Johann Paul Wilhelm Walther

Liebe Listige,

1760 wurde Hamburg von den Dänen besetzt (wikipedia) und entsprechend zur Kasse gebeten. 1806 übernahmen Napoleons Truppen das Szepter (wikipedia). Wo finde ich Information zu den dazwischen liegenden 46 Jahren?
Mein 4xUrgroßvater, Johann Paul Wilhelm Walther, ein Waise, kam um die Jahrhundertwende angeblich „mit größeren Truppenverschiebungen, auf einem Marketenderwagen“ (mündl. Überlieferung) von Hamburg nach Weimar. Belegen kann ich das bislang nicht, bin aber auf der Suche. In einer der Stammrollen der Kompagnie des Hauptmann von Germar wird 1811 sein Alter mit 16 Jahren, 5 Monaten angegeben, Wilhelm sei 1809 rekrutiert worden. Das 1811 angegebene Alter legt also sein Geburtsjahr auf ca 1794/5. Sollte sich dieses Alter auf den Moment seiner Rekrutierung beziehen, so wäre er um 1792/3 geboren. In seiner Heiratsurkunde (Weimar) sind leider weder seine Eltern noch sein Geburtsort notiert. Wilhelm wurde 1820 Schlossvogt in Jena und starb dort 1854. Eine angeblich von ihm selbst verfasste Chronik ist verschollen, vielleicht sogar dem Feuersturm (1945) auf Jena zum Opfer gefallen. Derzeit bin ich dabei, in Archion sämtliche Kirchenbücher Hamburgs und Umgebung in einer Zeitspanne zwischen 1790 und 1800 zu durchforsten. Wenn eine/r von Euch eine weiterführende Idee hat, wüsste ich die gern. Mir fällt sonst nur noch ein, ein Medium zu befragen… :stuck_out_tongue_winking_eye:
Vielen Dank schon mal im Voraus für Eure Unterstützung.
Gruß,
Ute (Grünewald)

Hallo Herr Grünewald,

Mein allererster Gedanke würde in Richtung Stadtarchiv Hamburg gehen. Die sollten doch eigentlich jede Menge über diese besagten 46 Jahre wissen. Stichwort Truppenbewegungen, Evakuierungen (vielleicht gibt es sogar Listen darüber?), Füchtlingswellen. Dann natürlich die ganzen Unterlagen - sofern noch vorhanden - über die damaligen Waisenhäuser evtl. Über die Waisen die dort untergebracht waren.

Den nächsten Gedanken, den ich hätte, wäre das Staatsarchiv HH (sollte es so was geben, vielleicht heißt es auch „Landesarchiv“) zu konsultieren. In beiden Archiven sitzen Fachleute, die auch die lokalen Bestände aus dieser Zeit kennen und Sie entsprechend beraten können.

Schließlich gibt es in vielen Regionen Deutschlands (regionale) Kriegsarchive. Auch die haben oftmals sehr interessante Unterlagen für Familien- und Heimatforscher. Allerdings muss man dazu die Bezeichnung kennen, die in dieser Zeit im Raum HH tätig war.

Nun hat Ihr 4-Urgroßvater leider einen „Allerweltsnamen“. Ist/War es in Hamburg üblich einem Kind 3 Vornamen zu geben? Das wäre hier in Bayern nur bei adeligen Kindern der Fall. Sie schreiben zwar das „Wilhelm“ in Fettschrift, aber danach noch Walther. Was ist denn nun der Familienname?

Allzeit viel Forschererfolg wünscht nebst einem schönen Nachmittag

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Peren

Hallo Herr Peren,
zunächst einmal vielen Dank für die konstruktiven Ratschläge.
Der Familienname meines 4xUrgroßvaters war Walther. Johann Paul Wilhelm sind die Vornamen, und von denen war Wilhelm sein Rufname. Ob es in HH üblich war, 3 Vornamen zu geben, weiß ich nicht, da er der einzige in meiner Familie ist, der - mutmaßlich - aus HH stammt. In Thüringen, woher der Hauptteil meiner Familie stammt, und auch in Südniedersachsen, finden sich oft 3 und mehr Vornamen, ohne dass eine Zugehörigkeit zu einem Adelsgeschlecht besteht. Ich dachte immer, das hätte mit den Paten zu tun.
Während ich weiterhin die Kirchenbücher von Hamburg und Umgebung durchackere, werde ich mal Ihren Anregungen folgen und die verschiedenen Archive in HH abklappern.

