Originally published at: MAITHINK X über: "Gefährliche Gentests?" • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)
Auf äußerst unterhaltsame Weise beschäftigt sich die Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim am 13.3.2022 in „MAITHINK X – Die Show“ in ZDFneo kritisch mit dem Angebot von Gentests für die Familien- und Ahnenforschung von Firmen wie 23andMe, Ancestry oder MyHeritage. Damit will sie besonders junge Menschen mit Fakten ansprechen und davor warnen, den Versprechungen der DNA-Testanbieter zu glauben. Stattdessen, so schlägt sie am Ende vor, sollten sie sich doch lieber als Stammzellspender z.B. bei der DKMS (Deutsche Knochenmarkspenderdatei) typisieren lassen. Damit könnten sie Menschen helfen, die an einer Blutkrebserkrankung leiden.
Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, CC BY-SA 3.0, Foto: Viet Nguyen-Kim
Wie funktioniert das mit den Gentests?
Im Beitrag werden zunächst die Meilensteine der Genforschung von Gregor Mendel bis zu Francis Crick und James Watson, die die Doppelhelix unserer DNA modellierten, beschrieben. Im Human Genom Project wurden die relevanten Teile des Genoms entschlüsselt. Über 99 % des Genoms ist für alle Menschen gleich. Die Unterschiede an bestimmten Stellen, den sogenannten „Snips“ (eigentlich SNPs von engl. Single Nucleotide Polymorphism), entstehen durch Austausch einer Base. Diese Snips machen die meisten genetischen Unterschiede von Mensch zu Mensch aus.
In den Gentests der oben genannten Firmen werden nur ausgewählte Stellen mit Snips untersucht, weswegen die Aussagen über Eigenschaften oder Anfälligkeiten für Krankheiten entsprechend ungenau sind. Trotz großer Testmengen treffen diese statistischen Ergebnisse keine Individualaussagen. „Zeig mir deine Gene und ich sag dir, wer du bist“ ist nach Meinung von Mai Thi Nguyen-Kim nur ein Marketingtrick. Auch die angebotenen Herkunftsanalysen seien entsprechend ungenau.
Nutzen für die Erforschung der Verwandtschaft und erblich bedingter Krankheiten
Die Verwandtschaftsforschung mit Hilfe der DNA-Tests funktioniert allerdings sehr gut, was anhand der Aufklärung des Kriminalfalles des „Golden State Killers“ erläutert wird. Wenn nur ca. 2 % einer Bevölkerungsgruppe in einer DNA-Datenbank vertreten sind, reicht dies aus, um den ganzen Rest über bereits vorhandene Daten zu identifizieren. Da DNA-Genealogie in den USA sehr angesagt ist, trifft dies jetzt schon für 60 % der europäisch-stämmigen Amerikaner zu. Doch: Je größer die Zahl der Getesteten wird, umso weniger privat ist das Genom des Einzelnen.
Aber gleichzeitig ist der Nutzen für die Menschheit größer, wenn erbliche Krankheiten oder Umwelteinflüsse auf die Gesundheit in großen Bevölkerungsgruppen besser verstanden werden. Forschungen dazu werden mit den anonymisierten Daten der UK Biobank angestellt. Hier haben allerdings bisher nur eine halbe Millionen Freiwillige ihre Gendaten bestimmen lassen – ein Bruchteil dessen, was 23andMe und andere Genealogiefirmen gespeichert haben.
Informationen zur DNA-Genealogie
Wer die Ausstrahlung in ZDFneo verpasst hat, oder das halbstündige Video der Sendung „MAITHINK X – Die Show“ am PC schauen will, kann es in der ZDF-Mediathek noch bis zum 19.3.2024 aufrufen. Lesenswert sind unbedingt auch die Quellenverweise für die in der Sendung gemachten Aussagen – dazu bitte auf der ZDF-Seite weiter nach unten scrollen.
Wer mehr über DNA-Tests und die Auswertung der Ergebnisse für die Ahnenforschung erfahren will, kann sich im GenWiki des Vereins für Computergenealogie informieren, auf YouTube das Video des Vortrags von Norbert Bohrmann anschauen oder/und sich in der Facebook-Gruppe „DNA-Genealogie auf Deutsch“ an den Diskussionen beteiligen. Auch hier im Blog sind Eure eigenen Erfahrungen mit der DNA-Genealogie als Beiträge willkommen!
Nachtrag vom 17.3.2022: Eine weitere Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch ist die Teilnahme an der Umfrage der Redaktion der COMPUTERGENEALOGIE zur DNA-Genealogie. Auch wer noch keinen Test gemacht hat, ist gefragt, mitzumachen.