Vornamen, Taufpaten

Hallo Listenmitglieder,
Letzlich hier erschien ein Beitrag mit einer Frage zur Gesetzm��igkeit von
der Vergabe von Vornamen von den Taufpaten auf die T�uflinge und die
Regelm��iskeit der Benenneung von Taufpaten.
Leider ist mir dieser Beitrag "abhandengekommen".

Ein Beitrag zu diesem Thema:

Entnommen aus: Archiv f�r Familiengeschichtsforschung, Heft 4, Dezember 1997
Seite: 378/79
Arnold Berg: �ber Verwandschaftsbezeichnungen, Ehedispense und Namensgebung
im Mittelalter
[...]

2. �ber Vornamen

Es besteht eine uralte Gewohnheit, die sich noch bis auf den heutigen Tag in
vielen Gegenden erhalten hat, nach welcher der erstgeborene Sohn den Namen
seines v�terlichen Gro�vaters in der Taufe erh�lt, der zweite den seines
m�tterlichen Gro�vaters, der dritte erst den des Vaters, der vierte den
eines Oheims usw. Ebenso erhielt die erstgeborene Tochter den Namen ihrer
v�terlichen Gro�mutter, die zweite den der m�tterlichen Gro�mutter, die
dritte den ihrer Mutter usw. War ein geistlicher Herr oder eine Nonne in der
Familie, so wurden Ausnahmen gemacht, namentlich je nach dem das Ansehen
oder die nahe Verwandtschaft derselben einwirkte, h�ufig jedoch trat
ersterer erst an die Stelle des Vaters bei der Benennung des dritten Sohnes,
die Nonne bei der dritten Tochter ein. Von dieser Gewohnheit wurde nie
abgegangen und in manchen Gegenden ist sie noch die Richtschnur in den
Paten-Erbittungen bei den Taufen der Kinder. Diese Gewohnheit gibt uns einen
sicheren Anhalt und Leitfaden in den Genealogien, und nur dann verl��t sie
uns, wenn Kinder aus derReihe verstorben sind, deren Namen uns fehlen.
Dieses ist denn auch die Ursache der Gleichheit derTaufnamen in einer
Familie, und die abweichenden Namen sind erst durch die M�tter und die
m�tterlichen Gro�elten in die Familie eingebacht worden.

Anmerkung der Schriftleitung:
Was hier Berg als Gewohnheit bezeichnet, von der "nie abgegangen" worden sei
und die uns "sicheren Anhalt und Leitfaden in den Genealogien" gebe, ist
sehr mit Vorsicht zu geniessen. Es mag Regionen und Zeiten gegeben haben wo
m�glicherweise in bestimmten Kreisen eine solche �bung praktiziert wurde.
Stellt man sie jedoch als quasi?Gesetzm�ssigkeit hin, sitzt man einer bis
heute nicht bewiesenen Hypothese auf und erstellt folglich ebenso
hypothetische Genealogien. Die Zuverl�ssigkeit von Bergs Genealogien h�ngt
gerade wegen dieser behaupteten Gesetzm�ssigkeit an der Richtigkeit des
behaupteten Gesetzes. F�r die Genealogie w�re es sehr hilfreich, wenn
endlich einmal mit dieser Hypothese nicht nur ? mit ebenso hypothetischen
Resultaten wie Pr�missen ? gearbeitet w�rde, sondern diese auf ihre
Richtigkeit hin �berpr�ft oder dann m�glicherweise definitiv als Phantom
entlarvt w�rde. Es sei vor einer vorschnellen Anwendung dieser in
Genealogenkreisen immer wieder kolportierten Regel gewarnt. Die neueste
Literatur zur Namengebung sieht diese angebliche Regel eher skeptisch. So
weist Michael Mitterauer (Ahnen und Heilige, M�nchen 1993, 388 ff.) nach,
dass sich diese Hypothese auf eine Aussage von Abt Siegfried von Gorze aus
dem Jahre 1043 zur�ckf�hren l�sst, wobei Gorze die Reihenfolge bei den
Grossm�ttern vertauscht: Benennung zuerst nach der Grossmutter
m�tterlicherseits, dann nach derjenigen v�terlicherseits. Mitterauer zeigt
auf, dass die von Gorze rekonstruierten Verwandtschaftsbeziehungen nur bis
ins 10. Jh. zur�ckreichen, und weist nach, dass solche allgemeine Regeln f�r
das 9. Jh. h�chst problematisch sind. So habe keine einzige Karolingerin im
8., 9. und fr�hen 10. Jh. den Namen ihrer m�tterlichen Grossmutter getragen
und auch bei den m�nnlichen Mitgliedern dieser Sippe zeigt er ganz andere
Nachbenennungsmuster auf. Interessanterweise werden fast gleichzeitig mit
Siegfried von Gorze ganz andere Prinzipien der Namengebung genannt, so von
Lampert von Hersfeld, der im Jahr 1071 aus der Grafschaft Flandern von dem
Prinzip der Namengebung nach dem Vater berichtet (Mitterauer, aa0., 389f.)
�hnlich dem hier f�r diese "Regel" Gesagten bezeichnet Wolfgang Ribbe
(Namenkunde, in: Wolfgang Ribbe/Eckart Henning, Taschenbuch f�r
Familiengeschichtsforschung, Neustadt/Aisch 1995 , 440, 447) die von
Mitterauer (aa0.) g�nzlich abgelehnte Arbeit mit sogenannten "Leitnamen" als
"Konstruktion", die in den wenigsten F�llen tats�chlich gegeben sei. Ein
�hnlich determinierendes System wie es Berg hier postuliert, berichtet
Mitterauer (aa0., 419) allerdings aus Fronton im Departement Haute Garonne,
wo �ber Jahrhunderte das erste Kind v�terlichen Grossvater und m�tterliche
Grossmutter zu Paten erhielt und das zweite Kind umgekehrt.

hoffentlich hilft dieser Beitrag bei der Kl�rung der Frage

m.f.G.

Hans-Dieter Hibbeln
hdhibbeln@t-online.de