Ahnenforschung im Urlaub

Originally published at: Ahnenforschung im Urlaub • Verein für Computergenealogie e.V. (CompGen)

Ilse Zelle, Lehrerin und Autorin aus Syke in Niedersachsen berichtete in der Torgauer Zeitung (Nordsachsen) am 18. August 2022 über ihre Erlebnisse zur Ahnenforschung im Urlaub in Torgau. Mit ihrer Erlaubnis geben wir diesen Artikel (leicht gekürzt) wieder. Er soll eine Anregung an alle Familien- und Ahnenforscher und -forscherinnen sein, aufzuschreiben, wo sie in ihren Ferien genealogisch erfolgreich waren. Geben Sie hier im Blog des Vereins für Computergenealogie weiter, was Sie dabei neu herausgefunden haben. Wir freuen uns über Ihre Meldung!


Torgau. Was ist in dem alten Koffer, der seit Jahrzehnten auf dem Dachboden verstaubt? Erst mit 70 Jahren öffne ich ihn und finde die gesammelten Predigten meines Großvaters Andreas Knaake. Die Ordner sind nach den Predigttexten geordnet, nicht in chronologischer Reihenfolge. Jede Predigt umfasst etwa zehn bis 12 Seiten und ist in der „Deutschen Schreibschrift“ verfasst. Eine mühselige Transkription beginnt.

Besonders liegen ihm die Kinder in seinen Gemeinden Falkenberg und Dahlenberg am Herzen. Im Spätherbst 1903 schreibt er: „Nicht mit derselben Freudigkeit wie sonst findet sich unsere Gemeinde im Hause Gottes heute zusammen, denn ansteckende Krankheiten sind ausgebrochen und die Hand des Herrn liegt schwer auf uns. Es sind jetzt manche Kinder krank an den Masern. Wer da zu Hause bleibt, die Kranken pflegt und tröstet und für sie betet, der hält einen wahren Gottesdienst.“…

Gespannt auf Falkenberg und Dahlenberg plane ich meine Reise von Syke bei Bremen in die Dübener Heide (…) und erblicke zum ersten Male die Dahlenberger Dorfkirche, in der mein Großvater über 40 Jahre gepredigt hat. Ein schöner Anblick!

Da die Archivtermine am nächsten Tag erst spät liegen, besichtige ich die vielfältige Landesgartenschau in Torgau. Trotz guter Vorbereitung der Stadtarchivarin Frau Peuker werde ich im Zeitungsarchiv nicht fündig, aber die Kirchenarchivarin Frau Göcht hat mir in der Wintergrüne Akten über das Bewerbungsverfahren von Andreas Knaake von 1890 hinterlegt, die ich alle fotografieren darf. Weitere Unterlagen, wie seine Dorfchronik zum Ersten Weltkrieg mit den Feldpostbriefen, will sie mir nach ihrem Urlaub senden.

Am darauffolgenden Tag erhalte ich von Cornelia Laugwitz das Protokollbuch des Gemeindekirchenrates von Dahlenberg ab 1901. Mit Roland Weber vom Kirchenvorstand besichtige ich die Kirche und besteige den Glockenturm.

Wirkungsstätte des Großvaters Joachim Andreas Knaake

Auch in Falkenberg steht mir die Kirche offen, eine Saalkirche aus dem 13. Jahrhundert, die vor über 10 Jahren mit viel Engagement von der Gemeinde restauriert wurde. Nachdenklich trete ich zum Altar und lese die Seligpreisungen. Von dieser Kanzel aus, verziert mit Bildern der Evangelisten, hellblau und golden umrahmt, begrüßte Andreas Knaake damals seine ‚geliebte Gemeinde‘. Besonders berührt bin ich vom Taufbecken mit der Inschrift: „Kirche Falckenberg. Dis Taufbecken haben wir inwohnenden Weiber verehret 1688“. Die Frauen hatten sich zusammengetan, um eine schöne Taufschale für ihre Kinder zu erwerben. Hier taufte mein Großvater meinen Vater und seine Geschwister, deren Taufpredigten erhalten geblieben sind.

Im Dorf bin ich mit Helga Lehmann verabredet, die noch meinen Vater Gerhard und seine Schwester Elisabeth kennt. Gemeinsam gehen wir über den Friedhof zum alten Pfarrhaus, das heute von einer jungen Familie in Lehmbauweise renoviert wird. Vom alten Grundriss ist jedoch wenig übrig. Als Pfarrer und Kuhbauer bewirtschaftete Knaake den Pfarracker. (…) Interessiert am Wetter und Mond gab Knaake einen Wetterkalender heraus und bestellte sein Land erfolgreich nach den Mondphasen.

Dankbar für die herzliche Aufnahme und beladen mit einem Stapel Akten fahre ich nach Hause. Nun heißt es, den Schatz zu heben und die Unterlagen für ein Buch auszuwerten…

Zur Person

Joachim Andreas Knaake wurde am 11. März 1865 in Potsdam geboren, wo sein Vater Karl Knaake Kadettenpfarrer und Lutherforscher war. Nach dem Abitur in Helmstedt studierte Andreas Knaake ab 1884 evangelische Theologie in Halle. Seine erste und letzte Pfarrstelle trat er im März 1891 in Falkenberg an. Zudem bekleidete er von 1894 bis 1936 den Posten des Ortsschulinspektors und Schulverbandsvorsteher für zwei Schulen. Er heiratete die Gutsbesitzertochter Elise Scherping aus Drakenstedt. Das Ehepaar hatte drei Kinder. Nach 43 Jahren, am 1. Oktober 1935, emeritierte Andreas Knaake. Er war der letzte Pfarrer, der das Pfarrhaus bewohnte. 1937 zog er zu seiner Tochter Elisabeth nach Bitterfeld, wo er am 2. 4. 1940 verstarb. Bestattet wurde er neben seiner Frau an der Falkenberger Kirche.


Über den Urgroßvater Karl Knaake (1835 – 1905), Pfarrer und Lutherforscher, hat Ilse Zelle ein Buch verfasst:

Ilse Zelle: Karl Knaake – Begründer der Lutherausgabe. Hintergründe zu Person und Werk. Eine Spurensuche in Bildern, Briefen und Begegnungen. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Ulrich Köpf. LIT Verlag, Berlin/Münster 2017.

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