Gruß,
Ute (Grünewald)

Hallo,

Hamburg war nie dänisch besetzt, auch nicht 1760. Der letzte dänische Belagerungsversuch wurde 1686 abgewehrt. Auch die immer wieder aufgestellte Behauptung, Holstein sei dänisch gewesen, ist haltlos. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Dänemark hatte seit 1460 durchgehend bis heute deutsche Könige aus dem Haus Oldenburg, auch wegen der Pfandschaften der Grafen von Holstein, deren Erbtochter einen Oldenburger geheiratet hatten. Diese Pfandschaften, die u. a. das dänische Herzogtum Schleswig betrafen, führten zur Zusammenrottung der Schleswiger und Holsteiner zu einem ungeteilten Gebiet aus zwei Herzogtümern. Die Reichsgrenze lag aber weiterhin mitten in diesem Gebiet, hauptsächlich gebildet durch die Eider bei Rendsburg. Dieses teils deutsche und teils durch Deutsche beherrschte Gebiet wurde zwar von Kopenhagen aus regiert, aber durch eine gesonderte Deutsche Kanzlei. Dänemark wurde gleichzeitig mittels deutscher Beamter, sonderlich die Grafen Bernstorff, Rantzau, Saldern, Struensee usw. beherrscht. Auch die Schaffung eines Gesamtstaates sollte diesen Zustand letztlich festigen, wenn auch unter dem Etikett Dänemark. Grund dafür waren auch althergebrachte dynastische Aufteilungen Schleswig-Holsteins (ursprünglich Königlich, Gottorf und abgeteilter (Johann); letzterer wurde gemeinsam von König und Gottorf verwaltet; im königlichen Anteil entstanden immer wieder Teilfürstentümer für weitere Söhne, Gottorf hat eine Seitenlinie in Eutin (Fürstbischöfe von Lübeck) gehabt. Bei der großen Neuordnung mit der Gottorferin Katharina II von Rußland (Abstammung 1/4 Anhalt-Zerbst, 3/4 Gottorf) bekam der dänische König die Stammlande Gottorfs, die Eutiner Gottorfs die Grafschaft Oldenburg und Delmenhorst und Hamburg die seit Ewigkeiten strittige Anerkennung es dänischen Königs als Herzog von Schleswig, Holstein, Stormarn und der Dithmarschen, dass es nicht zum Herzogtum Holstein gehört.

Der dänische König herrschte also in Personalunion als Herzog bis vor die Tore Hamburgs. Er hat aber Hamburg nicht besetzt. Vergleichbar für Schleswig-Holstein mit der Personalunion Großbritanniens mit dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg/dem Königreich Hannover. Da behauptet auch keiner, dass Hannover seinerzeit englisch besetzt gewesen wäre.

Soviel dazu.

Ansonsten ist deinen Ausführungen nicht im geringsten zu entnehmen, woraus sich eine Herkunft aus der Freien und Hansestadt Hanburg im damaligen Gebietsstand (also ohne die 1937 Hamburg zugefallenen Städte Altona, Wandsbek, Harburg nebst einigen Dörfern, aber noch mit Cuxhaven, Geesthacht und Großhansdorf) ergeben sollte. Auf einem Marketenderwagen um die Jahrhundertwende 1799/1800, der von Hamburg nach Weimar fuhr, mitgefahren zu sein, belegt erst einmal gar nichts. Hamburgische Truppen werden es nicht gewesen sein, die Truppe unter einem Oberstleutnant war völlig bedeutungslos und zog auch nicht im Reichsgebiet umher. Wahrscheinlich hatten die nicht einmal Marketenderwagen, sondern waren eher Besatzung der Stadttore, des Schlosses Bergedorf, der Befestigungen in Ritzebüttel und der Festung Neuwerk.

Aus den Namen Deines Vorfahren ergeben sich auch keine Anhaltspunkte, da es sich um einen Allerweltsnamen handelt. Hört sich eher nach den sächsischen Herzogtümern an. Größere Truppenverschiebungen nach Weimar hören sich eher nach Rückkehr an, als nach Invasionstruppen.

Auch die Altersangabe ist mit Vorsicht zu genießen, da sich Rekruten, um angenommen zu werden, sich als älter ausgaben. Oder die Werber taten dies, um bürokratisch einen vollwertigen Rekruten abrechnen zu können.

Wie sieht es denn mit den Taufpaten seiner Kinder aus?

Mit freundlichen Grüßen

Arne Nilsson

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Hallo Arne,

vielen Dank für Deinen Beitrag.

Bezüglich der dänischen Besetzung Hamburgs hab ich da wohl etwas falsch verstanden. Danke für die Richtigstellung.

Die - mutmaßliche - hamburger Abstammung von Wilhelm ist eine mündliche Überlieferung, die auf den von seiner Urenkelin verbreiteten Informationen basiert. Ich habe leider nichts Greifbareres in der Hand.

Du kennst sicher das Spiel „Stille Post“. Vielleicht hat da seine Enkelin auch etwas gehört und falsch wiedergegeben. Sie will Wilhelms Chronik gesehen, aber nicht gelesen haben.

