[WestfGen] Bürgerliche Vermögen im 15. Jahrhundert

Lieber Herr Schindler,

Mitte des 15. Jahrhunderts liehen vier Brüder Duster (zwei davon
Bürgermeister) in Lippstadt den v. Hörde 5000 Gulden, für knapp 3000
Gulden kaufte der Bielefelder Bürgermeister Ludeke von Grest den
Besitz eines Herforders auf, der einer Ratsfamilie angehörte. Für
3500 Gulden verkaufte der Lippstädter Bürgermeister Bernd Duster um
1490 nahezu seinen gesamten Besitz. Ähnlich hohe Einzeltransaktionen
habe ich sonst bisher noch nicht gefunden, auch keine Angaben über
das Gesamtvermögen. Meistens bewegen sich Käufe deutlich unter 500
Gulden, ganz selten bis zu 1000. Kennt jemand vergleichbare Fälle
oder Angaben zum Vermögen?

vielleicht helfen Beispiele aus Testamenten Kölner Bürger, die ich unten einfüge. Kölner Ratsherren, Kaufleute etc. testieren häufiger über vierstellige Summen, darunter auch vierstellige Summen allein für geistliche Stiftungen.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias A. Kemper

Dr. Peter Rynck (5.5.1500): Dr. Peter Rynck verfügt, dass zwei Häuser aus einem Besitz verkauft werden sollen, um aus dem Erlös Renten für seine Nichte zu finanzieren. Weitere Nichten und Neffen erhalten je 50 Gulden. Seine sechs weiteren Häuser sollen verkauft werden, und von dem gesamten Erlös sind Seelenmessen zu feiern. Kirchen, Klöster und wohltätige Stiftungen in Köln erhalten insgesamt 3.500 Gulden und 4.500 Mark. Mit einer Rente von 96 Gulden sollen im Hospital von St. Revilien, das der Vater des Erblassers gestiftet hat, zwei weitere Zellen für Geisteskranke eingerichtet werden. Das Hospital in Korbach in Hessen erhält 285 Gulden zum Bau eines Kloster und für den Neubau der Kirche. 400 Gulden erhalten die Dirnen in Köln, um sich von den Zuhälterinnen freikaufen und fortan einen ordentlichen Lebenswandel führen zu können. Für 200 Gulden sollen arme Jungfrauen eine Aussteuer erhalten.

Gottschalk van Güls (1.4.1477)
   „Gottschalk van Güls aus Köln, Kölner Bürger, Kaufmann im Handelshaus der Deutschen“, macht, da er erkrankt ist, in Venedig sein Testament und bestimmt seine Beerdigung im Kloster St. Helena in Venedig.
Von seinem Nachlaß sollen zunächst seine Schulden bei Handelspartnern bezahlt werden. Seine Frau Christina erhält eine Schuldverschreibung der Stadt Köln in Höhe von 2.500 Gulden, 2.500 Gulden in bar sowie die Hälfte aller seiner Besitztümer. Von dem Rest vermacht er 425 Gulden mehreren Hospitälern, den Armen und den Bettelorden in Köln; weiterhin je 200 Gulden seinen drei Geschwistern in Köln, je 100 Gulden mehreren Personen aus der Verwandtschaft seiner Frau, 25 Gulden seiner Nichte in Dordrecht, je 12 Gulden seinen Enkeln und 50 Gulden seinem besten Freund in Hertogenbosch. Das Betriebskapital seines Handelsunternehmens teilt er unter den anderen Teilhabern, meist Familienangehörigen, auf.
Seine Kleider schenkt er den Armen; die Pfarrkirche in Güls an der Mosel erhält 25 Gulden für Seelenmessen für seine Eltern; seine Heimatpfarrkirche in Köln erhält 100 Gulden; das Helenenkloster in Venedig 500 Gulden.

Gudula van Scheven, Witwe (5.5.1450): Gudula van Scheven vermacht ihr Silber, ihren Schmuck und ihre Kleider sowie rund 2.900 Gulden als verschiedene Verwandte. 2.000 Gulden erhalten Kölner Kirchen und Klöster nach freier Entscheidung der Testamentsvollstrecker, mit 300 Gulden soll Woll- oder Leinentuch zur Bekleidung der Armen finanziert werden, 200 Gulden werden gestiftet für den Bau des Turmes der Kirche Groß St. Martin; für 200 Gulden sollen Meßkelche angefertigt werden. Die 18 Klosterbrüder der Kirche Groß St. Martin, in der die Erblasserin neben ihrem Mann beigesetzt werden will, erhalten jeder 20 Mark.

Heinrich Vurburg (22.8.1490): Der Sohn des Erblassers aus erster Ehe, Herr Aloff, hat seinem Vater in den Ländern, in denen er als Kaufmann tätig war, namentlich in Neapel und Sizilien, einen Schaden von über 700 Dukaten verursacht, ebenso in Venedig 100 Golddukaten Schaden, in Brabant, Flandern und Bergen op Zoom 1.000 Goldgulden. Zudem hat er für Kleider, Bücher und in bar über 300 Gulden erhalten. Er hat damit mehr erhalten, als ihm als Erbe zusteht; dennoch soll er noch die wertvollen Kleider des Vaters erhalten.

Regesten in: "Quellen zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs im Mittelalter" 3, 189–365.