Sehr geehrter Herr Fuetterer,
"[Dorf-]Gerichtsgeschw[orener]" war kein Beruf, sondern ein Amt! Hierzu einige
Erl�uterungen:
Im Mittelalter hatte der Herzog die obere Gerichtsbarkeit �ber die deutschen
Orte; die niedere war dem Unternehmer (locator) vom Herzog �bertragen, der davon
den Schulthei�entitel f�hrte: schlesisch scholtisse, scholtis, scholz oder
scholze, latinisiert scoltetus. Er leitete das Dorfgericht, das mit
Gerichtsgeschworenen (Sch�ffen) aus der Gemeinde besetzt war, und vollstreckte
das Urteil. Von den Gerichtsf�llen erhielt der Herzog zwei Drittel, der Scholze
ein Drittel.
Die Gerichtsgeschworenen (Sch�ffen) waren seit den �ltesten Zeiten die Vertreter
der Gemeinde. Sie waren diejenigen, die innerhalb ihres Gemeinwesens bei
einfachen Rechtshandlungen (vor allem bei K�ufen und Verk�ufen) Gerechtigkeit
und Ordnung schufen und damit ansatzweise eine Vorform gemeindlicher
Selbstverwaltung darstellten. Das Wort "Sch�ffe" bedeutet demnach "beisitzender
Urteilsfinder", also "Gerichtsgeschworener", und bezeichnete urspr�nglich
denjenigen, dessen Urteil zwischen den streitenden Parteien Ordnung "schuf"
[Friedrich Kluge, Etymologisches W�rterbuch der deutschen Sprache, 18. Auflage,
Berlin 1960, S. 674 f.]
Hie und da seit dem Ende des 15. Jahrhunderts, allgemein seit dem 16.
Jahrhundert wurden die Beschl�sse des "Dorfgerichts" in den sogenannten
Sch�ppenb�chern (Sch�ffenb�chern) schriftlich festgehalten. In dieser Zeit gab
es f�r die Sch�ffen auch die Bezeichnung "Berichts-�lteste". Als
"Gerichtsgeschworene" sind sie von Mitte des 17. Jahrhunderts bis zum ersten
Drittel des 19. Jahrhunderts bezeugt.
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Sch�ffen nicht mehr die Tr�ger einer
niederen Gerichtsbarkeit, sondern nur noch die Ausf�hrenden einer gewissen
d�rflichen Selbstverwaltung. Sie d�rfen also auch nicht mit den Gerichtssch�ffen
(Laienrichtern) unserer Zeit verwechselt werden. Sch�ffen waren jetzt diejenigen
M�nner, die unter Vorsitz des ebenfalls gew�hlten Gemeindevorstehers alle
Gemeindeangelegenheiten, wie zum Beispiel das Ausbessern der Wege, das R�umen
der Gr�ben und das Sauberhalten des ganzen Dorfes, in freier Eigenverantwortung
regelten. Zu den Gemeindearbeiten, die vor allem im Fr�hjahr und im Herbst
verrichtet wurden, mu�te jeder Hof einen Mann stellen.
Der Gemeindevorsteher, auch Ortsvorsteher oder B�rgermeister genannt,
unterschied sich vom Dorfschulzen (Schulthei�en) der alten Zeit haupts�chlich
dadurch, da� er der Gemeinde und nicht der Grundherrschaft verpflichtet war. In
den meisten schlesischen D�rfern gab es jetzt bis 1927 neben der Landgemeinde,
rechtlich von dieser getrennt, den Gutsbezirk, f�r den nicht der
Gemeindevorsteher, sondern der Gutsvorsteher zust�ndig war.
Zu diesem Thema gibt es viele B�cher, zum Beispiel: Waldtraut Meyer, Gemeinde,
Erbherrschaft und Staat im Rechtsleben des schlesischen Dorfes vom 16. bis 19.
Jahrhundert, dargestellt auf Grund von Sch�ppenb�chern an Beispielen aus Nieder-
und Oberschlesien (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte,
Zw�lfter Band, W�rzburg 1967, S. 145-147.)
Mit freundlichen Gr��en! Klaus Kunze