Vorkommen Kaufmann in Mansfeld, Jena und Eisleben vor 1600

Werte Zeitreisende,

bei meinen Betrachtungen zu den Nachkommen der Schwestern des Reformators
Dr. Martin Luther (DML) besch�ftige ich mich momentan mit Vorkommen Kaufmann
in Mansfeld, Jena und Eisleben.

In der reformationsgeschichtlichen Literatur werden immer wieder genannt die
um 1530/1550 lebenden "Kaufleute" oder "Kaufm�nner", n�mlich zu Mansfeld
die Br�der Andreas Cyriacus und Georg Kaufmann, dazu Fabian Kaufmann, sp�ter
zu Jena, Au�erdem scheint es um 1542 zu Mansfeld oder Anrode noch einen
Martin Kaufmann gegeben zu haben. Und bei Cyriax (wohl auch Cylliax) bin ich
mir nicht sicher, ob es um 1530 zu Mansfeld nicht einen �lteren und einen
j�ngeren gegeben haben k�nnte.

Frage 1 somit: Sind irgendwo Nachkommen der Mansfelder Familie Kaufmann
aufgefallen? Es interessieren vor allem Vorkommen vor 1600.

Frage 2: Erw�hnter Fabian Kaufmann (* Mansfeld um 1515, + Jena? )
hatte zwei S�hne
a) Martin, Archidiakon zu Mansfeld
b) Wolfgang, Prediger zu Eisleben.

Auch hier ist zu Nachkommen nichts bekannt.

Oder doch?

Auf freundliche Hinweise hofft
und dankt wie immer zun�chst im voraus

J�rgen Wagner

Hallo allerseits,

   ich kenne seit Jahren eine interessante Akte aus dem Staatsarchiv
   Wolfenbuettel, die ich an dieser Stelle zumindest grob vorstellen
   moechte (ich habe sie erst teilweise ausgewertet):
   Pabstorf gehoerte aufgrund seiner Geschichte (Einbeziehung der
   ehemaligen Einwohner einiger Wuestungen der naeheren Umgebung im
   15.-16.Jh. ins Dorf und in die Feldmark) politisch teilweise zum
   Fuerstentum Halberstadt, teilweise zum Herzogtum
   Braunschweig-Wolfenbuettel.

   Die Wolfenbuettelschen Untertanen waren dem Amt Hessen gegenueber
   dienstverpflichtet. Zu Ihren Dienstpflichten gehoerten - wie auch
   anderswo ueblich - im Wesentlichen Spann- und Fuhrdienste fuer die
   Ackerleute und Halbspaenner, sowie Handdienste fuer Kothsassen und
   Brinksitzer. Die prinzipielle Dienstverpflichtung galt im konkreten
   Fall jeweils fuer zwei Vierteljahre und die Dienstpflichtigen mussten
   fuer die Tage, an denen sie selbst keinen Dienst leisteten, ein
   "Dienstgeld" entrichten. Aus oekonomischen wie praktischen Gruenden war
   man sowohl im Sinne des Amtes, als auch der Einwohner selbst (die durch
   eigene Arbeit in der gleichen Zeit mehr Einkommen erwirtschaften
   konnten, als die Hoehe des Dienstgeldes betrug), nach und nach dazu
   uebergegangen, einen groesseren Teil der Handlangertaetigkeiten fuer
   das Amt von Tageloehnern erledigen zu lassen, die vom Dienstgeld
   bezahlt wurden.
   Als aber um 1725 ein neuer Drost fuer die Pabstorfer Untertanen
   zustaendig wurde, aenderte sich so viel zum Negativen, dass letztere
   den Eindruck gewannen, sogar noch weit ueber die juristisch zulaessigen
   Grenzen ihrer Dienstverpflichtung belastet zu werden. Daher
   entschlossen sie sich 1728 zu einer Klage bei der zustaendigen
   herzoglichen Kanzelei.
   Wie diese Klage ausgegangen ist, weiss ich leider (noch) nicht, aber
   ich habe hier die wesentlichen Punkte der Klage:

   1) die Dienstpflichtigen mussten haeufig schon um 1 Uhr nachts
   aufbrechen, um rechtzeitig zu ihrem Dienst vor Ort zu sein. Diese
   Tatsache an sich akzeptierten sie, nicht aber die Tatsache, dass sie
   haeufig erst um 22 Uhr am gleichen Abend zum Dienst angefordert wurden.
   Dadurch wurde es ihnen oft unmoeglich, ihre Pfluege und Ackergeraete
   vorher vom Acker zu holen, fuer hinreichend Proviant zu sorgen und ihre
   Pferde hinreichend zu versorgen (bzw. auch, diesen hinreichend Ruhe zu
   geben). Ausserdem verkauften die Ackerleute und Halbspaenner ihr
   Getreide haeufig auf dem Markt in Braunschweig, weshalb ihre Pferde und
   Wagen bei so kurzfristiger Forderung dann oft nicht da waren. Die
   Kothsassen und Brinksitzer, die ja zumeist vom Tagelohn leben mussten,
   bekamen durch die Kurzfristigkeit oft Probleme mit ihrem jeweiligen
   Arbeitgeber bis hin zum Lohnverlust aufgrund von nur teilweise
   Erfuellung des Arbeitsvertrages.

