"Abbau" in Ostpreussen

Abbauten sind zu einem Dorf gehörige, aber außerhalb der geschlossenen

Ortslage später angelegte Höfe. Landwirtschaftlich und
geographisch-fachwissenschaftlich werden solche Höfe heute Aussiedlerhöfe
genannt. <<

Dazu läßt sich vielleicht noch folgendes ergänzen:
Die Bezeichnung ABBAU kommt wohl speziell in Ostpreussen vor. In meinen
Recherchen ist mir immer wieder begegnet, daß im Zuge der Preussischen Landreform
von 1807 in den Jahrzehnten danach viele sogn. Abbauten entstanden.

Stadtbürger hatten vor der Landreform Nutzungsrechte auf dem Land vor der
Stadt (oft gehörten zu einem Hausgrundstück in der Stadt ein Nutzungsrecht von
bis zu einer Hufe vor der Stadt, welches jedes Jahr neu verteilt wurde, um
alle Beteiligten in den Genuß von besonders fetten Wiesen, günstig nahe bei
gelegenen Feldern oder anderen Vorteilen gelangen zu lassen; kompliziert wurde
es mit Holz- und Waldrechten). Durch die Landreform wurden den Städten
auferlegt, diese Nutzungsrechte in persönliche Eigentumsverhältnisse zu überführen.
In Einzelfällen (wie z.B. in Schippenbeil) kam es dadurch zu jahrzehntelangen
Rechtsstreitigkeiten, bis dann alle Einzelfälle angemessen in Besitzanteilen
abgefunden waren. Dadurch ergab sich oft Landeigentum, welches weit ab von
dem Haus in der Stadt lag. Mein Ururgroßvater z.B. nutzte die Gelegenheit,
ließ sich die abgelegene Lage duch ein paar zusätzliche Morgen entgelten, kaufte
noch von anderen hinzu und setzte sich einen Hof darauf, der fortan Abbau
Schippenbeil genannt wurde (um1860).

Auf den ehemals gutsuntertänigen Dörfern wurden nach der Landreform nach und
auch die Bauern richtige Eigentümer ihres bearbeiteten Grundes. Einige
Besitzer oder Erben verkauften. Andere vergrößerten sich dadurch. So konnte es
sein, daß die zu bearbeitenden Flächen des neu zusammengelegten Besitzes
unzumutbar weit vom ursprünglichen Hofgebäude entfernt lagen. Der Besitzer baute
einen Abbau -weiter vom Dorfkern entfernt- im Zentrum seines Besitzes.

Grüße aus Berlin

Viktor Haupt