle Energiezufuhr von großem Vorteil ist. Aber schon seit Zehn- und Hunderttausenden von Jahren spielte die Süße von Früchten und Homig in der menschlichen Geschichte immer ein große Rolle als wichtiger Energielieferant, auch zum Anlegen von Depots im Körper als Reserven für damals häufige schlechte Zeiten - genau das macht uns aber bei unserer heutigen, enorm zuckerlastigen Ernährung leider sehr zu schaffen! Unsere Vorfahren aber haben noch bis vor zwei Generationen i. d. R. körperlich viel härter arbeiten müssen, als wir heute, und sich diese Kalorien viel leichter und gesünder wieder abgearbeitet.

Viele Grüße,
Jürgen

Hallo Jürgen,
auch das was Du schreibst ist einleuchtend. Man brauchte ja damals, um bei
Kräften zu bleiben, eine gehaltvolle Nahrung. Die Schlesische Küche hat auch
die Kombination süß und fett gehabt, siehe "Himmel und Erde", d.h. Blutwurst
mit süßem Apfel. Richtig scheint mir nach allen Kommentaren zu sein, dass es
eine "typisch Mecklenburgische Küche" überhaupt nicht gab.
Es gibt in Norddeutschland durchweg den Grünkohl mit allerlei speziellen
Wurstsorten. Ich liebe dieses Gericht. Habe es auch in Schwerin probiert und
fand es nicht gut. Vermutlich hat es in Mecklenburg keine Tradition, ähnlich
wie in Bayern.
Aber nun kommen wir vom Thema "Genealogie" wohl zu weit ab.
Viele Grüße
Bernd