Bitte um Lesehilfe / Übersetzung lat-dt

Hallo allerseits,

im Kirchenkreis Göttingen wurde jetzt auch das Kirchspiel Rosdorf online gestellt und ich fand die Ordination von Friedrich Wilhelm LESCHEN 1738.

Könnte mir jemand diesen Text Viewer - Archion aus dem Lateinischen übersetzen? Ich habe weder das große noch das kleine Latinum, was bedeutet, ich kann nur versuchen den Text zu entziffern. Und das funktioniert nicht wirklich :thinking:

Schöne Grüße
Silke (Uppenthal)

Sehr geehrte Frau Uppenthal,

Was haben Sie denn schon selbst lesen können?

Stellen Sie doch bitte das hier ein, dann können wir Ihnen viel zielgerichteter helfen.

Allzeit viel Forschererfolg wünscht nebst einem schönen Abend

Mit freundlcihen Grüßen

Alexander Peren

Hallo Silke,

im Wesentlichen ist das eine Aufzählung der Leute, die an der Ordination beteiligt waren. Nun habe ich zwar das große Latinum (lang, lang ist’s her ;-)), aber an diesem Text hatte ich doch heftig zu knabbern; zum einen wegen des verzwirbelten Satzbaus (es ist fast nicht möglich, in diesem Wust von Ablativen überhaupt ein Subjekt und Prädikat zu finden, von dem alles andere abhängt), zum anderen, weil eine genaue inhaltliche Interpretation spezielle Kenntnisse der Verhältnisse im damaligen Kurfürstentum Hannover erfordert (über die ich nicht verfüge). Doch dazu später. Hier erst einmal meine Lesung und Übersetzung:

Anno 1738

Pastore ne.[?] Friederico Wilhelmo
Leschen. Deo benigne an-
nuente. Sacro baptismatis
fonte regno gratiae Domini
nostri Iesu Christi additi: Postquam
sacro huic officio Dominica xx.
post Trinitatis jussu Sacri Synoediy[?]
Hannoverani Celeberrimi, praefectus fuit.[?]
Et quidem a viro summo Reve-
rendo nec non Doctissimo Domino
Andrea Hagemanno Dioeceseos Mun-
densis hoc tempore ultra quadra-
ginta annos superattendente Meri-
tissimo ultimo. Nec non a
Viro Illustri ac Generoso Domino
C. F. de Manstein Satrapae Praefe-
ctura Mundensis gravissimo ut et
a Domino G. W. Steuerwald Prae-
fecto

Praefecto ibidem vigilantissimis
Commissariis Regiae Majestatis Ma-
gnae Britanniae ad hunc actum
constitutis, venerabilibus ac ma-
xime dignis.
Adstantibus viris Plurimum
Reverendis D[o]m[in]o: etc. etc. Stutz-
bach Letmershusanorum
ut et Domino etc. etc. Dann-
hauero Mengershusanorum
h.[oc] t.[empore] Pastoribus fidelis-
simis ac Meritissimis.

Zu deutsch:

Durch den ?? Pastor Friedrich Wilhelm Leschen wurden [sie] mit Gottes gütiger Hilfe im heiligen Quell der Taufe dem Reich der Gnade unseres Herrn Jesus Christus hinzugefügt; nachdem ihm am 20. Sonntag nach Trinitatis auf Anordnung der hochberühmten Heiligen Hannoveranischen Synode die Führung dieses heiligen Amtes übertragen worden war.
Und gleichfalls vom hochwürdigsten sowie hochgelehrten Herrn Andreas Hagemann, derzeit seit mehr als vierzig Jahren höchlichst verdienten Superintendenten des Mündenschen Sprengels, sowie von dem berühmten und großherzigen Manne, dem Herrn C. F. von Manstein, dem überaus würdigen Landrat des Mündener Kreises, sowie von dem Herrn G. W. Steuerwald, Bürgermeister ebenda, als überaus pflichteifrige, verehrenswerte und höchst würdige Kommissare Ihrer Königlichen Majestät von Großbritannien für diesen Akt eingesetzt.
Beistand leisteten die hochwürdigsten Herren, der Herr (usw.) Stutzbach, der Letmershausener, sowie der Herr (usw.) Dannhauer, der Mengershausener derzeitige getreueste und hochverdiente Pastoren.

Man sieht, dass am Anfang von einer Taufe die Rede ist, die Leschen vorgenommen hat, aber nirgendwo steht, welche Personen da eigentlich getauft wurden (es ist eine Mehrzahl). Der 20. Sonntag nach Trinitatis 1738 war der 22. Oktober. „Mundensis“ (Mündener) bezieht sich auf Hannoversch Münden. Die deutschen Bezeichnungen Sprengel (für dioecesis), Landrat (für satrapes), Kreis (für praefectura) und Bürgermeister (für praefectus) habe ich mehr oder weniger erfunden, um einen Eindruck zu geben, was gemeint ist; historisch sind sie nicht. Wie das in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Hannover tatsächlich korrekt auf Deutsch hieß, müsste man einen darauf spezialisierten Historiker fragen. Nur beim Bürgermeister denke ich, dass es so stimmt. Und schließlich gibt es zwar Mengershausen als Nachbarort von Rosdorf, aber kein Letmershausen. In Frage käme Lemshausen gleich neben Mengershausen oder das weiter westlich gelegene Settmarshausen; der Anfangsbuchstabe im Dokument ist aber eindeutig ein L.
Nett finde ich, dass, dem barocken Zeitstil entsprechend, die vornehmeren Herrschaften alle mit den schwülstigsten Titeln bedacht werden, während man sich bei den einfachen Dorfpastoren aus der Nachbarschaft mit einem schlichten „etc. etc.“ begnügt.

Freundlichen Gruß
Klaus (Bailly)

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Moin Klaus,

vielen herzlichen Dank für die Übersetzung und Deine Ausführungen.
Vielleicht meinte man mit [sie] die Gemeinde? Über diesem Eintrag ist nur eine Taufe vom 9. Oktober, das würde dann ja nicht dazu passen.

Schöne Grüße
Silke

Moin Silke,

die Gemeinde kann es wohl nicht sein, weil „additi“ Plural ist. Ich hatte mich übrigens verrechnet: der 20. Sonntag nach Trinitatis 1738 war der 19. Oktober, nicht der 22.
Der im Text genannte Andreas Hagemann hat sogar einen eigenen Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Theophilus_Andreas_Hagemann

Schönen Feiertag
Klaus

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