Fritz Gause: Die Russen in Ostpreußen 1914/1915

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die ostpreußische Bevölkerung aufgerufen, Berichte über Greueltaten der Russen an eine Kommission zu senden, welche diese verwertete. Herausgekommen ist ein erstaunlich sachlicher Band über diese Zeit. Diese Kommission bemühte sich redlich die Taten objektiv darzustellen und verwies nicht selten darauf, daß ähnliche Taten auch auf deutscher Seite vorgekommen seien. Jedes Detail wird berichtet, ob die russischen Besatzungstruppen die Brote beim Bäcker bezahlt haben oder ob geplündert wurde, es ist von Armbrüchen die Rede, weil ein Deutscher vor Schreck vom Pferd fiel, aber auch offensichtlich grundlose Ermordungen der Bevölkerung ganzer Dörfer. So ist dieses Werk entstanden:

Fritz Gause (Bearb.): Die Russen in Ostpreußen 1914/1915 (Königsberg i.Pr.: Gräfe und Unzer, 1931)

Vorworte von Dr. Blunk, Landeshauptmann d. Prov. Ostpreußen, Albert Brackmann, Generaldirektor d. pr. Staatsarchive, Professor an der Univ. Berlin, vormals Leiter d. Provinzialkommission für ostpr. Kriegsgeschichte, sowie von Fritz Gause, Studienrat am Städt. Goethe-Oberlyzeum in Königsberg.

Aus dem Inhalt:
1. Die ersten Tage
Kriegspsychose, Mobilmachung, Liebestätigkeit, Spionenjagd, Gerüchte über russische Greueltaten, Stimmung bei den Russen, Haß gegen den Kaiser, Verhalten gegen das Land und die Bevölkerung, gegen Polen und Masuren.

2. Die Flucht
Räumung der Städte, Ausschreitungen der Flüchtlinge, war die Flucht notwendig?, Verhältnis zwischen Zivil- und Militärbehörden, das Schicksal der von den Russen eingeholten Flüchtlinge, Flucht im Winter, Bergung des Viehs, Fürsorge für die Flüchtlinge, Flucht aus Memel, Vergleiche mit der Flucht der Bevölkerung in Frankreich.

3. Unter russischer Herrschaft
Erlasse der russischen Befehlshaber - gutes Verhalten der Russen, Sorge für Disziplin, Strafen im russischen Heer, Unsauberkeit und Unordnung - die russische Verwaltung, Maßregeln zum Schutz gegen Verrat, Sabotage, Requsitionen und Kontributionen, Verhalten gegen Staatseigentum, Heranziehung der Bevölkerung zu Fuhr- und sonstigen Diensten, Fürsorge für die Bevölkerung, deutsche Behörden unter russischer Herrschaft, Aufrechterhaltung der Ordnung, Zustände auf dem Lande, Hoffnung auf Befeiung.

4. Plünderung und Brandstiftung
Mangelhafte Disziplin bei den Russen, Plünderung in bewohnten/unbewohnten Häusern, in Läden und Gastwirtschaften, Zustand der ausgeplünderten Häuser, Beraubung von Personen, Erpressungen, Kriegstrophäen, Plünderung durch Kolonnen, Kenntnis der russischen Heerführer von den Plünderungen, der Baranow-Bericht, Plünderung durch Zivilpersonen aus Russland, Beteiligung von Offizieren, Plünderung durch deutsche Truppen?, Plünderung im Winter, Zerstörung und Brandstiftung aus militärischen Gründen, Vorgehen der Russen bei Brandstiftungen, Gründe für Brandstiftung, Verluste an Kunstschätzen in Kirchen und Schlössern.

