Chronik Spitzkunnersdorf- Die Herrschaften

Auszug aus der Chronik Spitzkunnersdorf
Geschrieben 1924 von Rudolf Tzschaschel (Pfarrer i. R.)

Ist nicht Niederschlesien, aber nur 28 km davon entfernt.

Die Herrschaften:

Erst vom Jahre 1359 an haben wir sichere Nachrichten über die Besitzer
des Dominiums Spitzcunnersdorf, wenn wir auch von den ersten wenig mehr
als die Namen kennen.
Gelegentlich der Neubesetzung des Pfarramts nach dem Tode des Plebans
Conrad im Jahre 1359 wird als Kirchenpatron und Kollator über
Spitzcunnersdorf Luthold genannt.

1. Lutholdus dictus de Zeib (genannt Durink, der Thüringer) oder
Litoldus Turingus cliens de Conradivilla. Die Bezeichnung cliens
bedeutet Lehnsmann. Er trug also den Besitz zu Lehen,
und zwar von dem böhmischen Könige. Wie lange, ist nicht genau
festzustellen.
Er kann bereits vor 1359 mit dem Dominium belehnt gewesen sein,
längstens aber bis 1372; denn im Jahre1372 bei der abermaligen Besetzung
des Pfarramts wird als Patron genannt.

2. Johannes dictus Smoyn, cliens de Conradinilla. Außer dieser Besetzung
im Jahre 1372
ist nichts von ihm bekannt.

3. Albertus de Ozruhrzen (Ostrusen) 1392. - Bei Tadra genannt Albertus
cliens de Czrnhawss; übernahm das Patronat in Conradivilla.

4. Sigemund von Donyn (Dohna) zu „Cummmmersdorff im Zittauer Weichbild“,
1401.
Möglich, daß schon dessen Vater Friedrich I., Burggraf von Dohna, „aus
dem Hause Grävenstein“, Spitzcunnersdorf besessen hat, von dem Carpzow
berichtet, daß er und sein Bruder Hans („zu Grothau gesessen“) ihr
väterliches Erbteil in der Herrschaft „Gräfenstein und Roynung“
verkauft haben. Sicher ist aber, daß 1401 sein Sohn „Sigemund“ Herr auf
Spitzcunnersdorf war.
In den Jahren 1403, 1404 und 1406 verkaufte er dem Nicolaus Gronewald,
Bürger in Zittau, 4 ½ Mark Zinsen wiederverkäuflich, 1406 auch 7 ½ Mark
Zinsen an den Zittauer Bürger Christoph Wildenstein (Ursprünglich war 1
Mark gleich 60 oder ein Schock böhmische Groschen.
Infolge verminderten Zusatzes von Silber sank der Wert des Groschens, so
daß z. B. zur Zeit des Königs und Kaisers Karl IV. (1347 ff.) auf die
Mark 70 böhmische Groschen kamen. - 1 Mark zittauisch gleich 4 Vierdung
zu je 14 Groschen je 7 Pfg. gleich 392 Pfg. - 1 böhmisch= zittauisches
Schock gleich 420 Pfg.). - 1402 und 1406 wird auch seine Gemahlin
Agnetha erwähnt.

5. 1421 Hans von Weigsdorf „zu Cunnersdorf gesessen“.

6. und 7. 1422 verkauft Friedrich von Kyaw, zu Hirschfelde gesessen, an
den Zittauer Bürger Hans Ludwigsdorf etliche Erbzinsen in Cunnersdorf
und Oderwitz und 1423 schlossen die Brüder Siegmund und Caspar von der
Keyne (gleich Kyaw) einen Erbkauf und erblichen Wechsel mit Michel
Holzappel um sein Vorwerk zu Predelancz (Priedlanz bei Weigsdorf)
gelegen gegen 7 Mark und 2 Groschen jährliche Erbzinse in dem „von ihrem
Vater angeerbten Gute Cunnersdorf“ gelegen.

8. 1428 Johannes de Nostycz (Hanussius de Nosticz) und 1433 Anna de
Nosticz werden gelegentlich der Besetzung des Pfarramtes genannt,
ersterer als in Conradivilla residens (ansässig), letztere als Domina
(Herrin) in Conradisdorff.