Die Taufpaten seiner Kinder, die ich ermitteln konnte, stammen aus Weimar (Garnisongemeinde) und Jena. Das wäre aber auch weniger verwunderlich, wenn Wilhelm als Halbwüchsiger nach Weimar gekommen wäre.

Ich geb zu, das klingt alles etwas an den Haaren herbeigezogen. Hinzu kommt, dass 1794 ein Johann Wilhelm Paul WALTHER in Buttelstett (Kirchenkreis Weimar) geboren wurde. Vielleicht ist die Geschichte mit dem Marketenderwagen ja eine Erfindung? Wenn ja, warum? Oder Wilhelms Geburt wurde mit dem Rückmarsch der thüringischen Truppen nach den Befreiungskriegen verwechselt…Theorien gibt es wie Sand am Meer.

Fragen über Fragen. Na, wie dem auch sei: es bleibt spannend!
Viele Grüße
Ute (Grünewald)

Hallo Ute,

vielleicht von Interesse: Haertel, Friedl: Die Vorfahren des weimarischen Hoflakaienehepaars Walther
In: Mitteldeutsche Familienkunde 4/1982, S.197-261 und 2/1983, S. 311-337 - liegt mir nicht vor.

Gruß
Andreas (Meininger)

Sehr geehrte Frau Grünewald,

Sollte sich hier niemand melden, der diesen von Andreas Meininger soeben zitierten Band besitzt, können Sie die diesen über die nächstgelegene fachlich geleitete Bibliothek über die sogenannte Fernleihe besorgen. Wenn es nur wenige Seiten sind, als Kopie, ansonsten als ganzen Band (#7)

Diesen Zeitschriftenband haben deutschlandweit ganz viele Bibliotheken. Vielleicht wohnen Sie sogar in einer dieser Städte und Sie können zu Fuß dort hin gehen und sich das vor Ort durchlesen oder kopieren.

Hier die Liste, der Bibliotheken, die den Band 7 haben:

Allzeit viel Forschererfolg wünscht nebst einem schönen Abend

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Peren

Guten Abend Herr Peren,

hab mich sofort nach der entsprechenden Veröffentlichung umgetan: der Beitrag ist in insgesamt 4 Ausgaben der Mitteldeutschen Familienkunde enthalten, nämlich in 1982/4, 1983/1, 1983/2 und 1983/3. Die ersten 3 Hefte kann ich direkt vom Degener Verlag erwerben, aber leider gibt es für das letzte, 1983/3 kein Lieferdatum (ist nicht mehr lieferbar). Ihr Vorschlag, per Fernleihe Einsicht zu bekommen, ist sinnvoll, aber leider nicht einfach durchführbar, da ich nicht in Deutschland wohne. Ich merk es mir aber auf jeden Fall für meinen nächsten Besuch in Deutschland vor. Dabei ist mir die Liste der diese Publikation führenden Bibliotheken, die Sie mir geschickt haben, sicherlich sehr hilfreich.

Vielen Dank.
Ute (Grünewald)

Guten Abend Andreas,

vielen Dank für den Hinweis. Der von Dir genannte Artikel erstreckt sich auf mehrere Hefte der Mitteldeutschen Familienkunden. Werde versuchen, beim nächsten Besuch in Deutschland (ich wohne im Ausland) irgendwie die entsprechenden Hefte aufzutreiben, möglicherweise in einer der beiden benannten Bibliotheken in Hamburg.

Gruß,
Ute

Hallo, Ute,

Deine Nachricht ist sehr interessant für mich. Mein Mann stammt aus einer Walther-Linie, die über mehrere Generationen in Altona (Hamburg) gelebt haben. Es gibt mehrere Altonas, in meinem Fall ist es aber eindeutig der heutige Hamburger Bezirk und Stadtteil Altona.

Das erstaunliche ist, dass in unserer Familie auch eine vage Info kursierte, dass es in früheren Zeiten eine familiäre Verbindung in die Region Sachsen / Thüringen oder umzu gegeben haben soll. Mein Schwiegervater hat sogar vor langer Zeit mal einen Forscher angeschrieben, dabei ging es auch um ein Familien-Wappen, aber meines Wissens hat sich daraus nichts ergeben. Ich hatte deshalb diesen Aspekt in die Märchen-Schublade gepackt und nicht weiter beachtet. Aber wo Du jetzt etwas Ähnliches erwähnst, bin ich doch neugierig geworden. Vielleicht können wir uns gegenseitig weiterhelfen, deshalb weiter unten eine Kurzform meiner Walther-Daten.