5. Greueltaten
Greueltaten, die zurückzuführen sind auf: Verbindung mit deutschen Patrouillen, Geheime Telefonverbindungen, Lichtsignale, Glockenläuten, Brände, Flucht vor Sabotage, Misstrauen gegen Leute, die fortliefen oder sich versteckten, bei denen verdächtige Gegenstände gefunden wurden, (Fernglas, Karte, Notizbuch, Uniformen oder Uniformteile, Waffen und Munition in Häusern, in der Kleidung, Militärpapiere). Männer in wehrpflichtigen ..., Männer, bei denen zusätzlich Uniformstücke gefunden wurden, Greueltaten, die dadurch veranlasst worden sind, daß die Russen von der Bevölkerung beschossen glaubten, hat es in Ostpreußen einen Franktireurkrieg gegeben? Greueltaten, die aus der Kriegspsychose erwachsen sind, beim Vormarsch, beim Rückzug, beim Oktobervorstoß und beim zweiten Einfall im Winter, Greueltaten, die aus der Schwierigkeit der sprachlichen Verständigung zu erklären sind, Greueltaten, die gänzlich unerklärlich sind, Sittlichkeitsverbrechen, Greueltaten beim Vorstoß auf Memel, Widerlegung von Greueltaten, Abschließende Bestrafung.

6. Die Leiden der Verschleppten
Gründe für die Verschleppung, Die Gefangennahme, Der Transport zur Sammelstelle, Greueltaten. Systematische Fortführung der Bevölkerung beim zweiten Einfall, Allgemeine Verordnung und ihre Durchführung, Ausweisung aus dem besetzten Gebieten, Verschleppung, Transport zur Sammelstelle, Verschleppung beim Vorstoß auf Memel, Zahl der Verschleppten, Krankheiten und Todesfälle. Stimmung der Bevölkerung, Die Arbeit der Komitees, Das Verhalten der Behörden, das Eingreifen der Vereinigten Staaten, Fremdnationale Aggressionen unter den Verschleppten, Hilfe durch die deutsche Regierung, Liebesgabentransporte, Schweden als Schutzmacht, Das Leben der Verschleppten in den Städten, Postverbindung, Schulwesen, Kirchliche Versorgung, Das Leben auf den Dörfern, Die Revolution, Die Heimkehrer, Verhandlungen, Frühere Freilassung und Austausch, Heimkehr auf eigene Faust, Der geregelte Abtransport, Im deutschen Etappengebiet, In der Heimat.

Mit ausführlichen Anmerkungen zu jedem Kapitel (S. 283 - 364), Verzeichnis der benützten Akten (Pr. Ministerium des Inneren / Pr. Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten / Reichsarchiv Potsdam / Zentralnachweiseamt für Kriegsverluste und Kriegergräber in Berlin / Brändström-Archiv in Berlin von Frl. Dr. Margarete Klante / Oberpräsidium, Provinzialverwaltung und Konsistorium der Prov. Ostpreußen / Oberlandesgericht, Generalstaatsanwaltschaft, Staatsarchiv und Staatsbibliothek Königsberg / Akten aus den Kreisen Johannisburg, Lötzen, Ortelsburg, Rössel, Lyk, Sensburg und Stallupönen / Provinzialkriegsarchiv beim Staatsarchiv Königsberg / Behördenberichte und Verschleppten-Akten / Sammlung R. Ludwig (Staatsförster i.R. mit 20 Förster-Berichten), ausführliches Literaturverz. (enthält das gesamte Schrifttum über den Krieg in Ostpreußen auf den S. 372 - 413), Sammlungen von Feldpostbriefen, Zeitungsartikeln u.a.m., Berichte von Mitkämpfern und Kriegsberichterstattern, fremdsprachige Literatur bzw. Übersetzungen, verschiedene Werke, Zeitschriften, Literaturverzeichnisse und Sammlungen, Sammelwerke (Flucht und Fürsorge für die Flüchtlinge, Tätigkeit der Behörden, Kirchliches, Liebestätigkeit, Einzelerlebnisse und Reiseberichte, Kriegsgreuel und Kriegsschäden, Verhalten der Russen, Wirtschaftliches sowie Einzelheiten über die jeweiligen betroffenen Landschaften und Orte (in alphabetischer Folge), literarische Darstellung (Romane, Erzählungen, Dramen und Gedichte), Personenregister (S. 414 - 416) u. Ortsregister (S. 417 - 425).

