Chronik Spitzkunnersdorf- Kriegszeiten

Auszug aus der Chronik Spitzkunnersdorf
Geschrieben 1924 von Rudolf Tzschaschel (Pfarrer i. R.)

Ist nicht Niederschlesien, aber nur 28 km davon entfernt.

Kriegszeiten:

Die früheste Erwähnung kriegerischer Beunruhigung und Schädigung unseres
Ortes finden wir bei Garpzow, „Ao. 1347 begabs sich’s, daß Bischoff
Johannes I. von Meißen (ein Graf von Isenburg) den Zittauern absagte,
und viel mit 25 Glaffen Spießen ein (eine Glaffe Spieße thut 9 Mann),
nahm das Vieh in Kunnersdorff und Leuckersdorff hinweg, und zog wieder
heimwärts nach Rumburg zu, da folgeten ihm die Bürger von Zittau mit
ihrem Hauptmann nach, bestritten sie, behielten das Feld und brachten 16
Gefangene mit in die Stad, wie auch alles Vieh. Von demmahl an hatte das
Land gute Friede vor ihnen, und entstund davon die Rede in Meißen, daß
wenn man einen Heerzug vornehmen wolte, so sprach man unter einander: Wo
wollen wir hin auf Beute ausziehen, gewiß nach Zittau? O nein wir wollen
lieber unsere Köpffe gantz behalten, wir kommen warlich ohne Schaden
nicht davon, dann sie sind uns zu starck“.