Vorab ein paar Anmerkungen:

Vor und um ca. 1800 variiert die Schreibweise in meinen Dokumenten als Walther oder Walter*) . Da es früher keine festen Schreibregeln gab, und man meist so geschrieben hat, wie man es gehört hat (oder wie man dachte, es sei richtig), sollte man solch eine Namensvariante nicht überbewerten, meine ich.

Mir liegen zu allen Personendaten standesamtliche bzw. kirchliche Dokumente vor, teils sind dies Registerauszüge. Sie wurden in den 1940er Jahren von einem Mitglied der Walther-Familie angefordert, vermutlich aufgrund einer Vorschrift, da er Lehrer war, als sogenannter Arier-Nachweis.

Die erste Person auf meiner u.a. Liste, der Schiffszimmermann Martin Walther, ist der Urgroßvater meines Mannes, die dann folgenden Personen sind seine direkten Vorfahren:

Hallo Ingrid,
das wär ja supermegaextraklasse, wenn wir da tatsächlich über eine Verbindung der beiden Familien stolpern würden…

Ich schick Dir mal eine Zusammenfassung des Lebenslaufs von (Johann Paul) Wilhelm Walther, so wie ich ihn anhand seiner Korrespondenz mit dem Hofmarschallamt in Weimar habe zusammenstellen können. Als Nebenprodukt hab ich mal eine Krankengeschichte erstellt, bin allerdings nicht medizinisch ausgebildet.

Wenn Du mir die Liste „Deiner“ Walt(h)ers schicken könntest, und ich schick Dir die von „meinen“, vielleicht ergibt sich ja etwas… Aus dem Text Deiner Nachricht in discourse sehe ich, dass Du eine Liste angefügt hast, aber irgendwie finde ich die nicht in discourse.

Freu mich jetzt schon auf Deine Antwort!
Viele Grüße
Ute
Nachfahrenliste Wilhelm Walther.pdf (267,6 KB)

JPW Walther Zeitablauf.pdf (141,3 KB)
Krankengeschichte Johann Paul Wilhelm Walther.pdf (48,4 KB)

Hallo Frau Grünewald,

Es gibt auch die

International lending cooperation of libraries

Die funktioniert weltweit, allerdings fallen relativ hohe Gebühren an, sobald es keine Kopien mehr sind (Versicherung, Transportkosten hin und zurück, Zollformalitätsgebühren etc.) und die internationale Fernleihe machen in aller Regel nur sehr große Bibliotheken.

Wenn ich das aber richtig einschätze, könnte es sein, dass der gesuchte Artikel unter 20 Seiten ist und dann wird in aller Regel kopiert und nur die Kopie verschickt, One-Way, somit wenn überhaupt nur einmal Transportkosten. Fragen Sie doch mal in Ihrer nächstgelegenen fachlich geführten Bibliothek, ob die Internationale Fernleihe machen (läuft dann von der Kleinstadtbibliothek über die nächste Landes- oder Universitätsbibliothek; d.h. Kleinstadtbibliothek fragt bei der zuständigen Großbibliothek an, ob die Kleinbibliothek was bei denen aus dem Ausland bestellen dürfen - meist dürfen die kleinen das durchaus, viele wissen es aber nicht und haben auch extrem selten einen entsprechenden Bedarf), dann bestellt die ausländische Unibibliothek das in Deutschland und wenn die das dann bei sich haben, schicken die das an die Kleinbibliothek weiter. Das ist über die IFLA, den internationalen Bibliotheksverband weltweit so geregelt.

Möge es helfen und viel Erfolg wünscht nebst einer guten Nacht

Mit freundlichen Grüßen

Alexander Peren

Sehr geehrter Herr Peren,

von dieser Möglichkeit wusste ich noch gar nichts! Vielen Dank für diesen Tipp. Ich frag gleich am Montag mal bei der lokalen Bibliothek an.

Ein schönes Wochenende wünscht
Ute (Grünewald)

Nicht vergessen nach den Kosten zu fragen!

Viel Erfolg wünscht

Alexander Peren

Hab ich mir ganz oben auf die Aufgabenliste gesetzt! Danke,

Hallo, liebe Listenleser,

ich hatte Ute schon detailliert geantwortet, habe aber jetzt festgestellt, daß meine Nachricht unvollständig rübergekommen ist. ich schicke sie deshalb hiermit nochmals raus und hoffe, daß sie diesmal vollständig ankommt. Mit Ute bin ich inzwischen bereits im direkten Kontakt, aber vielleicht haben ja noch andere Listenleser zu meinen Walther aus Altona (Hamburg) / Ottensen / St. Pauli. Informationen oder auch Fragen. In jedem Fall würde ich mich dann über eine Nachricht freuen.

Mit besten Grüßen

Ingrid (Kruse-Walther)

Hier meine frühere vollständige Nachricht: