Wie ist Eure Meinung dazu? Uneheliche Kinder, Berufstätigkeit der Frau und 30-jähriger Krieg

Hallo Zusammen,

ich habe folgende Beobachtungen gemacht und würde gerne mal Eure Meinung
dazu hören.
Ist es Zufall oder gibt es Erklärungen dazu?

1. Uneheliche Kinder
Mir ist aufgefallen, dass ab ca. 1800 vermehrt Mütter mit ihren unehelichen
Kindern in den Kirchenbüchern oder OFBs auftauchen.
Vor 1800 hatte ich eher den Eindruck, dass bei Schwangerschaft noch schnell
geheiratet werden musste.
Hat sich ab 1800 die Einstellung zu unehelichen Kindern geändert? Könnte
das etwas mit der französischen Revolution zu tun haben?
Oder woran liegt das?

2. Berufstätigkeit der Frau
Auch scheint es mir, dass ab dieser Zeit immer mehr Frauen einer
Berufstätigkeit wie z.B. Hausmädchen oder Magd nachgegangen sind- und das
auch weiter weg und nicht mehr in der heimischen Umgebung.
Könnte das auch an der Armut der Menschen gelegen haben?
Ab wann war es überhaupt "normal" geworden, dass Frauen einen Beruf hatten?
Erst nach dem 2. Weltkrieg?

3. 30-jähriger Krieg
Mein Eindruck ist, dass in unserer Region nur die Menschen den 30-jährigen
Krieg überlebt haben, deren Familien es vorher zu einigem Wohlstand
gebracht haben. Durch Aufbrauch dieses Vermögens konnte die Familie die
vielen Jahren überleben. Danach waren sie dann meistens wirklich arm und
hatten nichts mehr.

Was denkt Ihr oder gibt es dazu auch wissenschaftl./ historische
Erklärungen?

Danke vorab und einen schönen Sonntag
Anja

Eine Freundin hat mir berichtet, dass sie von einer Frau abstammt, die vor dem Ertränken gerettet wurde. Das habe man damals mit Ehebrecherinnen und Unverheiratet schwanger werdenden so gemacht, hat sie erzählt. Wenn man damit aufgehört hat, ist das schon mal eine gute Sache. Aber diese alleinstehenden Frauen, die auf ihren Kindern sitzen gelassen wurden, hatten sowieso ein hartes Los. Ich lese ja immer wieder, wie ihre Kinder meistens nicht mal das erste Lebensjahr überstehen.

‐‐‐‐‐‐‐ Original Message ‐‐‐‐‐‐‐

Hallo Anja,

zu Punkt 1, uneheliche Geburten

Meines Erachtens lag es daran, das ab 1800 in den linksrheinischen Gebieten die Anzeige von Geburten zum Gesetz wurde und in den Zivilstandsregistern eingetragen werden mussten.
Vorher gab es darüber keine umfassende Kontrolle, vor allen Dingen nicht bei Menschen die nicht sesshaft waren, davon gab es sehr viele. Uneheliche Kinder gab es schon immer, das liegt einfach in der Natur des Menschen. Auch spielen die politischen Verhältnisse eine große Rolle, in Kriegszeiten wurden uneheliche Kinder gerne als Notzucht durch Soldaten verschleiert, wodurch man der Kirchenstrafe entging. Wie man weiß gab es ja zwischen 1618 und 1798 fast mehr Kriegszeiten als Friedenszeiten.

zu Punkt 2, Frauenberufe

Diese dürften wohl erst mit der Gleichberechtigung entstanden sein. Vorher gab es nur die Arbeit als Magd oder Dienstmädchen, dies aber schon seit vielen Jahrhunderten. Das lag daran, das in einer Familie nur der Mann die Familie ernährte. Je größer die Familie war, um so schwerer war es, da ja auch oft noch die Alten versorgt werden mussten. Die heranwachsenden Kinder wurden daher oft in fremde Dienste geschickt um einen Esser weniger zu haben.

zu Punkt 3, Überleben im 30-jährigen Krieg

Ich glaube nicht das dies am Reichtum lag. Die Bevölkerung wurde ja systematisch ausgeplündert, die Ernte vernichtet und wenn es keine Lebensmittel mehr gab nützte auch Geld nichts mehr. Ich denke es lag viel mehr daran das die Menschen die überlebt haben, sich in Gebiete abgesetzt haben wo sie überleben konnten. Die Pfalz z.B. war so gut wie entvölkert und nur wenige kamen zurück, in der Regel die, die in der Heimat Besitz hatten.
Über die wenigen die in ihren Dörfern blieben gibt es schauerliche Geschichten wie Kannibalismus, doch dafür gibt es keine Belege. Viele gingen in den Kriegsdienst, Frauen als Marketenderinnen oder in die Prostitution.

Uwe Roeder