9. Die Brüder Hans und Georg von Nostiz in „Conrsdorf“ verkauften 1447
den Forstberg und das Kirchenlehn Cunnersdorf mit dem Filial
Leutersdorf und drei dazu gehörigen Bauern an Paul Vogler, Bürger in
Zittau und dessen Frau Ursula, welchen es 1448 von dem Zittauer Rate
verliehen wurde.
Carpzow berichtet hierüber: „Man befindet unterschiedene Exembel in
denen Stadtbüchern, daß die Lehns= Verreichungen und Käuffe zwischen
denen von Adel und Bürgers= Persohnen von E. E. Rath in der Stadt
tractiret worden, wie denn anno 1448 George und Hannß von Nostitz zu
Cunnersdorff gesessen, verkauft haben an Paul Vogler, und Ursulam seine
Hauß= Frau den Forstberg, als er in seinem Gelende von Althers her
gelegen ist, darzu das Kirchenlehn daselbst zu Cunnersdorf, nebst der
filia zu Leuckersdorff, ingleichen drey Bauern die dazu gehören zu
diesen Kirchlehn mit allen den Rechten das sie gehabt haben, solches
alles ist NB. Paul Voglern von dem Rath der Stadt Zittau zu Lehn
gereichet Donnerstags vor Jacobi 1448.“

10. Georg von Nostitz und Barbara, seine Gemahlin, verkauften 1463 an
Nickel Eisersdorf, Bürger in Zittau, das Vorwerk in Cunnersdorf um 119
Schock Groschen, und es wurde Eisersdorf durch John von Wartenburg,
„Herr zu Tetschen, des Königreichs Böhmen Obrister Schenk“ und Landvoigt
der Oberlausitz, belehnt. Der Lehnbrief datiert Mittwoch nach Margaretha
1463.

Dessen Sohn
11. Wenzel von Eisersdorf verkaufte 1476 das Vorwerk „Kunnersdorf hinter
dem Berge“ an

12. Heinze von Weigsdorf, welcher 1476 am Sonntage vor Fastnacht damit
belehnt wurde.
Später besaß er das ganze Gut und verkaufte 1497 das Dorf Kunnersdorf
nebst dem Vorwerke, dem Forstberge, dem Patronat mit dem Filial
Leutersdorf,
vier Bauern, die zum Kirchlehn gehörten, und zwei Malter Kornzins in
Oberherwigsdorf weiter an seinen Sohn

13. Friedrich von Weigsdorf, der bis 1510 mehrfach erwähnt wird. Im
Jahre 1533 wurde er vom Rate zu Zittau gefänglich eingezogen, weil er
sich die Obergerichtsbarkeit auf seinen Gütern angemaßt hatte. Seine
Söhne

14. und 15. Georg und Hieronymus von Weigsdorf wurde 1541 „Donnerstags
nach Andreä des heiligen Zwölfbothen“ mit Cunnersdorf belehnt.
Die „Chronik Mönch“ berichtet von dem ersteren: „1533 Donnerstag nach
Ostern wurden zweene Edelleute von Cunnersdorff in die Stadt geholet,
George von Weigsdorff und Hieronymus von Huberg, saßen acht Tage auf dem
Rathhause.“
In einer Lebensbeschreibung des Tilemann Knebel, Erbherrn von Hainewalde
und Großschönau (Oberlausitzer Heimatzeitung, Reichenau, 18. Januar
1922),
werden die Gebrüder Weigsdorf in der folgenden nicht eben rühmlichen
Weise erwähnt: „Schwer bedrängt wurde Til. Knebel durch unglaubliche
Grenzstreitigkeiten seiner Nachbarn.
Georg und Hieronymus von Weigsdorff zu Spitzkunnersdorf verwüsteten,
offenbar durch Plünderungen, länger als 12 Jahre hindurch seine Wiesen
und Wälder und verstanden es, die amtliche Entscheidung aufzuschieben.“
Georg von Weigsdorf wurde ermordet (auf welche Weise, ist dem Verfasser
nicht bekannt), und sein Anteil fiel an den König von Böhmen als den
Landesherrn, der den Melchior von Hubergk (Hohberg) und Gutsmannsdorf
auf Ottenschlag, Kaiserlichen Hofkammerrat, damit belehnte.
Doch verkaufte dieser sein Lehn ohne weiteres an den Bruder des
Ermordeten,
Hieronymus von Weigsdorf, der 1560 belehnt wurde. Derselbe hatte schon
1553 seiner Gemahlin Sibylla geb. von Raussendorf seine Güter zum
Leibgedinge verschrieben, falls sie nach seinem Tode unverheiratet
bliebe. 1561 heißt sie Wittwe. Als Wittwe hat sie der Kirche zwei
Glocken verehrt, je eine in den Jahren 1561 und 1563.

16. Friedrich von Weigsdorf, des vorigen Sohn, wurde 1581 mit
Cunnersdorf belehnt.
Am 24. Mai 1620, Sonntag Rogate, wurde er ermordet. Hierüber gibt das
älteste Kirchenbuch folgende Schilderung: Friedrich von Weigsdorf hatte,
als Herrschaft dieses Ortes, bei 40 Jahren ohne Ehe hausgehalten und
mittlerweile einen großen Goldschatz sich eingesammelt.
Weil nun solches bekannt, haben sich kurz zuvor Nachtdiebe gefunden, die
da im hintern Zimmer ein eisern Gitter ausgebrochen, und eine gute Post
davon weggebracht.
Aber am Betsonntage haben sich drei Reiter und ein Fußgänger im
Kreischenholze (zum Kreischerhof in Mitteloderwitz gehörig) verhalten,
bis so lange sie vermeinten, der von Weigsdorf würde in der Kirche und
beim Gottesdienst sein. Nun brachen sie im Hofe ein, finden aber den
Herrn samt seinem Diener daheim. Der Diener, solche verlarvet ankommen
sehend, vermeldet es. „Herr“, sprach er, „es kommen vermummte Gäste“,
darauf er sagte: „laß sie kommen!“
Sie dringen aber sogleich mörderisch auf den Herrn los, löseten auf ihn
die Karabiner, schlugen auch, nachdem er in die Stube gefallen, so lange
auf ihn los, bis sie vermeinten, er wäre tot, schleppten ihn aus der
Stube bis ins Haus, da denn ihrer zwei einen Erker über der Hausthür
erbrachen, das Geld in Säcklein einpackt, zum Fenster herausgeworfen.
Da aber der von Weigsdorf den Kopf aufrichtete, ergriff einer das auf
dem Platz liegende Fleischbeil und machte ihn tot, packten hernach von
dem herausgeworfenen Gelde soviel, als die Pferde und auch die zu Fuße
tragen konnten, auf, machten sich wieder in den Busch davon. Man sagt,
daß sie das meiste Geld in den Kälberteich und hinterm Forsten
versenket, erst die Nacht geholet und weggebracht. - Da das geschehen,
lief das Volk häufig auf den Hof, lasen auf, was die Räuber liegen
lassen, gingen auch durchs ganze Haus, nahmen was ihnen anständig. Es
machte aber der Herr Pfarrer dieses Ortes Anstalt, daß sowohl die Leiche
bewachet, als auch diese Begebenheit in das Oberamt berichtet wurde, da
denn folgends durch die Landgerichte die Leiche gehoben, endlich
begraben, die noch vorhandenen Sachen registiert und aufgezeichnet
worden.
Es befanden sich aber in dem Keller unter der Stube zwei eiserne Kasten
mit Gelde angefüllt, die da 18 Centner sollen gewogen haben, diese Geld,
weil weder Landes= noch Lehnserben zu finden, dem damaligen von den
böhmischen Ständen erwählten Könige, Pfalzgraf Friedrich V., soll
zugeschickt und zu Teil geworden sein.
Hat also tit. Herr Friedrich von Weigsdorf ganz ein erbärmliches und mit
ihm das ganze Geschlecht ein Ende genommen.
Die geraubte Summe gibt Carpzow auf 6500 Taler an, und als einer der
Mörder wird dort der Richter aus Obergrund (in Böhmen), George Otte,
angegeben. Dieser wurde auch gefänglich eingezogen, ist aber aus dem
Gefängnis ausgebrochen. Überhaupt wurde die Untersuchung anfänglich lau
und erst später, als die ersten Unruhen des Dreißigjährigen Krieges
einigermaßen vorüber waren, ernstlicher betrieben. Namentlich wurde eine
scharfe Untersuchung gegen den Ortsrichter Peter Neumann angestellt,
der, weil er nicht die Sturmglocken hatte schlagen lassen, 200 Taler
Strafe an die Kirche erlegen mußte.
Diese Strafgeld wurde im Jahre 1624 zu einer Reparatur dreKirche
verwendet.
Auf den Tod des letzten von Weigsdorf ließ Ulrich von Nostitz auf
Hainewalde eine lateinische Grabschrift drucken.
Die Güter des Ermordeten fielen wieder fielen wieder an die böhmische
Krone,
und Ferdinand II. schenkte dieselben, vielfacher Dienste und
rückständiger Besoldung wegen den Kaiserlichen Riechs= Hof= und
Appellationsräten Johann Kaufer von Warnsdorf und Felix (von) Rüdinger
und dem Geheimen Rat Johann George Gödelmann.
(Diese Nachrichten von der Ermordung des von Weigsdorf und der Belehnung
des von Rüdinger hat Pfarrer Storch nach der mündlichen Überlieferung
seines Schwiegervaters, des Pfarrers Holtzkammer, der von 1616 - 1634 in
Spitzkunnersdorf Pfarrer war, niedergeschrieben.
Er hat sie also aus der sichersten Quelle.

17. Felix Rüdinger (Rüdiger) - später geadelt: von Ründinger - kaufte
das ganze Besitztum für sich, und zwar 1622 von Gödelmanns Erben deren
Anteil, 1625 den Kauferschen. Auch Weigsdorf gehörte ihm. Von ihm wird
gerühmt, daß er „jederzeit recht väterlich für das Wohl seiner
Unterthanen gesorgt und vorzüglich viel Liebe für das Gotteshaus
bewiesen“ habe, das er im Jahre 1624 erweitern ließ und verschönern und
mit einer Turmuhr ausstatten ließ.
Auch erbaute er seinen Untertanen, als im Dreißigjährigen Kriege fast
alle Wohnungen verwüstet waren, aus eigenen Mitteln Häuser und half
ihnen in jeder Weise.
Wie hochangesehen er war, beweist der Umstand, daß er in dem Prager
Friedenskongreß (30. Mai 1635) mit an hervorragender Stelle tätig und
als kaiserlicher Kommissar bei der Übergabe der Lausitz an Sachsen
beteiligt war. Auch wird er in einem Schuldbriefe des Bautzner Rates vom
Jahre 1635 „unser besonders großgünstiger Herr Gevatter und vornehmer
Freund“ genannt.
Er verheiratete sich 1595 mit Anna Pfeiffer, Tochter des sächsischen
Kanzlers und Geheimen Rates David Pfeiffer, welche am 20. Mai 1632 starb
und in Zittau in der St. Johanneskirche begraben wurde. Er selbst starb
am Himmelfahrtstage 1639 in Görlitz, 70 Jahre alt. In der Frauenkirche
daselbst befindet sich sein Grabmal, dessen lateinische Inschrift in
unserem ältesten abschriftlich aufbewahrt ist. - Von seinen beiden
Söhnen starb der ältere, Daniel von Rüdinger, in Weigsdorf und wurde in
Niederoderwitz beigesetzt. Der jüngere, Johann Georg, starb frühzeitig
in Prag, wohin er sich wegen der Unsicherheiten der Verhältnisse hier zu
Landebegeben hatte. Von den Töchtern starben zwei als junge Frauen:
Barbara Anna als verehelichte von Wischky auf Sohland dreißig Wochen
nach der Hochzeit in Dresden, und Gertraud verehelichte von Zeidler auf
Boden und Dittelsdorf zwei Jahre nach der Hochzeit ebenfalls in Dresden.
Eine andere Tochter, Sophia, war verheiratet mit Balthasar von
Schreibersdorf auf Friedersdorf, Kurfürstlicher Sächsischem Hauptmann,
und ist ebenfalls in Dresden verstorben. Die letzte, Blandina von
Rüdinger, eine der größten Wohltäterinnen unseres Ortes, verheiratete
sich 1645 mit

18. Erdmann von Zachau, ehemaligem Amtmann der Herrschaft Reichstadt,
der das Gut Spitzkunnersdorf von ihren Geschwistern kaufte und als
Gutsherr seinem Vorgänger von Rüdinger würdig an die Seite zu stellen
ist. Hatte jener schon den Bewohnern des Ortes in den Drangsalen des
Dreißigjährigen Krieges mit tatkräftiger Hilfe beigestanden, so flossen
denselben nach dem Kriege auch von dem neuen Herrn reiche Wohltaten zu.
Den im Kriege verwüsteten und durch Pest entvölkerten Ort suchte er
eifrigst durch Anbau und durch Herbeiziehung von Landwirten zu heben.
Auch für die Besetzung des Pfarramts trug er Sorge.
Leider starb Erdmann von Zachau bereits am 25. November 1654 zum großen
Leidwesen der ganzen Gemeinde. Er wurde in der Kirche zu
Spitzkunnersdorf beigesetzt. Zwei Jahre darauf (24. Januar 1657)
verheiratete sich die Wittwe (als Frau von Zachau hat sie eine
Altarbekleidung gestiftet und Ziegeln zur Pflasterung der Kirche
geschenkt; sie ließ die von ihrem Vater geschenkte Orgel reparieren,
ließ ein neues Schulhaus bauen, und schenkte ein Stück Acker für den
Schuldienst) wieder mit

19. Heinrich Joachim von Maxen auf Jeßnitz und Gaulitz, der sich ein
bleibendes Andenken durch ein Legat gesichert hat, dessen Zinsen
ursprünglich dem damaligen Pfarrer Storch persönlich zukamen, später in
das Pfarramtseinkommen mit eingerechnet wurden. Die Urkunde hierüber
findet sich in dem ältesten Kirchenbuche. - Auch diese Ehe währte nur
kurze Zeit. Am 30. Januar 1661 starb der Gemahl, kaum 37 Jahre alt. Auch
er wurde in hiesiger Kirche beigesetzt, und zwar am 16. März, laut
Kirchenbuch. - Zum dritten Male verheiratete sich Blandina geb. von
Rüdinger am 13. Februar 1663 mit

20. Christoph Ernst von Gersdorf auf Hainewalde, Ober= und Nieder=
Oderwitz (geb. 10. Juli 1633). Durch diese Verehelichung ging die
Hofhaltung von hier nach Hainewalde über. Seitdem ist Spitzcunnersdorf
mit Hainewalde verbunden geblieben. Er sorgte für eine weitgehende
Restaurierung des Pfarrhauses. Als auch diese Ehe bereits am 17. Mai
1667 durch den Tod des Gemahls gelöst wurde, fielen die Güter, da er
keine Kinder hinterließ, zunächst an seine Geschlechts= Verwandten
Siegmund, Hans Christoph, Christoph Gottlob, Friedrich Ferdinand und
Christian Felix von Gersdorf auf Gröditz, Kittlitz, Lautiz, Kotitz und
Soland, welche am 28. Juli 1667 damit belehnt wurden.
Doch kaufte 1670 an Walpurgis (1. Mai) die Wittwe diese Güter, auf denen
sie schon 20 000 Taler stehen hatte, wurde 1671 belehnt, erhielt
dieselben aus Lehn in Erbe 1677 in Allodial= Erbgüter (Allodium war das
freie erbliche Grundeigentum, das Herrengut, im Gegensatz zu dem Lehngut
[beneficium oder feudum], welches jeder Zeit zurückgezogen werden
konnte) verwandelt. Nach ihrer Belehnung verheiratete sie sich am 10.
Dezember 1671 (laut Kirchenbuch am 15. Dezember 1672) zum vierten Male,
und zwar mit

21. Eleutherius von Temritz auf Micka, Radischholz und Neuendorf. Zwölf
Jahre lebte sie noch in dieser Ehe. Nach einer langwierigen Krankheit
starb sie am 19. Juli 1683, 72 Jahre alt, und wurde am 25. Juli in
hiesiger Kirche an der Seite ihrer ersten beiden Gatten beigesetzt, von
den hiesigen Einwohnern viel beweint. Ihr Name wird alljährlich bei dem
von ihr gestifteten und noch jetzt bestehenden Hainewalder Armenessen
genannt, das ursprünglich für 24 Arme aus Spitzkunnersdorf bestimmt war,
später aber auf ebensoviel Arme aus Hainewalde (durch von Kanitz) und
Oderwitz erweitert wurde. Die Speisung der Armen geschieht in dem
Schlosse zu Hainewalde.
Nach dem Tode der Gattin wurde Temritz mit ihren Gütern belehnt
(Lehnbrief vom 27. Mai 1684).
In den Kirchenbüchern von Spitzkunnersdorf wird von Eleutherius von
Temritz gerühmt, daß er „bedacht war und fleißig sorgte, wie die
Kirchen0 Capitalien möchten vermehret werden“, und daß er zuweilen aus
seinen eigenen Mitteln Vorschuß getan habe. - Am 22. Januar 1685
verheiratete er sich wieder mit Victoria Tugendreich von Kyaw, einer am
25. Mai 1657 geborenen Tochter des Joachim Ernst von Kyaw auf
Gießmannsdorf. Nach nur einjähriger Ehe starb der Gemahl am 19. Februar
1686 in dem Alter von 61 Jahren. Er wurde in Spitzcunnersdorf
beigesetzt. Sein in Stein gehauenes Bildnis wurde in der Kirche an der
nach Süden gelegenen Längsseite (Kanzelseite) aufgestellt.
Die Wittwe genas am 20. März 1686 eines Töchterleins, Katharina Blandina
Tugendreich, welches bereits am 29. August 1686 starb, aber Veranlassung
gab, daß der Wittwe die Güter zufielen. Die offizielle Belehnung mit
Hainewalde, Spitzkunnersdorf und den Anteilen von Oderwitz erfolgte am
11. August 1694. Am 20. Juli 1687 verehelichte sich Victoria Tugendreich
verw. von Temritz mit

22. Johann Georg von Wehlen auf Merzdorf, Stallmeister, Kammerherrn und
Amtshauptmann von Torgau. Die Trauung erfolgte in Torgau. Als Frau von
Wehlen hat sie sowohl die Befestigung und Erneuerung des Kirchturms, als
auch den Neubau des hiesigen Pfarrhauses veranlaßt. Ihr Name ist auf
einer Gedenktafel von Sandstein an der Südseite des jetzigen
Pfarrhauses angebracht. Bereits vorher hatte sie der Kirche im Jahre
1680 eine neue Altarbekleidung geschenkt. Die Ehe war höchst unglücklich
(weil Victoria Tugendreich entgegen der Neigung ihres Herzens durch
kurfürstliche Entscheidung gezwungen wurde, sich mit dem ihr gänzlich
unsympathischen Herrn von Wehlen zu vermählen) und wurde 1699
geschieden. Charakteristisch ist, daß infolge dieser Scheidung am 7.
Januar 1700 (Sonntag Septuagesimä) ein Dankfest gehalten und dabei in
allen Kirchen des Patronates feierliche Dankgebete gesprochen wurden. -
Bereits am 18. April 1700 verheiratete sich Victoria Tugendreich
geschiedene von Wehlen, verw. gewesene von Temritz, geborene von Kyaw,
wieder, und zwar mit

23. Otto Ludwig von Kanitz, königlich polnischem und kurfürstlich
sächsischem Obersten der Kavallerie usw. (geb. 6. September 1661 zu
Nopkeim in Preußen), dem auch Micka, Radischholz und Neuendorf gehörten.
Eine Darstellung seines durch verschiedene Kriegszüge bewegten Lebens
findet sich bei Carpzow, Ehrentempel II, S. 153 ff. Nachdem er in
bairischen und brandenburgischen Diensten gegen die Türken und am Rhein
gegen die Franzosen gefochten hatte, war er 1692 als Major in
kursächsische Dienste getreten. In den folgenden Jahren focht er am
Rhein, wurde 1695 Oberst in einem Kavallerieregiment und marschierte mit
demselben 1697 nach Polen, wohnte schließlich den Feldzügen in Ungarn
gegen die Türken bei und nahm 1699 nach erfolgtem Friedensschlusse
seinen Abschied. Durch die Erbauung neuer Kirchen in Hainewalde,
Spitzcunnersdorf und Niederoderwitz hat er sich in diesen Gemeinden
unvergeßlich gemacht.
Otto Ludwig von Kanitz starb am 8. Februar 1724, 62 Jahre alt.
Seine Gemahlin war ihm bereits am 27. Mai 1717 im Tode vorangegangen.
In diesem Zusammenhange sei erwähnt, daß im Jahre 1698 auch das hiesige
Gut wieder von einer Herrschaft bewohnt wurde. Der Bruder der Frau
Victoria Tugendreich von Wehlen, der Fährich Johann Adolph von Kyaw, war
am 15. Oktober 1698 mit Fräulein Helene Katherine von Schwanitz in der
Kirche zu Hainewalde getraut worden. Diesem Paare wurde von Frau von
Wehlen
„das Gut Wiesenthal“ allhier zu ihrer Sustentation mit allen Nutzungen
eingeräumt, auch zuvor das adlige Haus dieses Rittergutes in vielem
repariret. Die Übersiedelung erfolgte am 25. Oktober.
Ferner sei noch bemerkt, daß Victoria Tugendreich als Frau von Kanitz im
Jahre 1700 der Kirche einen neuen Taufstein schenkte, und im Jahre 1703
stiftete sie das Hospital zu Hainewalde mit der Bestimmung, daß in
demselben je drei Personen aus Hainewalde, Spitzcunnersdorf und Oderwitz
Wohnung, Holz und Beleuchtung, sowie für die Person wöchentlich 1 Mark
25 Pfennig in Geld erhalten sollten.
Diese Stiftung ist infolge eines während jener unglücklichen Ehe getanen
Gelübdes errichtet worden, wie auch die Inschrift über der Haustür
erkennen läßt:
„Gott zu Ehren, dem Armuth zum besten.
Was Gott gelobet war macht dieses Haus offenbar,
so Frau von Kanitz ließ, durch ihren Gemahl, aufrichten,
als man schrieb die beigesetzte Zahl 1703“
Nach späterer Bestimmung können die Armen auch bei ihrer Familie wohnen
bleiben und bekommen alsdann nur die ausgesetzte Geldsumme.

24. Samuel Friedrich von Kanitz auf Mednicken, Mühlfeld und Boxin,
Amtshauptmann zu Sehsten, ein Neffe des Otto Ludwig von Kanitz, gelangte
durch Kauf in den Besitz der Güter.
Er war am 15. Juni 1690 zu Mednicken (Ostpreußen) geboren als einziger
Sohn
(neben 6 Schwestern) des Generalmajors Christoph Albrecht von Kanitz auf
Mednicken pp. und der Frau Maria Gottliebe geb. Schaack von Wittenau.
Er wird als ein menschenfreundlicher, die Wissenschaften liebender und
kenntnisreicher Mann gerühmt. Als 19 jähriger Jüngling durchzog er mit
seinem Vater als junger Krieger Italien und erwarb sich in diesen
Feldzügen hohe militärische Ehren, wie er sie auch ernstlich zur
Bereicherung seines Wissens benützte.
Der strenge Winter des Jahres 1709 und die veränderte Lebensweise hatten
eine schwere Erkrankung des jungendlichen Kanitz zur Folge, die ihn an
den Rand des Grabes brachte.
Einem Blutsturz folgte eine dreitägige Ohnmacht, so daß er allgemein für
tot gehalten und schon auf das Leichenbrett gelegt worden war. Doch war
er nach Gottes Ratschluß noch zu großen Dingen bestimmt. Der Tod seines
Vaters (gestorben am 18. November 1711 in Italien) veranlaßte seine
Rückkehr nach dem väterlichen Gute Mednicken (1712). Im Jahre 1715 wurde
er von dem preußischen Könige Friedrich Wilhelm I. nach Berlin berufen,
wo ihm später das ehrenvolle Amt eines Kammerjunkers des Kronprinzen
(des nachmaligen Königs Friedrich des Großen) übertragen wurde. 1722
wurde er zum Kammerherrn erhoben und mit dem goldenen Schlüssel
begnadigt.
In dem folgenden Jahre, 29. September 1723, vermählte er sich mit
Christiane Tugendreich von Kyaw, Tochter des Ernst Leopold von Kyaw auf
Friedersdorf und seiner Gemahlin Helena Sophia geb. von Gersdorf, welche
er bei Besuchen in Hainewalde kennen gelernt hatte, und die zur Erbin
des Obersten Otto Ludwig von Kanitz bestimmt war.
In den Jahren 1749 bis 1755 erbaute er das herrschaftliche Schloß in
Hainewalde, und da er von seinem Sohne keine Nachkommenschaft erwartete,
so verwandelte er die Güter Hainewalde und Zubehör in ein Fideikommiß
und Majorat für die Familie von Kyaw (Fideikommiß [nach römischem Recht
die Einsetzung eines Vorerben] heißt die Bestimmung eines Erblassers,
nach welcher sein Erbe eine einzelne Sache oder die gesamte Erbschaft an
einen anderen sofort oder später oder unter sonstigen Bedingungen
herauszugeben hat.

Nach dem Majorat tritt unter den dem Grade nach nächsten Verwandten je
der älteste in die Erbfolge ein. Auf diese Weise ist eine Teilung der
Güter nicht möglich).
Er starb am 18. Januar 1762 an Brustwassersucht, 71 Jahre alt, und wurde
in dem Erbbegräbnis zu Mednicken beigesetzt. Seine Gemahlin war bereits
am
3. April 1749 gestorben.
Zwei Töchter der Ehe starben frühzeitig, der einzige Sohn aber folgte
ihm im Besitze der Güter:

25. Ludwig Albrecht Leopold von Kanitz, kurfürstlicher sächsischer
Landkammerrat. Geboren am 30. Juli 1734, starb er am 15. Juli 1778 ohne
Leibeserben. Der einzige Sohn war früh wieder verstorben. Somit ging der
Besitz von Hainewalde, Spitzcunnersdorf und Oderwitz bestimmungsgemäß an
die Familie von Kyaw über. Er führte ein eisernes Brotmaß ein.

26. Ernst August Rudolph von Kyaw auf Friedersdorf und Gießmannsdorf,
Amtshauptmann des Fürstentums Görlitz, erhielt die Güter als der
damalige Senior der Familie aus dem Hause Friedersdorf. Er war am 29.
Mai 1739 geboren und in erster Ehe (1766) mit Johanne Erdmuthe Charlotte
von Jugenhoff vermählt, welche am 3. Dezember als Wöchnerin starb. Am 5.
Juli 1768 verheiratete er sich wieder mit Friederike Wilhelmine
Charlotte von Kyaw, der Erbin des im Mannesstamme erloschenen Hauses
Gießmannsdorf. Die zweite Gattin starb am 16. Januar 1787. Das Söhnchen
der ersten Ehe starb früh, aus der zweiten Ehe gingen 7 Söhne und eine
Tochter Charlotte Wilhelmine Ernestine, hervor. Als er im Jahre 1803
sein Gut Friedersdorf verkauft hatte, siedelte er nach Hainewalde über
und starb daselbst am 29. Dezember 1814.
Am Sonntage Estomihi 1815 wurde ihm zu Ehren eine Gedächtnisfeier in
hiesiger Kirche veranstaltet.

