Arrogationsvertrag 1846

Liebe Mitforscher,

bei der Hochzeit meiner Ururgroßeltern im Jahr 1846 wurde nicht nur ein Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen

und die Hofübergabe vertraglich geregelt, sondern auch ein Arrogationsvertrag

für die 1842 geborene außereheliche Tochter der Ururgroßmutter abgeschlossen.

Ich war bisher davon ausgegangen, dass der Ururgroßvater der Vater dieses Kindes sei.

Um so größer war meine Überraschung als ich diesen Vertrag entdeckte. Hier die wichtigsten Vereinbarungen:

Durch den Verlobungs Vertrag zwischen dem Wahlvater, Andreas Härdtle, Bauer und seiner nunmehrigen Ehefrau

Rosina geb: Hagel v. 29. Janr. 1846 ist verabredet, also als Grundbedingung zur Verehelichung festgesezt worden,

daß der Bräutigam und nunmehrige Ehemann, das Kind seiner Braut, und dermaligen Ehefrau, als eigen annehmen

u. als ein in der Ehe erzeugtes Kind ansehen wolle, so daß es mit den ehelich erzeugt werdenden Kindern gleich gehalten werden soll.

Nach dem ausdrüklichen Willen des Wahlvaters soll das Kind künftighin seinen Nahmen führen.

bestimmt der Vater der Frau, daß nach seinem Tode oder bei einer stattfindenden Theilung oder einer

Vermögens-Uebergabe dem oben erwähnten unehelichen Kinde seiner Tochter, (der jezigen Ehefrau)

ein Vermächtniß auszufolgen sei, im Betrage von 100 Gulden.

Nach heutigem Verständnis wäre dieser Arrogationsvertrag eine Adoption.

War es in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Regel außereheliche Kinder zu adoptieren oder eher die Ausnahme?

Kann man das Vermächtnis des mütterlichen Großvaters als einen Liebesbeweis des in seine Enkeltochter vernarrten Opas deuten?

Ich freue mich über jeden Hinweis.

Viele Grüße

Barbara (Schwickert)

Hallo Barbara,

auch ich habe eine Adoption 1842 in Irndorf, die vor der Heirat
abgeschlossen wurde. Der Vertrag liegt mir nicht vor, aber bei der Taufe
des unehelichen Sohnes 1839 hat der Pfarrer nachträglich den Vertrag
genannt, der im Bezirksamt Meßkirch liegt, in dem der Bräutigam den 3
Jährigen an kindesstatt angenommen und ihm die Rechte wie einem Kind von
ihm eingeräumt hat.
Wo hast du diesen Arrogationsvertrag gefunden ?
Herzlichen Gruß
Gisela

Hallo Gisela,

den Arrogationsvertrag habe ich im Gemeindearchiv Gutenzell gefunden. Er befand sich in den Amtsbüchern unter der Signatur XXII Inventuren und Teilungen. Auch Ehe- und Erbverträge, Hof- und Vermögensübergaben, Armenurkunden waren dort abgelegt. Da der Vertrag noch durch das Oberamtsgericht genehmigt werden musste,
könnten sich auch Unterlagen dazu im Kreisarchiv Biberach befinden. Ich werde das bei Gelegenheit prüfe. Ich gehe aber davon aus, dass der Vertrag genehmigt wurde, denn das angenommene Kind hat später unter dem Familiennamen des Vaters geheiratet.
Meßkirch ist überhaupt nicht meine Region, deshalb habe ich leider keine Idee wo du suchen könntest. :thinking:

Viele Grüße
Barbara

Die Mütter wurden auch von der staatlichen Seite ‚ausgefragt‘, wenn sie keinen Erzeuger angaben. Bitte immer im Geburtsregister nachschlagen! Ab 1808 gibt es auch viele nachträgliche Einträge, wenn die Mutter den Mann dann nachträglich nannte - manchmal sogar mit dem Vermerk, welche Oberamtsakte es war.
Ich habe mal gelesen, dass dieses Ausfragen nicht sehr angenehm war.

Hier der Geburtseintrag in Baustetten:


Nein, eine solche „Annahme des Kindes“ wie hier im Arrogationsvertrag war nicht üblich.
Ich habe schon entsprechende Einträge gesehen, wenn klar war, dass der zukünftige Ehemann selbst keine Kinder zeugen konnte.
Vielleicht war es auch manchmal wichtiger zu wissen, dass „diese zukünftige Ehefrau gesunde Kinder austragen“ kann. Und sicherlich wurde auch der Umgang mit Haus und Kinder „geprüft“

Üblicher war, dass man das Kind zwar in die neu entstehende Familie aufnahm, aber dann in der Erbschaftsfolge herausnahm. Der Vater der Gebärenden hätte für das Kind zu sorgen. Deshalb steht das „Spuria Magdalena geb. 1842“ auch im Familienregister des Gottfried Hagel drin (Baustetten F101). Man könnte sagen „hätte er auf seine Tochter besser aufgepasst,“, müsste er nicht für ein weiteres Kind ein Erbe aufbringen.

Mit dem bekanntwerden des leiblichen Vaters hätte dieser auch nur die Alimente bezahlen müssen. Üblicherweise hat das Kind dann seinen Nachnamen. Ich habe aber schon mehrere Fälle gesehen, wo dann in der Nachlassakte dieses nicht-eheliche Kind noch nicht mal auftaucht.

Den Eintrag bei Familysearch habe ich entsprechend angepasst. Man kann nämlich eine Adoption entsprechend als „Verwandtschaftsverhältnis zum Kind“ angeben. Korrekterweise müsste man noch den „unbekannten Vater“ eintragen, aber dass macht es nur kompliziert.

Oh, es gibt noch eine zweite Spuria „Apolonia *2 oder 3. Febr. 1845 in Roth - aber gestorben 23.Feb 1845 in Roth.“