Wenn man sie sich genau anschaut, kann einem nicht entgehen, da� die erw�hnte Rezension des Autors des Ostpreu�enblatts von 2002 �ber das Buch des d�nischen Autors Ipsen vor Vorurteilen, Ressentiments und Ablehnung gegen�ber den d�nischen Nachbarn nur so trieft und sehr widerspr�chlich und zwiesp�ltig ist. Einserseits schreibt Hans-Joachim von Leesen, die Verh�ltnisse in D�nemark seien human gewesen und es m�sse anerkannt werden, da� das Vier-Millionen- Volk der D�nen sich bem�ht habe, alle 250 000 deutschen Fl�chtlinge solange unter einigerma�en humanen Bedingungen �ber die Zeit zu bringen, bis sie in ihr Vaterland zur�ckkehren konnten. Andererseits - bermerkt er weiter - bleibe bei ihm bei der Lekt�re des Buches ein merkw�rdiges Gef�hl zur�ck, und zwar der Eindruck, da�
die D�nen kein Verst�ndnis gehabt h�tten f�r das Schicksal der deutschen Fl�chtlinge, die in ihren Augen Feinde geblieben seien. Der Autor des Ostpreu�enblatts wirft den D�nen Zwiesp�ltigkeit und Doppeldeutigkeit in ihrer "Einstellung zum Zweiten Weltkrieg" vor. Er kritisiert, da� D�nemark noch immer davon spricht, das Land sei 1940 von Hitler-Deutschland heimt�ckisch �berfallen worden, und er wirft die aberwitzige Frage auf, ob es etwa f�r Deutschland damals gar keine andere Wahl gab, als das Land zu besetzen. Solches Denken - mu� man dem entgegenhalten - war im stalinistischen Ostblock gang und gebe, wenn die Genossen zum Heil des Landes das Brudervolk und den gro�en Diktator zum Einmarsch "einluden", wie damals in der Tschechoslowakei. Im Ostpreu�enblatt ist also von der Vergangenheitsbew�ltigung einer Diktatur nicht viel zu bemerken. Aus diesem Bild der Geschichte leitet sich dann die Behauptung ab, die b�sen unbelehrbaren d�nischen Beh�rden h�tten den �rzten und Krankenh�usern des Landes verboten, deutschen Fl�chtlingen medizinische Hilfe zu leisten und diesen "unmenschlichen Anordnungen" seien tausende von kleinen Kindern zum Opfer gefallen.
Dies ist ein infamer Vorwurf an die d�nischen Nachbarn, der einer Pr�fung nicht standh�lt, da er mit den Tatsachen und auch mit dem historischen Kontext und Hintergrund wenig zu tun hat.
1. D�nemark war von Hitler-Deutschland �berfallen worden und jahrelang besetzt. Im Mai 1945 befanden sich neben den 245 000 deutschen Fl�chtlingen noch 250 000 deutsche Soldaten in dem kleinen Land. Das Land wurde ausgepowert. Die d�nische Wirtschaft wurde abgesch�pft und das Land vom deutschen Milit�r als gro�es Lazarett benutzt, wo deutsche Soldaten von ihren Verwundungen an den Fronten genesen und sich erholen konnten. Beim Ansturm der deutschen Fl�chtlinge ab Anfang 1945 wurden �ber das bisherige Besatzungsregime hinaus zahlreiche Schulen und �ffentliche Einrichtungen D�nemarks von den deutschen Besatzungsbeh�rden beschlagnahmt, so da� die D�nen in gro�e Schwierigkeiten kamen. Es konnte daher nicht erwartet werden, da� die �berfallenen und ausgenutzten D�nen nun den Deutschen wohlgesonnen sind und sich als Retter der durch eigene Schuld in Schwierigkeiten geratenen Deutschen auserkoren sehen, nachdem deren gro�e Eroberungspl�ne schief gegangen waren. Der letzte deutsche Befehlshaber in D�nemark, Ostfrontgeneral Lindemann, hatte mit den Fl�chtlingen wenig im Sinn, denn er k�ndigte an, "die letzte anst�ndige Schlacht des Zweiten Weltkrieges in D�nemark auszufechten". Was sagt dazu der Autor des Ostpreu�enblatts?
2. Das kleine Volk D�nemark war durch die Besetzung und mit der Versorgung von insgesamt einer halben Million Deutschen sowie tausenden von Verwundeten und alliierten Fl�chtlingen v�llig �berfordert, worauf zu Recht Rolf-Peter Perrey in seiner Mail hinweist. Das kleine D�nemark war nicht darauf vorbereitet, neben den 250 000 deutschen Besatzungssoldaten pl�tzlich auch noch weitere 245 000 deutsche Zivilisten aufzunehmen, die seit 11. 2. 1945 in Panik vor der Sowjetarmee �ber die Ostsee nach D�nemark gefl�chtet waren. Zur Unterbringung der Fl�chtlinge beschlagnahmte die deutsche Besatzungsmacht kurzerhand 1 100 private und
�ffentliche Geb�ude, darunter zahlreiche Schulen, und baute Milit�runterk�nfte zu Barackenst�dten aus. Es wurde in dem kleinen Land also eine weitere "Besetzung" installiert.
3. Nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 5. Mai 1945 �berlie� D�nemark die �rztliche Betreuung der deutschen Fl�chtlinge wie bisher den deutschen Wehrmachts�rzten und zivilen �rzten, die sich unter den Fl�chtlingen befanden - nun unter d�nischer Aufsicht. Es kann also keine Rede davon sein, da� Fl�chtlinge nicht �rztlich betreut wurden. So war z. B. meine Mutter von Juni bis August 1945 in station�rer Behandlung wegen Typhus und ich als Dreij�hriger 1947 sechs Wochen im Lazarett wegen Rachendiphterie und Rachitis. Anderen Familien blieb es nicht erspart, da� die M�tter starben, womit die Kinder oft zu Vollwaisen wurden. D�nische Krankenh�user nahmen Deutsche nur in schweren F�llen oder bei Ansteckungsgefahr auf. Weitergehende �rztliche Hilfen kn�pfte die d�nische Seite an die Bedingung, da� tausende von d�nischen Polizeibeamten aus KZs in Deutschland freigelassen werden, die die Gestapo am 19. 9. 1944 unter dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit dem d�nischen Widerstand festgenommen und wie die d�nischen Kommunisten in KZs deportiert hatte. Zuvor war auch das d�nische Heer interniert und dann aufgel�st worden. T�glich gab es Hinrichtungen d�nischer Widerst�ndler. D�nemark war somit sehr verbittert �ber das "deutsche Herrenvolk". Beim weitaus gr��ten Teil der Bev�lkerung bestand der Wunsch, die Deutschen f�r ihre Verbrechen b��en zu lassen und sie streng zu behandeln. Daher isolierten die D�nen die Fl�chtlinge im Laufe des Jahres 1945 in Internierungslagern hinter Stacheldraht. Viele D�nen lie�en aber schlie�lich Gnade vor Recht ergehen und k�mmerten sich pers�nlich um die deutschen Fl�chtlinge. Entsprechende Anerkennung brachten sp�ter viele Fl�chtlinge zum Ausdruck. Verwandte von mir hatten sogar freundschaftlichen Kontakt zu dem d�nischen Lagerkommandanten und ich habe diesen in den Sechziger Jahren in D�nemark besucht.
4. 1945 starben in D�nemark 13 500 deutsche Fl�chtlinge - darunter 7 746 Kinder. Der schw�bische Arzt Dr. Helmut Wagner, der mit 35 Kollegen im gr��ten Lager Oxb�l Dienst tat, berichtete schon 1982 in seinen Lebenserinnerungen, auch die beste Pflege im Kinderlazarett habe nichts gegen das "gro�e Kindersterben" ausrichten k�nnen, das "aus Mangel an Milch und N�hrmitteln" innerhalb weniger Monate "fast alle S�uglinge hinwegraffte". Frisches Obst und Gem�se fehlten v�llig. Der Zeitzeuge Horst Suckau berichtete, die Wehrmacht sei anfangs gar nicht darauf eingestellt gewesen, Frauen und Kinder zu verpflegen und Babies und
Kleinkinder �rztlich zu versorgen. Die �berwiegend ostpreu�ischen Fl�chtlinge erreichten D�nemark nach den Strapazen einer meist �berst�rzten und zudem wochenlangen Flucht im Kriegschaos unter K�lte, Hunger und Krankheiten in einem elenden Zustand. Auf den �berf�llten Schiffen herrschten katastrophale hygienische Verh�ltnisse. Viele Fl�chtlinge starben schon auf dem Schiff oder kurz nach der Ankunft in D�nemark. Allein in drei Tagen vom 30. M�rz bis 1. April 1945 kamen
10 Schiffe mit 24 300 Fl�chtlingen und 9 300 verwundeten Soldaten im Freihafen von Kopenhagen an, wodurch die d�nische Hauptstadt zu einem
gro�en Lazarett und der Freihafen in ein Leichenhaus verwandelt wurde, wie berichtet wurde. Man sah sich gezwungen, zu Massenbegr�bnissen �berzugehen. Die S�uglingssterblichkeit lag bei nahezu 100 Prozent. Es ist somit ein Wunder, da� ich - 1944 geb.- im M�rz und April 1945 die wochenlange Flucht aus dem ber�chtigten milit�rischen "Kessel von Heiligenbeil" �ber Pillau und Hela nach D�nemark und die dortige Internierung bis Ende 1948 �berlebt habe. Die Babies und viele Kleinkinder erlagen den Strapazen der Flucht. Noch w�hrend der Zeit der deutschen Besatzung starben vom Februar bis 5. Mai 1945 6 580 deutsche Fl�chtlinge, darunter 4 132 kleine Kinder. Vom 6. Mai bis 30. Juni starben weitere 4 362 Fl�chtlinge, darunter 2 408 Kinder. Auch f�r die meisten von ihnen waren noch allein die deutschen �rzte verantwortlich, da
nach der deutschen Kapitulation die D�nen die Aufsicht erst nach einer �bergangsphase ab Juni 1945 �bernommen haben. Somit sind unter der alleinigen Verantwortung der deutschen �rzte von Februar bis Ende Mai 1945 etwa 5 200 Kinder gestorben, im ganzen Jahr 1945 waren es 7 746 deutsche Kinder. Das gro�e Sterben war im Sommer 1945 abgeebbt und ab 1946 die Sterblichkeit aller deutschen Fl�chtlinge stark gesunken. Somit kann man nicht die d�nischen �rzte f�r das gro�e Kindersterben im ersten Halbjahr 1945 verantwortlich machen.
Die Vorg�nge in D�nemark 1945 und danach m�ssen unter Beachtung der Tatsachen und vor dem Hintergrund der historischen Situation unvoreingenommen beurteilt werden - nicht mit ideologischen Scheuklappen.
Mit freundlichen Gr��en
Manfred B�ttcher
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