27. Ernst August Wilhelm von Kyaw, der älteste Sohn des vorigen,
Assessor. Er war am 21. März 1770 in Gießmannsdorf geboren und vermählte
sich im Jahre 1802 mit Kunigunde Juliane von Linnenfeld aus
Niederoderwitz. Er starb am 16. Juni 1821, erst 51 Jahre alt, mit
Hinterlassung eines einzigen Sohnes. Die Wittwe überlebte ihn noch bis
11. Mai 1864.
Von ihr stammt das von Kyawsche Legat. Das Stiftungskapital beträgt 100
Taler (300 Mark). Die jährlichen Zinsen sind an vier arme Personen der
Gemeinde Spitzcunnersdorf zu verteilen, die keine Unterstützung aus der
öffentlichen Armenkasse erhalten. Die Auswahl der Empfänger hat der
Ortspfarrer in Gemeinschaft mit dem Ortsrichter zu treffen und vor der
Austeilung der Gutherrschaft von Spitzcunnersdorf zur Genehmigung
vorzulegen. Weitere Bestimmungen hat nach dem Willen der Stifterin deren
Sohn Ernst Gustav Hermann von Kyaw getroffen und unter dem 11. Juli 1864
schriftlich niedergelegt. Hiernach soll die Verteilung der Zinsen
alljährlich am Todestage der Stifterrin (11. Mai) erfolgen, die
Verwaltung des Kapitals aber bei dem Kirchenärar stehen.
Auch fügte derselbe noch 25 Thaler (75 Mark) zu dem Legate hinzu, von
deren Zinsen die Administratoren und das Kirchenärar mit je 1 Mark
bedacht werden sollten.

28. Ernst Gustav Hermann von Kyaw, geboren am 6. April 1806 zu Zittau.
Nach dem Tode des Vaters (1821) stand er zunächst unter der
Vormundschaft des Herrn Ludwig Adolf von Lenz auf Strahwalde, übernahm
im Jahre 1827 die Güter selbst und vermählte sich am 3. Juli 1829 mit
Julie Charlotte
von Leupoldt aus dem Hause Reuthen. Zwei Söhne und eine Tochter gingen
aus dieser Ehe hervor.
Die Gemahlin starb am 25. Oktober 1871. eine zweite Ehe ging er am
1. März 1873 ein mit Anna von Starschedel, Tochter des Königlich
sächsischen Oberzollinspektors Otto Heinrich von Starschedel in Zittau.
Er starb am 29. November 1882.
Er schenkte der Gemeinde den Bauplatz zur Errichtung eines Schulhauses
auf dem Wiesentale.

29. Joachim Ernst Gustav von Kyaw, geboren am 6. Juni 1830, siedelte mit
Neujahr 1883 mit seiner Familie von hier nach Hainewalde über. Vermählt
war er seit 16. August 1864 mit Anna Margarete Isidore von Döring, David
Moritz Anton von Dörings auf Purschwitz Tochter (geboren am 23. April
1838). Außer dem ihm im Majorat folgenden ältesten Sohne Ernst von Kyaw
gingen aus der Ehe hervor: David Walther Joachim Georg, zurzeit in
Zittau lebend (geb. 20. August 1868, sowie eine Tochter Juliane
Magdalene (geb. am 29. Oktober 1870). Letztere, 1890 mit Hauptmann
Wittchow in Zittau vermählt, lebt jetzt in Oybin. Joachim Ernst Gustav
von Kyaw starb am 28. Januar 1917,
seine Gemahlin am 6. Mai 1916; beide in Hainewalde beigesetzt.
Nach der Übersiedlung der Herrschaft nach Hainewalde wurde das Dominium
Spitzcunnersdorf verpachtet. Der Gutspachter Glathe bewirtschaftete es
von 1883 bis 1888. Seitdem ist es von Hainewalde aus wieder von der
Herrschaft selbst bewirtschaftet worden.
Als Majorats= und Patronatsherr folgte dem im Jahre 1917 verstorbenen
Joachim Ernst Gustav von Kyaw der älteste Sohn:

30. Moritz Joachim Ernst von Kyaw, Rittmeister a. D., geboren am 22.
Juni 1865 auf Schloß Hainewalde, vermählt seit dem 4. September 1893 mit

Olga Melitta von Döring.
Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor.

Viele Grüße aus dem sehr kalten (-16°C)
3 Bockwindmühlendorf Oberoderwitz (südl. Oberlausitz)

Wolfgang (OTTO)

* 1943 in Zirlau Krs. Schweidnitz
nach der Vertreibung in Spitzkunnersdorf die Schule besucht.

Suche OTTO und FENDE in Niederschlesien