Sehr geehrte Frau v. Zander,
ich freue mich immer wieder, wenn ich durch Rückfragen wie die Ihre doch
schlußfolgern darf, daß ich nicht der einzige Forscher bin, der sich zur Zeit auch
mit Schippenbeil beschäftigt.
Das Buch von Gustav Liek " Die Stadt Schippenbeil mit Berücksichtigung des
Kirchspiels und der Umgegend" (Königsberg 1874) ist im Commissions-Verlag von
Braun & Weber erschienen. Ich habe hier eine Kopie vorliegen, die auch ein
Namensregister enthält, welches von einem genealogischen Verein angefertigt und im
Bibliothekseinband mit eingebunden wurde. Ich habe es hier in Berlin in der
Staatsbibliothek (Haus UnterdenLinden) unter der Signatur Sz9571 finden können.
Es müßte in jeder Bibliothek möglich sein herauszufinden, wo es von diesem
Buch noch weitere Exemplare gibt und in welcher Bibliothek in Ihrer Nähe sich
noch eines finden läßt. Oder Sie versuchen die Möglichkeit der Fernleihe in
Anspruch zu nehmen.
Das Buch ist nicht in einer hohen Auflage gedruckt worden, sondern durch den
Commissions-Verlag wahrscheinlich nur für die eingetragenen Subscribenten
erstellt worden. Das Verzeichnis der Subscribenten ist auch im Buch enthalten.
Dieses heimatkundliche Werk gibt detailiert Aufschluß über die Geschichte,
enthält umfangreiche Auflistungen sämtlicher Bürgermeister, Richter, Ratsherren
(füher Rathsverwandter) und Gerichtsherren, Kirchenbediensteten, über die
Verwaltung der Stadt, das Handwerk, die Zünfte und viele Anekdoten und anderes.
Falls es für Sie zu mühsam, zu umständlich oder irgendwie schlecht möglich
ist, über Bibliotheken an das Buch heranzukommen, kann ich Ihnen anbieten, meine
Kopie in einem Copyshop bei mir um die Ecke noch einmal für Sie zu kopieren
(ca. 300 Seiten, 2 Buchseiten passen auch eine DINA4-Seite, es würden etwa
Kosten von 150 x 0,06 € entstehen).
Ich habe die Schippenbeilschen Kirchenbücher hier in Berlin im Evangelischen
Zentralarchiv ( www.ezab.de ) gefunden. Es gibt eine kleine Lücke in den
Taufbüchern von 1694-1699. Die Trau- und Sterbebücher beginnen erst 1723. Es gibt
für viele Jahre ein Namensregister, was sehr hilfreich ist. Leider werden erst
ab 1723 die Mütter bei den Taufeintragungen erwähnt. Dadurch bleiben die
weiblichen Linien in den frühen Jahren ziemlich unklar. Hier in Berlin hatte ich
den Vorteil, daß ich auf wunderbar restaurierte Kirchenbuch-Originale
zurückgreifen konnte, wenn die Mikroverfilmungen zu schlecht zu lesen waren.
Und nun zu den Staatsarchivakten:
Ich denke, Sie meinen das "Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz" in
Berlin-Dahlem ( www.gsta.spk-berlin.de ), wenn Sie sagen, Sie seien nicht
fündig geworden hinsichtlich der v.Zanderschen Personalakten. Sehr schade. Ich
hoffe nur, daß Sie auf gutwillige Archivare gestoßen sind bei Ihrer Suche. Je
nach dem, wer dort gerade Dienst hat, können die Auskünfte in der Qualität sehr
unterschiedlich sein. Wenn man selbst noch etwas unerfahren, also auf
fachkundigen Rat angewiesen ist, hängt sehr viel davon ab, ob man da auf jemanden
trifft, der gerade einen schlechten Tag hat und nur mürrisch mault "hamwanich" oder
ob es jemand ist, der einem freundlich die richtigen Findbücher in die Hand
drückt.
