"Ängste" aus dem Landesarchiv: „Mit Furcht und Schrecken" gelesen

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Das aktuelle Heft der „Archivnachrichten“ des Landesarchiv Baden-Württemberg Nr. 63 hat als Thema „Ängste – Umgang mit Furcht und Schrecken“ gewählt. Schon die Titelbildauswahl verdeutlicht das Thema drastisch. Gruselig! Corona reicht doch schon!


Im Einleitungstext zum Heft nutzt die Redakteurin Verena Schweizer das Werbeplakat im Ersten Weltkrieg als Beispiel zur Verdeutlichung für das Geschäft mit der Angst: Die friedliche Taube (= Deutschland) wird vom bösen Raubvogel angegriffen. Das sollte die Menschen trotz fortgeschrittenem Weltkrieg motivieren, weiter Kriegsanleihen zu kaufen. Insbesondere die kollektiven Ängste der Menschen und der Umgang mit Furcht und Schrecken werden anhand einer Reihe von Beispielen aus der Geschichte verdeutlicht. Dazu können Historiker in ihren Artikeln im Heft eine Reihe liefern: Die Angst vor Naturkatastrophen, dem Hunger, der Türkengefahr bis ins 18. Jahrhundert oder dem Atomkrieg. Selbst frühere Pandemien wie die Pocken oder die Grippe sind Angstthemen. Wir lesen, dass trotz Impfgegnern wie den „Salpeterern“ im hohensteinischen Vorderösterreich die Pockenkrankheit heute als ausgerottet gilt.

Aber auch Beispiele für persönliche Ängste vor dem Teufel, der Hexerei, dem Scheintod, Verfolgungswahn oder dem persönlichen Stigma werden von den Autoren verdeutlicht. Die Furcht oder Sorge vor den Folgen von technischen Innovationen wie z.B. der Eisenbahn hat zu Einsprüchen der Menschen geführt; heute gibt es beim Deutschen Bundestag ein beratendes Büro für Technologiefolgenabschätzung.

Im Einführungsartikel wird die Angstgeschichte der Bundesrepublik beschrieben: Die kollektive Angst der Deutschen vor Vergeltung und Versklavung durch die Siegermächte oder vor der Vernichtung der persönlichen Existenz durch die Entnazifizierung herrschte in er Frühzeit der Republik vor. Im Kalten Krieg wurde die Angst vor dem Kommunismus geschürt. Bis heute wird in den Wahlplakaten der politischen Parteien gern mit Ängsten operiert. Der Autor Frank Bless hat ein Buch mit dem Titel „Republik der Angst. Eine andere Geschichte der Bundesrepublik“ geschrieben.

Aktuelles und Personalia in Archivnachrichten

Natürlich hat das Heft auch noch aktuelle Nachrichten, z.B. den Chefwechsel beim Hauptstaatsarchiv von Nicole Bickhoff zu Peter Rückert, oder die Archivalien-Präsentation von baden-württembergischen Universitäten bei LEO-BW, die Digitalisierung der Zweitschriften evangelischer Kirchenbücher im Landesarchiv BW. Das Staatsarchiv Ludwigsburg hat ein Grusel-Archivpädagogik-Modul „Zauberspuk“ als Online-Angebot entwickelt. Den Kindern scheint’s Spaß zu machen.

Im Blog des Vereins für Computergenealogie (CompGen) lesen wir regelmäßig die Hefte mit Mitteilungen der Landesarchive, da sie interessante Informationen für die Familienforschung, aber auch Einblicke in das Innenleben der für unsere Arbeit wichtigen Archive bieten.