Die Hussitenkriege. Am 6. Juli 1415 war Johann Huß, der Reformator der
Böhmen, zu Costnitz verbrannt worden. Darauf hin verheerten seine
Anhänger, die Hussiten, fast alle Provinzen Deutschlands. Am meisten
hatte wohl die angrenzende Oberlausitz unter ihrem Wüten zu leiden.
Korschelt erzählt in der Geschichte von Oderwitz S. 223, daß sich im
Jahre 1425 die mächtige Familie der Herren von Wartenberg, die es bis
dahin mit den Lausitzern gehalten hatte, mit den Hussiten verbündete und
von ihren Schlössern aus (Tollenstein und anderen) der Oberlausitz
großen Schaden zufügte.
Johann von Wartenberg ( in anderen Quellen Hinkos Berka von der Duba auf
Hohnstein) zog mit einer zahlreichen Schar über Warnsdorf,
Spitzcunnersdorf, Oderwitz usw. bis zum Kloster Mariental (Ostritz) und
raubte dort auf der Nonnen Gütern das Vieh. Auf dem Rückwege erfuhr er,
daß der Hauptmann von Zittau, Nikol von Ponikau, in dem Gebüsch bei
Spitzcunnersdorf im Hinterhalt liege, um die Räuber zu fangen. Da befahl
Johann von Wartenberg seiner Reiterei, sich über Niederoderwitz nach
Spitzcunnersdorf zu begeben und zum Zeichen, daß sie dort angelangt
seien, einige Häuser in Brand zu stecken. Als die Häuser in
Spitzcunnerdorf brannten, verließ Ponikau infolge des Feuerlärms seinen
Hinterhalt, und es kam zum Kampfe, der jedoch unglücklich damit endete,
daß Ponikau mit vielen seiner Leute gefangen nach der Burg Tollenstein
gebracht wurde. Jedenfalls haben sich Durchmärsche und Plünderungen in
den Hussitenkriegen mehrfach wiederholt.
Das grauenvolle Jahr 1429, in welchem viele Dörfer der Oberlausitz,
unter anderen auch Gersdorf und Ebersbach, niedergebrannt und verwüstet
worden sind, wird auch an unserem Ort nicht ohne Nachteil
vorübergegangen sein.
Die letzten Durchmärsche in jenen schrecklichen Zeiten scheinen1467
erfolgt zu sein, als sich die Sechsstädte mit dem größten Teile
Schlesiens gegen den König von Böhmen, Georg von Podiebrad, verbanden
und es mit seinem Gegner, dem König Mathias von Ungarn, hielten. Von dem
Landvogt Jaroslaw von Sternberg verfolgt, zogen sich die Hussiten von
Großhennersdorf her über Spitzcunnersdorf nach Schluckenau (Böhmen)
zurück.
Wegen der Türkenkriege wurde im Jahre 1566 angeordnet, daß im ganzen
Lande täglich früh eine Viertelstunde mit der Betglocke geläutet wurde,
damit jedermann kniend Gott um Abwendung der Gefahr anrufe.
Der Dreißigjährige Krieg (1618 - 1648) brachte neue schwere Leiden.
Zwar sind die Nachrichten über diese Zeit dürftig genug, doch ist daraus
zur Genüge zu erkennen, wie die Schrecken dieses furchtbaren Krieges,
der ganz Deutschland so entsetzlich verheerte auch unser
Spitzcunnersdorf heimgesucht haben. Unser Kirchenbuch berichtet: „Da die
Pest Anno 1632 und 1633 hier im Lande Städte und Dörfer grausam
verwüstete, hat der gerechte Gott solches Übel auch hierher geschickt.
Daran sind in die 70 Menschen gestorben, folgends viele Güter und
Nahrungen wüste liegend verblieben.“ Die Zahl 70 ist für die damaligen
Verhältnisse eine ungemein hohe.
Als dann im September 1634 die kurfürstlich sächsischen Kriegsvölker
anfingen, auf dem Kummersberge bei Zittau ein Lager aufzuschlagen und
bald kaiserliche, bald kurfürstliche Soldaten auch unser Dorf
ausplünderten,
da flüchteten die armen Untertanen ihre besten Sachen, Vieh usw. auf den
herrschaftlichen Hof. Am Dienstag nach Michaelis kamen wieder
kaiserliche Soldaten in das Dorf und zogen, da sie hier nichts fanden,
vor den herrschaftlichen Hof, wo sie eine große Kontribution forderten,
die ihnen aber verweigert wurde. Man wehrte sich. Bereits war ein Schuß
gefallen, da stieg einer der Soldaten auf den Sattel seines Pferdes,
brannte eine Pistole in das mit Stroh gedeckte Scheunendach los, und bei
heftigem Südwinde ging der ganze Hof in Flammen auf mit allen Vorräten,
Rindern und Schafen und den Habseligkeiten der armen Leute.
Ja, was man noch in Eile zu retten versuchte, das wurde den Leuten von
den räuberischen Soldaten abgenommen, „und ist also dieses Unglücke des
gantzen Dorfes äußerster Ruin worden“.

Türkenkrieg 1663. Nicht lange währte es nach Beendigung des
Dreißigjährigen Krieges, da kamen neue Unruhen, die auch
Spitzcunnersdorf berührten.
Als im Jahre 1663 die Türken in Ungarn einfielen und die kaiserlichen
Truppen von ihnen geschlagen wurden, durchdrang ganz Deutschland ein
gewaltiger Schrecken, und der Kurfürst von Sachsen, Johann Georg II.
(1656 - !680) ordnete für das Jahr 1664 sieben Bußtage an, alle
Tanzmusiken in den Wirtshäusern wurden eingestellt, und es wurde täglich
Betstunde gehalten, für welche ein besonderes Türkengebet vorgeschrieben
war.
In diesem Gebet wurde die Niederlage der Türken nach Worten der heiligen
Schrift erfleht: „Zerbrich die Pfeile aller Feinde deines
allerheiligsten Wortes und Namens, lasse ihre Hände sinken, lasse sie
beschließen eine Rat und nichts daraus werden, zerschmeiße Du die Köpfe
deiner Feinde samt ihrem Haarschädel und zerstreue die Völker, die da
gerne kriegen“. - Auch in hiesiger Gegend rüstete man sich stark, doch
nachdem am 1. August 1664 die Türken gänzlich geschlagen worden, folgte
am 26. September desselben Jahres ein Friedensschluß auf 20 Jahre. Bei
der Rückkehr der Krieger hatte unser Ort vom 18. Dezember an auf fünf
Tage 50 Mann Einquartierung, „Fußvolk von dem churfürstl. Brandischen
Regiment, so aus Ungarn kamen“.