Wie ich schon in der Liste schrieb, habe ich hier keine ausführlichen
Bestandsbücher, sondern nur einen etwa 20 Seiten langen Aufsatz von Rafal Wolski (in
Altpreußische Geschlechterkunde [APG] 1993, Seite 203 ff.; [Blätter des
Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen]) über die Allensteiner
Archivbestände aus deutscher Zeit. Er enthält eine Auflistung von Archivalien nach
Kreisen, Städten, Kirchen bzw. Standesämtern sortiert. Über Königsberg ist
dort gar nichts verzeichnet. Städte und Kreise, die nicht in heutiges polnisches
Staatsgebiet fallen, werden überhaupt nicht genannt. Gebietskörperschaften,
die durch die Grenzziehung von 1945 geteilt wurden, sind angrenzenden ganz zu
Polen gefallenen Kreisen zugeordnet. Ich könnte mir vorstellen, daß in Ihrer
Sache höchsten etwas unter Mohrungen zu finden sein könnte. Von Mohrungen gibt es
in Allenstein Akten des Landratsamtes (1840-1937), der Stadtverwaltung
(18./20.Jh.) und des Amtsgerichts (1706-1944). Von Schippenbeil scheinen recht
vielversprechende Bestände vorhanden zu sein. Ich hoffe doch im Laufe diesen Jahres
die Akten des Amtsgerichts Schippenbeil (1850-1945), der Superintendentur
Sch. 1742-1876, der Kirche zu Sch. 1691-1884 in Olsztyn persönlich einsehen zu
können.
Außerdem gibt es noch einen Aufsatz von Reinhold Heling "Splitter und
Scherben, versprengte Teile des Historischen Staatsarchivs Königsberg; ein Besuch im
Kaliningrader Gebiet", erschienen in APG 1995, Seite 347 ff. Dieser Artikel
enthält eine Reihe von Fußnoten mit Hinweisen zu Quellen von
Bestandsauflistungen in Kaliningrad. Ich habe diesen Informationsstrang aber noch nicht weiter
verfolgt, um hier genauer darauf eingehen zu können. Sicher ist auf jeden Fall,
daß sich noch nennenswerte Mengen von Königsberger Archivalien im
"Gosudarstwennij Archiw Kaliningradskoj Oblasti" in der früheren Luisenallee, jetzt ul.
Komsomolskaja 32, befinden. Herr Heling (er stammt aus einer seit wohl 500
Jahren in und um Schippenbeil nachweisbaren Familie; ich vermute mal kühn, Sie
werden diesen Namen auch in Ihre Ahnenlisten einordnen können) schreibt, daß sich
in Kaliningrad noch Archivalien der Schippenbeiler Gewerke und Zünfte
befinden. In Berlin gibt es leider nur bescheidene Reste über die Schmiede aus
Schippenbeil.
Nun habe ich vorab noch einige Auszüge für Sie aus dem Schippenbeil-Buch, um
Sie ein bißchen neugierig zu machen:
Der Name Zander wird auf den Seiten 119, 240 und 278 erwähnt.
Seite 119
1752 wird der Mühlenmeister Zander in der Kirche begraben
1752-1758 Pächter Zander (der [Wasser-]Mühle)
Seite 240
am 19.Mai 1774 wurde die Kirchturmspitze nach einem Blitzschaden wieder neu
aufgesetzt. Unter den anwesenden Personen - Herr Joh. Dietrich Gottlieb Zander,
Wettherr
Seite 278
Liste der Organisten
1768-1769 Johann Ludwig Zander
Zu den Hagens und Stendels gibt es aufgrund ihrer Stellung in der Stadt viel
ausführlichere Geschichten (Richter und Apotheker meines Wissens...). Die
Benvers sind mir aus den Kirchenbüchern erinnerlich als Handwerksmeister, die auch
Verwaltungsaufgaben (Rathsverwandte, Gerichtsverwandte) übernommen haben. Ich
habe die obigen Namen nicht in meiner Ahnenliste, sie erscheinen jedoch
gelegentlich als Taufpaten bei "meinen" Haupts.
Wenn Sie mit den Hagens verwandt sind, ist noch ein Artikel in APG 1987,
S.135 ff. für Sie sehr interessant: "Die Apotheken im Kreise Bartenstein im Rahmen
der ostpreußischen Apothekengeschichte" von Hansheinrich Truns.
Ich wünsche Ihnen reichhaltige Funde und viel Freude daran. Aufgrund Ihrer
Angaben vermute ich doch ziemlich interessante und ergebnisreiche Geschichten...
Grüße aus Berlin
Viktor Haupt