Gabriele!
Also, das kriegen wir schon irgendwie durchgeknetet und gebacken!
Fangen wir mal vorne an:
Soldat vom 1.10.1902-30.9.1903 bei der 6.Battr.des Ostpr.Fußart.Rgt.in
Königsberg
Das war das kgl preussische Fußartillerie-Regiment von Linger (Ostpreussisches) Nr 1
<Der General der Artillerie (der einzige mit diesem Titel in der "Ur-alten" Armee vor 1806> Christian v. Linger *1669 +1755, war schon zum Dienstbeginn Friedrich II an der Spitze der preussischen
Dein Großvater hat seinen Lebenslauf sicher nachts im
Schlaf vorwaerts und rückwaerts singen koennen!
Das Regiment war die Festungsartillerie von Königsberg und der Feste Boyen (Lötzen).
Die Fußartillerie ist eine "junge" Truppe, der Stiftungstag des Regiments ist daher der 16.6.1864
Er gehoerte zu dem was man die "gebildeten Stände" nannte und hatte sicher "Primareife" (wohl Abitur), denn er trat in das Regiment als "einjaehrig-Freiwilliger" ein, musste also nicht die gesamte Wehrpflicht von 2 1/2 bis 3 Jahren machen sondern eben nur <wie der Name sagt> 1 Jahr..... allerdings er bekam keinen Sold und musste Uniform und Ausruestung selbst beschaffen und unterhalten. <Die Kanonen der Artillerie beschaffte allerdings der Koenig auch fuer "Einjaehrige" auf dem "Gnadenweg">
Nach diesem einen Jahr schied er als "Fähnrich" aus und wurde nach einer Reserveuebung zum Leutnant der Reserve befoerdert, womit er dann "hoffaehig" war und zu Hofbaellen eingeladen werden durfte. Irgendwann wurde dann aus dem Leutnant der Reserve ein Leutnant der Landwehr und er wurde aus "der Reserve" zur Landwehr versetzt. Das hat er jedoch nicht mehr erlebt, denn in letzten Friedensrangliste von 1914 finden wir ihn als Reserveoffizier (drittältester Leutnant) im Feldartillerie-Regiment Prinz August von Preußen (1. Litthauisches) Nr 1. Das lag mit Stab, II und Reitender Abteilung in Gumbinnen und mir der I. Abteilung in Insterburg. Als Heimat Wehrbezirk ist angegeben (Tilsit). Der Stiftungstag dieses Regiments war uebrigens der 1. Oktober 1772 und das Lernen der Schlachten und Gefechte an denen das Regiment teilgenommen hatte erforderte erneut eine uederdurchschnittliche Meisterleistung des Gedächtnisses deines Großvaters und einer gesunden Leber, da jeder Jahrestag einen "ungeliebten" Anlass zu einem schwungvollen Kasinofest bot.
Bei Kriegsbeginn erleichterte ihm dieser Status als Reserveoffizier das Leben ungeheuerlich: 1. Er musste sich nicht erst "kriegsfreiwillig" melden, sondern hatte seine Eisenbahnfahrkarte erster Klasse schon in der Tasche und durfte sich bei der Mobilmachung sofort bei seinem Regiment melden und musste nicht erst planlos durch Ostpreussen irren.
Mit der Mobilmachung bilden die Regimenter des Friedensheeres neue Regimenter und so fand er sich nach der Meldung natuerlicher Weise sofort im Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr 1 wieder.
Jetzt machen wir mal einen Augenblick Pause mit der Historie: und machen in "6. Hose" (also Organisationslehre der Armee <ist nicht so schlimm, geht im Frieden eigentlich nie ueber "fuenf"..... An der Spitze des Armee steht EIN Koenig..... darunter gibt es EIN Kriegsministerium (zur Verwaltung und Bekaempfung des Reichstages) und EINEN Generalstab (zur Fuehrung des Krieges). Darunter gibt es "Armeeinspektionen" aus ihnen werden Armeen und darunter Armeekorps an deren Spitze ein Kommandierender General mit dem Prädikat "Exzellenz" steht. Unter ihm stehen dann zwei Divisionen,
die jeder zwei Infanterie Brigaden mit zwei bis drei Infanterie-Regimentern, dazu eine Kavallerie-Brigade und eine Feldartillerie-Brigade <Diese, damit es nicht zu Verwechselungen mit Soldaten kommt <grins>>.
Das Armeekorps mit seinen Divisionen, Brigaden und Regimentern wird vom Generalstab an eine bestimmte Stelle auf der Landkarte geschoben und begibt sich daraufhin zum Bahnhof und faehrt im Sonderzug an diese Stelle. Da man sich ja nun aus gemeinsamen Friedenstagen kennt und manchen Manoerverball gemeinsam ueberstanden hat, beschließt man nun fuer die Dauer des Krieges zusammenzubleiben und alle "Feierlichkeiten" gelassen auf sich zukommen zu lassen. <Da der Krieg sich aber in die Länge zieht, läßt sich das nicht ganz durchhalten, so dass schweren Herzens hin und wieder Verschiebungen vorkommen.> Man liegt also zusammen und kaempft gemeinsam gegen die Muedigkeit, die schlechte Verpflegung und eben auch gegen den Feind. Besonders das letztere fuehrt zu besonders lauten und leider auch gefaehrlichen Zusammentreffen im Gelaende, die der Nachwelt unter der Bezeichnung Gefecht (oder wenn größer Schlacht ueberliefert werden und denen dann ein einprägsamer Name gegeben wird um sie fuer zukuentigte Kasinofeste leichter auf dem Dienstplan unterbringen zu koennen. <Auch die Geschichtsschreibung wird durch diese Bezeichnungen sehr befördert, denn der Mensch hat nur ein bedingt aufnahmefaehiges Hirn>. Da man zusammenliegt teilt man auch die Namen der Gefechte und Schlachten und da in der preussischen Armee Ordnung haelt, werden darueber "Gefechtskalender" gefuehrt (in denen die offiziel verliehenen Namen stehen, und die es fuer jede Ebene gibt. Also Armeegefechtskalender..... Regimentsgefechtskalender. Den Soldaten werden diese Daten zur bleibenden Erinnerung ins Soldbuch geschrieben, damit sie ihr eigenes Gedaechtnis entlasten und dennoch nachvollziehen koennen wo sie waren..... (Das schlechte Sch....Wetter bleibt sowieso unvergessen im Gehirn gespeichert).
Du siehst, es ist einfach nur eine Gleichung mit mehreren Unbekannten, die man in der Ruhe eines Lazaretts (wo man liegt, wenn man sich beim durchrechnen mal wieder alle Finger gebrochen hat) leicht nachvollziehen kann. Soldaten sind eben im Gegensatz zu Zivilisten einfach strukturiert.
Konntest Du mir soweit folgen ? Du Arme, ich bedauere dich ehrlich.
Die Einzelheiten des Gefechtskalenders des Reserve-Feldartillerie-Regiments Nr 1 werde ich jetzt noch mal gesondert nach-karteln und dir privat zukommen lassen, sonst meinen einige noch darueber wuerde demnaechst ein Test geschrieben und sie muessten alles auswendig lernen <grins>
Fußmunitionskolonne XVII. ist uebrigens die Pferdewagenkolonne des XVII. Armeekorps, die immer die Munition hinter den Kanonen herfahren und dann haben diese blöden Kanoniere nichts besseres zu tun als alles wegzuschießen.... Ungerechte Welt...
Ernst