Polnischer Thronfolgekrieg. In den Jahren 1697 - 1706 verursachte der
polnische Thronfolgekrieg viel Not. Wie der Name sagt, handelte es sich
dabei um den Besitz der Krone des Königreichs Polen. Zwischen dem
Kurfürsten von Sachsen, Friedrich August I., den die Polen zu ihrem
Könige gewählt hatten, und dem König Karl XII. von Schweden war es zum
Kriege gekommen.
Vom Jahre 1704 berichtet unser Kirchenbuch: „Wenn im November der König
von Schweden in Pohlen unsers Königs Völker angriff und bis an die
Grenzen verfolgte, kamen solche häufig über die Oder und Neiße in
Nieder= und Oberlausitz. Davon kam am 25. November Eine Compagnie mit
dem Herrn Hauptmann von Tiefenbach in Quartier, blieben bis 3. Dezember
mit großem Schaden der armen Gemeine, gingen hernach in Meißen gegen
Wittenberg.“ - Großen Schrecken verursachte auch 1706 Ende August das
Einrücken der Schweden in die kurfürstlichen Länder. Alles begab sich
auf die Flucht.
Auch unsere Lehnherrschaft (Fähnrich Johann Adolph von Kyaw) floh
Sonntag, den 5. September, mit den besten Mobilien bis nach Halberstadt.

Wie sehr die Bevölkerung mitunter durch die Roheit der Soldaten zu
leiden hatte, zeigt ein Beispiel, das uns schriftlich überliefert worden
ist.
Am 9. Mai 1701 stach der hier liegende Dragoner ohne weiteres einem
hiesigen Bewohner, Christoph Clemens mit dem Bajonett in die Brust.

Aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756 - 1763) geben wir hier
zunächts eine Schilderung der Erlebnisse des Pfarrers Magister David
Neumann bei seiner Übersiedlung von Ullersdorf nach Spitzcunnersdorf
nach seinen eigenen Aufzeichnungen. Wörtlich berichtet er vom Jahre
1756:
„Den XX. p. Trin. sollte ich nunmehr meine Abschiedspredigt halten.
Sonnabends zuvor, als den 30. Oktober, wurde ich von Zittau aus
erinnert,
so viel als möglich zu eilen, und die besten Sachen nebst meinem Weibe
und Kindern in Sicherheit zu bringen. Diese wohlgemeinte Warnung zu
befolgen,
ließ ich die Nacht noch meine Kleider, Betten, Wäsche, Zinn und besten
Hausrat in Koffer und Kasten einpacken, um sie Sonntags früh auf einem
Wagen mit vier Pferden, nebst Frau und Kindern, fortzubringen. Als nun
der Tag anbrach, so wurde alles aufgeladen, und als dieses geschehen
war,
kam ein österreichischer Husar und fragte nach dem Prediger, da ich denn
unerschrocken aus meiner Amtswohnung zu ihm herausging und nach dessen
Anbringen fragte. Er begehrte aber zu wissen, warum dieser Wagen
beladen, und wohin die Reise gehen sollte. Worauf ich ihm sagte: daß ich
allhier
bis in das zehnte Jahr Prediger gewesen, und nun mehr einen anderen
Beruf, namentlich nach Spitzcunnersdorf erhalten hätte, welchem ich mit
meinen Sachen dahin folgen müsse. Auf diese Erklärung ließ der
österreichische Husar, welcher ein Unteroffizier war, vernehmen: Der
Prediger könne ohne Sorgen reisen, wohin es sein Beruf erfordere, sein
Kaiserin Königin habe mit Sachsen keinen Krieg. Worauf ich ihm einen
Thaler an Gelde zu einem Geschenk machte. Er ritt nun wieder nach
Gräfenstein zu, und ich ließ mein Weib und Kinder auf den Wagen steigen,
nachdem ich sie der Barmherzigkeit Gottes auf meinen Knien unter freiem
Himmel auf das flehentlichste empfohlen.
Kaum aber hatte der Wagen die Straße bei dem Jungeschen Gute in Luptin
erreicht, so kam gedachter ehr= und pflichtvergessene Husar nebst noch
einem, der schnell zu ihm gestoßen, schnell zurück geritten,
fiel den Wagen mit vieler Grausamkeit an, schlug die Bauern mit dem
bloßen Säbel braun und blau, nötigte sie sogleich umzukehren, und alles
nach Grottau abzufahren, und als solches in dem engen Wege nicht angehen
wollte, so erpreßte er mit entsetzlichem Fluchen und schrecklichen
Drohungen und mit aufgezogenem Gewehr alles Geld von meiner Frau, und
als solches auch abgedrungen war, hieb er mit dem Säbel die Stränge
entzwei, schmiß die Kinder vom Wagen, schlug mit einer Axt die Kasten
entzwei und plünderte solche, nahm Kleider, Wäsche und einen ganzen
Koffer mit Zinngerät und Mobilien auf dem Pferd mit sich nach Grottau,
woselbst das meiste um ein schlechtes Geld verkauft worden, da indessen
mein Verlust bis 70 Thaler
zu schätzen ist. Bei so gestalten Sachen, die für mich an einem Tage,
da ich von meiner Gemeinde Abschied nehmen wollte, nicht betrübter sein
konnten, war ich in die äußerste Bestürzung geraten, schickte mein Weib
und Kinder, die in der größten Gefahr ihres Lebens gewesen, sogleich zu
Fuße nach Zittau, und war willens meine Abschiedspredigt kürzlich zu
halten und nachzueilen. Aber verschiedene meiner Beicht= und Kirchkinder
kamen in mein Haus und baten mich inständigst, keine Augenblick länger
zu verziehen. Denn es habe das Ansehen, daß die Verfolgung auch auf
meine Person gerichtet sei. Welches sich auch einigermaßen äußerte, als
ich mich nicht sogleich losreißen konnte und indessen 4 bis 6 Husaren
sich um die Kirche aufhielten, da ich mich während der Zeit auf meinem
Hause unter das Stroh verstecken mußte. Nun war es freilich Zeit, daß,
sobald als sie hinweg geritten, ich forteilen mußte. Es geschah dieses
den 31. Oktober 1756 am XX. p. Trin.,
da im Evangelio stand Matth. 22 V. 7: er schickte sein Heere aus.
Daß diese Flucht am Sabbathtage mein ganzes Gemüt auf das schmerzlichste
gebeuget, ist leicht zuerachten.
Jedoch war dieses dabei noch mein Trost, daß ich nicht als ein Mietling
floh. Mit und unter diesem Schicksale kam ich am gedachten unglücklichen
Tage nach Hainewalde, woselbst mich Tit. mein Herr Collator mit Weib
und Kindern gnädig aufnahm. ich bezog hierauf am 3. Novbr. das Pfarrhaus
allhier und trat den XXI: p. Trin. mein heiliges Amt an. Ich handelte
in der Auszugspredigt nach Veranlassung des ordentlichen
Sonntagsevangeliums Joh. 4, 47 ff. da der Königische eine besondere
Aufmerksamkeit auf die Stunde blicken ließ: von den abgemessenen Stunden
eines berufenen evangelischen Predigers.“ Die nur fünfjährige Amtierung
in Spitzcunnersdorf brachte Magister Daniel Neumann viel neues Kreuz.
Noch einmal hatte er hier unter den Schrecknisse des Krieges zu leiden,
indem am 22. Juli 1757 Österreichische Husaren die Pfarrwohnung
plünderten, ihn selbst arg mißhandelten und den zu Boden geworfenen
Pfarrer mit Aufgespanntem und vor die Brust gesetztem Feuerrohr
bedrohten, sie würden ihn morden, wenn er nicht 30 Dukaten schaffte. Er
konnte sie trotzdem nicht herbeischaffen,
ist aber doch mit dem Lenben davon gekommen, nur die besten der noch
vorhandenen Sachen wurden ihm geraubt. Aber nicht nur der Pfarrer,
auch seine Gemeinde ist wiederholt von österreichischen Husaren und
Kroaten, die die ganze Gegend unsicher machten, heimgesucht worden.
Besonders um Weihnachten 1756 wurde viel geplündert.
Ja, am Weihnachtsheiligabend brachen sie wieder ein, beraubten die
Bewohner auf der Straße und in den Häusern ihrer Habe, und es mußte
dieser Unruhen wegen die Christnachtspredigt ausgesetzt werden. Mit dem
neuen Jahre 1757 steigerten sich die Beschwerlichkeiten infolge des
Krieges, indem bald die Preußen, bald die Österreicher hier waren. Am
Sonntag Estomihi fanden große Durchmärsche statt, wodurch der
Gottesdienst erheblich gestört wurde.
In der vorhergegangenen Nacht war die Besatzung in Herwigsdorf von
Österreichern überfallen worden, und diese letzteren zogen dann am Tage,
1500 Mann stark, mit einer Anzahl gefangener Preußen durch unseren Ort.
- Der Krieg hatte auch große Teurung zur Folge. Der Scheffel Korn stieg
im Preise bis zu fünf Talern und darüber.

In den Jahren der Befreiungskriege hatte Spitzcunnersdorf zunächts nur
unter der Last bedeutender Lieferungen zu leiden. Im September 1806
hatte der Ort an das Königlich preußische Husarenregiment von
Schimmelpfennig nach Deutschpaulsdorf 33 Scheffel 5 Metzen Hafer
Dresdner Maß, 76 Gebund Heu
je 12 Pfund und 62 Gebund Stroh je 20 Pfund zu liefern.
Außerdem aber zogen Tausende von entlaufenen Gefangenen hier durch,
welche um Brot baten. Auch im Jahre 1807 litt unser Dorf sehr unter dem
Druck sehr hoher Abgaben und vieler zu leistenden Fuhren. Weit schwerer
aber wurde der Druck im Jahre 1813. Da hatte auch Spitzcunnersdorf
monatelang Einquartierungen, und am 12. Sonntag nach Trinitatis konnte
wegen großer Durchmärsche und der damit verbundenen Störungen kein
Gottesdienst gehalten werden.
Doch wird ausdrücklich in unserem Kirchenbuche den feindlichen
Österreichern das Lob gespendet, daß sie, obwohl Feinde, sich im ganzen
gut benommen haben, während die Franzosen, obwohl Freunde, überall, wo
sie eintrafen,
wie Kannibalen hausten. Außer hohen Lieferungen in Naturalien waren auch
bedeutende Kriegssteuern in Geld zu leisten, so am 20. September und
9. Oktober 1813 die sogenannte Blüchersche Kontribution von 651 Talern
19 Groschen 4 Pfennige, an jedem der beiden Termine die Hälfte.
Diese Steuer war an das Steueramt in Görlitz abzuführen. Die sämtlichen
Kriegskosten des Jahres 1813 beliefen sich für Spitzcunnersdorf auf
1122 Taler 10 Groschen 4 Pfennige.
Über die sonstigen Lasten, die die Gemeinde in jenen traurigen Jahren zu
tragen hatte, sei aus den im Gemeindearchiv aufbewahrten Akten noch
folgendes zusammengestellt: Bereits im Jahre 1805 mußte die Gemeinde
wiederholt für die bedürftigen Gemeindeglieder Kapitalien aufnehmen zum
Ankauf von Korn „zum unentbehrlichsten Lebensunterhalte“. So lieh sie am

19. Juni 200 Taler zu 5 v. H. von David Christoph von Linnenfeld auf
Kreischerhof und Mitteloderwitz, die ihr in kaiserlichen Sieben= und
Dreikreuzerstücken ausgezahlt wurden. Desgleichen am 25. Juni 1805 200
Taler in Siebenkreuzerstücken von dem Amtshauptmann Ernst August von
Kyaw
zu 3 v. H. und am 16. Juli 1805 200 Taler von dem Stiftssyndikus
Ernst Friedrich Wilhelm Just als Administrator des Heinrich von
Hefterschen Gestifts zu 5 v. H. Dagegen bezahlte die Gemeinde am 12.
Juli 1805 175 Taler 2 Groschen 4 ½ Pfennige für Korn aus Görlitz und
Bautzen, desgleichen am
6. August 114 Taler 20 Groschen für 13 Scheffel Korn (1 Scheffel 8 Taler

20 Groschen) in Zwanzigkreuzern an Herrn von Kyaw auf Hainewalde und am
13. August an denselben 156 Taler 16 Groschen für 20 Scheffel Korn
(je Scheffel 7 Taler 20 Groschen) in derselben Münzsorte. Auch im Jahre
1813 wurden wiederholt kleinere Kapitalien zum Ankauf von Hafer
aufgenommen, so am 8. Mai und am 12. Juni je 28 Taler von dem Ökonomie=
Inspektor Schwabe. Beide Dahrlehne wurden am 19. Januar 1815 an die von
Kyaw’schen Erben zurückgezahlt. Laut Befehl des Landesältesten von
Gersdorf zu Görlitz vom
12. Mai 1813 mußten zum Transport Kaiserlich Russischer Truppen sofort
alle Pferde, Ochsen und Wagen nach Görlitz gebracht werden.
Nur auf dem Dominium durften zwei Pferde zurück bleiben. Zuchthausstrafe
wurde den Widersetzlichen angedroht. Kosaken sollten überall nachprüfen,

ob alles richtig abgeliefert worden. Am 19. Juni 1813 wurden dem
Landeskommissar Wolf von Gersdorf in Zittau 100 Mann und 100 Pferde
Warschauer leichte Kavallerie, die von Seifhennersdorf her in das
Cantonnement rückten, als Einquartierung auf unbestimmte Zeit für
Spitzcunnersdorf angesagt. Die Ration für ein Pferd sollte täglich 1
Metze Hafer, 8 Pfund Heu und 9 Pfund Stroh betragen. Die Tage zuvor
aber, vom
16. Juni an, war Infanterie vom 16. Regiment des 8. Korps der großen
Armee ebenfalls auf unbestimmte Zeit angekündigt. Jeder Mann hatte
täglich zu erhalten 1 ½ Pfund Brot, ½ Pfund Fleisch, ½ Pfund grünes oder
ein ¼ Pfund trockenes Zugemüse, 1 Kanne Bier, 1 kleines Glas Branntwein.
An Naturallieferungen forderte der Befehl des Landes= Ältesten Friedrich
August Adolph von Gersdorf in Budissin (sorbisch für Bautzen) vom 3.
April 1813 von dem hiesigen Dominium für die durch die Provinz ziehenden
russischen Truppen 18 Scheffel Hafer, 36 Zentner Mehl, 36 Zentner Heu,
1 Zentner 34 Pfund Rindfleisch (lebend), 9 Scheffel Erbsen oder 4
Scheffel
8 Metzen Grütze, 108 Kannen Branntwein. Eine Aufstellung ohne Datum
besagt, daß 1800 Pfund oder 16 Zentner 40 Pfund (Leipziger Maß und
Gewicht) Mehl und 1080 Gebund oder 18 Schock Stroh zu liefern waren. Am
28. Juli 1813 hatte die Gemeinde auf Befehl des Kommissars 10 Stück
Geschirre und einen Sattel zu liefern. Am 7. August 1813 verordnete der
Landesälteste: Zur Feier des Geburtstages des Kaisers Napoleon am 10.
August ist für die Mannschaften des 4. Armeekorps doppelte Ration zu
liefern nämlich: 3 Pfund Brot, 1 Pfund frisch gebratenes Rindfleisch,
reinliches Zugemüse, ¼ Seidel guter Branntwein. (Ähnlich für die
Mannschaften des 8. Armeekorps.) - Ob an diesen Tagen Franzosen in
Spitzcunnersdorf gewesen sind, ist nicht zu ersehen.
Der Kommissar Wolf von Gersdorf in Zittau ordnete unter dem 18. August
1813 an: 37 Mann von Spitzcunnersdorf, nämlich 13 mit Hacken, 12 mit
Schaufeln, 12 mit Kasten= Radebern (Schubkarren), haben in Eckartsberg
zu erscheinen und sich auf drei Tage mit Lebensmitteln zu versehen. Die
Hausgenossen haben den Bauern bei dem Ausdreschen des Getreides
unentgeltlich Hilfe zu leisten. Heulieferungen sind unverzüglich in die
Dreifaltigkeitskirche nach Zittau zu bringen gegen französische
Quittungen, die bei dem Landeskommissar gegen deutsche umzutauschen
sind. Schwerste Strafen sind angedroht, und unter dem 29. August 1813
wurden 6 Mann mit Hacken und Äxten, 6 Mann mit Schaufeln
und Kasren= Radebern nach Petersdorf bei Gabel befohlen.
Auch das Jahr 1814 forderte noch große Opfer von der Gemeinde. Es wurde
eine Kopfsteuer zu sofortiger Bezahlung ausgeschrieben, zu welcher alle
Personen vom 14. Lebensjahre an herangezogen wurden. An sich war die
Steuer nicht hoch. Die meisten hatten 2 Groschen zu bezahlen, andere 3,
4 oder
6 Groschen. Aber der Ort war durch das Jahr 1813 schon vollständig
ausgesaugt. So bedeuteten die 65 Taler 6 Groschen, die jene Steuer
brachte, eine neue schwere Last. Von den 836 steuerpflichtigen Personen
waren nur 734 imstande, ihren Tribut zu entrichten. Von 102 Personen war
nichts zu erheben, nämlich von 9 Landwehrleuten, 2 Personen im
Gemeindedienst (Tagewächter und Gebietsbote), 22 wegen Krankheit und
Gebrechen, 69 wegen völliger Armut und hohen Alters.
Die Rechnung ist unter dem 28. Februar 1814 abgeschlossen.
Unterschrieben ist sie von dem Ökonomie= Inspektor Schwabe, dem Pfarrer
Mag. Seiler, dem Richter Wolf und dem Gemeinde= Ältesten Schubert.

Die schwersten Opfer hat die Gemeinde in den letzten drei Kriegen in
ihren für das Vaterland gefallenen Söhnen zu bringen gehabt. Im dem
Kriege von 1866 waren es 3, in dem deutsch= französischen Kriege 1870/71
waren es 2,
in dem Weltkriege 1914-18 aber 82 Söhne und Väter.

Viele Grüße aus dem tiefverschneiten
3 Bockwindmühlendorf Oberoderwitz (südl. Oberlausitz)

Wolfgang (OTTO)

* 1943 in Zirlau Krs. Schweidnitz
nach der Vertreibung in Spitzkunnersdorf die Schule besucht.

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