Begriffserklärung „ein vollständig aufgemachtes Bett“

Liebe Mitforscher,

bei einer Realteilung im Jahr 1899 in Weingarten soll der geringe Erbanteil zweier Töchter

von jeweils 20 Mark nicht ausbezahlt werden, sondern folgendermaßen abgegolten werden:

„ … je ein vollständig aufgemachtes Bett aus dem Nachlaße erhalten …“.

Ist das im wörtlichen Sinne zu verstehen, also ein Bett bestehend

aus Bettgestell, Matratze, Kissen und Decke samt Bettwäsche ?

Oder ist das eine Umschreibung für eine, in diesem Fall wohl kleine, Aussteuer?

Wer hat eine Erklärung?

Freundliche Ostergrüße aus Rheinhessen

Barbara (Schwickert)

Hallo Barbara,

das Bett kann da ruhig wörtlich genommen werden.

Vor 1800 (danach weiß ich es nicht) war ein Bett auch in der Mitgift bei
der Ehe üblich.

Viele Grüße
Daniel (Oswald)

Hallo Daniel,

danke für deine Erklärung.
Ich hoffe nur, dass die beiden jungen Frauen, 18 und 16 Jahre alt, mit ihren Betten vom Stiefvater nicht einfach vor die Tür gesetzt wurden. Denn nur ihre zwei jüngeren Brüder, 10 und 8 Jahre alt, wollte er bis zu ihrem 14. Lebensjahr in seinem Haus aufziehen.

Viele Grüße
Barbara

Hallo zusammen,

das sind völlig normale Formulierungen in Kontraktprotokollen.

Kinder hatten bis zum 14. Lebensjahr das Wohnrecht im Haus, danach mussten sie arbeiten als Knecht oder Magd, oder eine Lehre machen. Dabei wohnten sie im Haus des Bauern oder des Lehrmeisters und gehörten zu dessen Familie, sie hatten also Schlafen und Essen in dessen Haus.

Hat also nichts mit Stiefvater oder böser Stiefmutter zu tun, wie man bei Grimms Märchen lesen kann.

Viele Grüße

Günter (Thürheimer)

An der Point 8

86655 Harburg (Schwaben)

Tel. 09080-91212

Email: Thuerheimer@arcor.de

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Liebe Barbara,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

darf ich noch kurz ergänzen, mit meinem Wissen (vor allem für die Jüngeren unter Euch)? Gültigkeit Raum Oberschwaben, später auch Württemberg:

Also, ein „aufgemachtes Bett“ gehörte in der Regel zur Ausstattung (Teil der Fahrnis), vor allem der Töchter des Bauern. Die damaligen Betten waren in Teilen gefertigt: Kopfteil, Fußteil und je ein Seitenteil. Dazu gehörte auch ein sogen. „Bettrost“, dies war eine Matratze mit Rahmen, Federn und gepolsterte Auflage (Seegras oder Roßhaar) alles an einem Stück = ein schweres Teil zum Einlegen in das Bettgestell und musste dann nur noch überzogen werden. Weil diese Betten auseinandergenommen und an einem anderen Ort wieder relativ leicht zusammengebaut werden konnten, also ein durchaus mobiles Möbelstück waren, ideal. Solche Betten fand man früher auf jeden Dachboden eines Bauernhauses, sei es für die eigenen Angehörigen oder für Magd und Knecht gewesen.
Zusätzlich gehören dann noch die ganzen Kissen, Zudecke, Leintuch usw. dazu. Fertig zum Reinlegen.
Siehe auch 1881, Bild 2: http://www.lorkande.de/Allgemeines/Zuhause/Bett.htm

Ich hoffe, ich konnte ein wenig helfen.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Merk
88400 Biberach an der Riss
wolle.merk@t-online.de

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Hallo Günter, hallo Wolfgang,

vielen Dank für eure Erläuterungen. Sie helfen mir auch, die komplizierten Familienverhältnisse meiner drei Mal verheirateten Urgroßmutter zu verstehen.

Vielen Grüße
Barbara