   2) die Ackerleute und Halbspaenner wurden haeufig fuer Heu- und
   Getreidefuhren auf den Huy bei Hornburg abgeordnet und mussten dann oft
   - bei schlechten Wegen und starker Steigung - am Tag zwei Fuhren von
   jeweils zwei Schock Heu- oder Getreidegarben erledigen. Diese Tatsache
   an sich akzeptierten sie, nicht aber, dass neuerdings die Garben so
   uebergross gebunden wurden, dass sie sich nur noch mit Muehe aufladen
   und kaum noch abtransportieren liessen. Die Folge waren dann oft ein
   Zusammenbrechen oder Umstuerzen der Wagen und ein Zerreissen der
   Zugvorrichtung fuer die Pferde. Brach der Wagen auseinander oder
   stuerzte er um, zerrissen oft auch die Bindungen der Garben und mussten
   erneuert worden. Fuer Reparaturen, Neubinden und Versorgung der
   ebenfalls geschaedigten Pferde mussten die Dienstpflichtigen aber
   selbst sorgen. Zu allem Ueberfluss bekamen sie fuer diese Tortur nur
   wie bisher ueblich halbe oder dreiviertel Diensttage angerechnet. D.h.
   sie mussten Dienstgeld zahlen, obwohl sie hohe Ausgaben hatten und oft
   lange mit der Beseitigung der Schaeden zu kaemfpen hatten.

   3) frueher war es ueblich, dass die dienstpflichtigen Ackerleute und
   Halbspaenner mit ihren Arbeitstieren an heissen Mittagen ihre Pause im
   Dorf Hessen vebrachten, wo sie ihre Tiere und sich selbst im Schatten
   mit Nahrung und Wasser versorgen konnten. Der neue Drost zwang sie
   aber, auf dem Feld zu bleiben udn ihre Tiere ebenfalls dort zu
   versorgen - was u.a. beinhaltete, dass sie das benoetigte Wasser aus
   teils grosser Entfernung heranschleppen mussten.

   4) die Kothsassen wurden vom neuen Drost verpflichtet, grundsaetzlich
   mit ihren Sensen zum Dienst zu erscheinen (und zwar unabhaengig, ob sie
   zur Arbeit mit den Sensen eingeteilt waren, oder nicht). Kamen sie ohne
   ihre Sense, wurden ihnen Ackergeraete, Saettel und andere taeglich
   benoetigte Dinge abgepfaendet, bis sie eine Strafe von 20 Thalern (wenn
   ich richtig vermute, kam das etwa einem Monatslohn gleich) entrichtet
   hatten. Nicht fuer die Arbeit benoetigte Wertgegenstaende, die
   ersatzweise als Pfand angeboten wurden, lehnte der Drost ab. Wenn sie
   Garben binden mussten, waren sie verpflichtet, dafuer eigene Seile zu
   benutzen. Waren dem Drost die Garben nicht dick genug, zerschnitt er
   ihnen einfach die Seile. Das fuehrte dann dazu, dass die Garben so dick
   wurden, dass sie kaum noch zu handhaben waren - mit den bekannten
   Folgen fuer die Fuhren.

   5) der neue Drost hatte den Dienstpflichtigen bei seinem Amtsantritt
   versprochen, ihnen keine neuen Lasten aufzubuerden, doch empfaenden sie
   es schon (auch unabhaengig vom oben genannten) als neue Last, dass sie
   viele Dienste, die sie bisher durch die Zahlung von Dienstgeld abgelten
   konnten, wieder "in Natura" leisten muessten - was fuer sie (wie schon
   erwaehnt) Einkommensverluste zur Folge hatte, da sie waehrend der
   Dienstpflichten keinem eigenen Gewerbe nachgehen konnten.

   Diese Punkte standen in einer Klageschrift, mit deren Verfassung die
   Pabstorfer einen Anwalt beauftragt hatten. Um die Beauftragung
   offiziell zu machen, hatten sie einen amtlichen Vordruck ausgefuellt,
   in dem sie den Anwalt als ihren Vertreter bestaetigten. Dieser Vordruck
   enthaelt u.a. saemtliche Unterschriften aller klagenden
   Haushaltsvorstaende (wer zu dieser Zeit erwachsene maennliche Vorfahren
   im Ort hat und wissen moechte, ob einer dieser Vorfahren mit
   unterschrieben hat, moege mich bitte unter Angabe des Standes und
   Berufes direkt anschreiben.
   Die weiteren in der Akte vorhandenen Dokumente betreffen u.a. eine
   Anhoerung vor Gericht, zu der neben dem Drosten (bzw. dessen Vertreter)
   u.a. der Anwalt der Doerfler, sowie Vertreter der doerflichen Staende
   der Ackerleute, Halbspaenner, Kothsassen und Brinksitzer erscheinen
   mussten. Darueber hinaus gab es wahrscheinlich (wie schon geschrieben,
   habe ich es noch nicht geschafft, die Akte komplett auszuwerten) Akten
   zum juristischen Hintergrund der Dienstverpflichtungen,
   Sitzungsprotokolle und mit etwas Glueck ein Urteil.

   Moege das Geschriebene fuer den Einen oder die Andere von Euch von
   Interesse sein!

   Gruesse!

   Giacomo-Marco (Sbriglione)