Die insgesamt 43 Foto-Abbildungen auf 13 Kunstdruckseiten zeigen teilweise ganzseitig: Tannenberg - National-Denkmal nach einer Radierung von Prof. Heinrich Wolff (Königsberg Pr.) / Flüchtlinge auf dem Marktplatz in Heilsberg / Flüchtlinge auf der Chaussee Lötzen-Angerburg / Von den Russen gesprengte Eisenbahnbrücke Friedland / Einzug einer Kosakenabteilung in Lyk am 19. August 1914 / Russische Parade auf dem Marktplatz in Insterburg / Bekanntmachung von General von Rennenkampf beim Einmarsch der Russen an alle Einwohner Ostpreußens / Förstererlaß von Rennenkampfs / Vier Kriegsbürgermeister (jeweils deutscher Gouverneur von Insterburg - Gumbinnen - Angerburg - Rößel) / Bekanntmachung von Dr. Max Bierfreund (Gouverneur von Insterburg) sowie Kommandatur-Befehl von ihm vom 27. August 1914 / Oberbürgermeister Pohl (Tilsit) / Bekanntmachung des russischen Kommandanten in Tilsit, u.a. wegen Ablieferung von Privatfahrrädern / Bekanntmachung vom Oberbürgermeister von Allenstein (27. August 1914) / Quittung für die von der Stadt Rastenburg gezahlte Kontribution vom 20. August 1914 über 22.000 Mark / Bahnhof Lyk mit russischen Soldaten / Russische Stellung bei Staßwinnen Kreis Lötzen / Von den Russen zerstörte Kaiserbilder im Landratsamt Ortelsburg / Von den Russen zur Wegschaffung abmontierte Maschinen im Elektrizitätswerk Prostken / Von den Russen aus Ostpreußen fortgebrachte landwirtschaftliche Maschinen auf einem Gut bei Filipowo / Altar der Kirche in Szabienen mit den von den Russen abgebrochenen und zur Wegschaffung bereitgestellten Figuren / Gestohlenes deutsches Eigentum (Geweih aus dem Jagdschloß Rominten, Bild aus dem Offizierskasino Goldap, Fahne der Goldaper Schmiedeinnung) in der Wohnung eines russischen Offiziers in Suwalki Februar 1915 / Gestohlenes Gut in einem erbeuteten russischen Eisenbahnwagen Februar 1915 / Heimkehrende Flüchtlinge vor ihrem zerstörten Haus in Groß-Rominten / Schmiede auf dem zerstörten Rittergut Degesen Kreis Stallupönen / Das zerstörte Schirwindt, im Hintergrund die russische Stadt Wladislawo / Das zerstörte Goldap / In der Winterschlacht gefangene Russen auf dem Marktplatz in Stallupönen / Das von den Russen verbrannte Groß-Rominten / Przykopp bei Milken, Kreis Lötzen (Luftaufnahme) / Das zerstörte Gerdauen / Das zerstörte Domnau / Das zerstörte Dorf Schwiddern bei Bialla / Vier Todespfer der russischen Invasion (Hotelbesitzer Reblin, einer der vier Bischofsburger Geiseln / Landschaftsrat Maul, von den Russen ermordet in Ballupönen / Pfarrer Werner (Santoppen) von den Russen erschossen am 28. August 1914 / Oberförster Graeff (Puppen), von den Russen in Insterburg erschossen) / Denkmal in Abschwangen (der stehengebliebene Schornstein eines abgebrannten Hauses), errichtet 1925 zum Andenken an den 29. August 1914 / Hinrichtungsstätte und Grab der in Almenhausen erschossenen Zivilpersonen, Massengrab erschossener Zivilpersonen bei Kruglanken / Memel, ermordete Zivilisten und im Straßenkampf gefallenen Soldaten März 1915.

Mit freundlichen Grüßen
Th. Salein