Heute würde man zu einem Vollmaier sagen, Milchwirtschaftsbetrieb.
LG
Peter (Meister)
Hallo,
der Vollmaier hat mit der Meierei oder dem Milchwirtschaftsbetrieb nicht zu tun. Siehe dazu meine Ausführungen, die ich für dieses Form vor längerer Zeit geschrieben habe:
Das Meierrecht
Bevor das Volk der Sachsen durch Karl den Großen in das fränkische Reich
eingegliedert wurde, waren die Bauern frei. Aber durch die Zwangsmaßnahmen der
fränkischen Herren gerieten sie im Laufe des neunten bis elften Jahrhunderts in
die Abhängigkeit von Grundherren. Das war der jeweilige Graf, andere Angehöriges
des Adels oder die Kirche mit ihren verschiedenen Institutionen. Diese
verlehnten Teile ihres Grundbesitzes an die ihnen verpflichteten Ministerialen
und Vasallen, die ihrerseits als Grundherren die Höfe nach dem Meierrecht
verpachteten.
Das Meierrecht entstand im 12. Und 13. Jahrhundert. Der Meier war ein
Zeitpächter. Er pachtete den Hof meistens auf sieben, manchmal auch auf mehr
Jahre. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts begnügte man sich mit der mündlichen
Formulierung 'Truw und holt zu sein' (treu und ergeben zu sein). 1492 wurde
diese Eidesformel im Bereich des Stiftes Verden umgewandelt in ein verbrieftes
Bauernlehen, den sogenannten Meierbrief. Darin verpflichtet sich der Inhaber zum
Tragen der Hoflasten und dazu den Hof ohne Verpfändung, Verkauf und Verschuldung
zu erhalten. Bei der Aushändigung des Briefes war der ‚Weinkauf' fällig, ein
Geldbetrag etwa in Höhe des jährlichen Pachtzinses. Dem Meier stand nur das
Nutzungsrecht an Grund und Boden zu. Die Gebäude, das tote Inventar (Geräte),
das Vieh, der Dünger, die Vorräte und die Ernte auf dem Halm (noch ungeerntete
Früchte auf dem Feld) waren Eigentum des Meiers. War die Pachtzeit abgelaufen,
konnte der Bauer, wenn er zur Zufriedenheit des Grundherrn gewirtschaftet hatte,
eine Pachtverlängerung erbitten. Es war jedoch selten, daß ein Bauer auf
Lebenszeit auf dem Hof bemeiert wurde oder sein Sohn nach ihm den Hof pachten
konnte. Erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts entwickelte sich aus der Zeitpacht
allmählich eine Erbpacht.
In vielen Dörfern sind die alten Steuerlisten erhalten geblieben. Aus ihnen
gehen die Namen der Meierhöfe und die jeweiligen Steuerlasten hervor. Mindestens
ein Dutzend Zehnten belasteten die Höfe. Diese hohen Belastungen konnten nur
getragen werden, weil die Arbeitskräfte billig, die Investitionskosten sehr
gering waren und der Lebensstandard sehr niedrig lag.
Seitens der Grundherrschaft hatte man ein Interesse daran, durch Teilung großer
Vollhöfe zwei lebensfähige Halbhöfe zu schaffen. Die Halbhöfe brachten dann mehr
Einnahmen und Dienste als ein großer Vollhof. Zu den jährlichen Lasten gehörte
der Pröven, die Abgaben für den Pastor und den Küster. Die Hauptlast für den
Meier bildete aber die Abgabe des Zehnten, der ursprünglich für die Unterhaltung
der Kirchen und ihrer Priester gedacht war. Später wurde er aber oft zum
Handelsobjekt, das heißt, er wurde verkauft, verpfändet oder verpachtet.
Der große Zehnte war der Kornzehnte. Der Bauer mußte alles Korn mähen und binden
und auf dem Acker in Stiegen von jeweils 20 Garben aufstellen. Der Zehntherr
ließ dann jede Zehnte Garbe aufladen und abfahren. Erst dann konnte der Bauer
seine Ernte einbringen. Üblich war es, Stiegen mit jeweils 22 Garben
aufzustellen, dadurch wurde aus dem Zehnten ein Elfter'.
In der Zehntordnung der Herzogtümer Bremen und Verden aus dem Jahre 1743 wurde
genau festgelegt, wie der Kornzehnte‚gezogen' wurde. Der Kornzehnte mußte von
allen Flächen, wo der Mistwagen hinfährt, von allen Früchten, sie mögen unter
oder über der Erde wachsen' gegeben werden. Ackerland durfte nicht in Weiden,
Wiesen oder Gartenland umgewandelt. Die Saat nicht abgehütet oder für das Vieh
gemäht werden. Die Garben mußten alle gleich groß gebunden werden. Weil einige
Zehntpflichtige auf die Idee kamen, recht viel Getreide für das abschließende
Harken liegen zu lassen, mußte auch von dem Geharkten der Zehnte geliefert
werden.
Der kleine oder Schmalzehnte wurde jährlich für das gesamte Vieh erhoben. Also
für neugeborene Fohlen, Kälber, Ferkeln, Lämmer sowie für Hühner, Gänse und
Bienen. Deshalb hieß er auch der Fleisch- oder Blutzehnte. Nach der Zehntordnung
war es strengstens verboten, Vieh zu verstecken. Sicherlich waren zum Zeitpunkt
der Zählung viele Tiere ‚vom Hofe abwesend'.
Weil dieses Verfahren sehr umständlich war, ging man in vielen Ämtern im 17.
Jahrhundert dazu über, seine Zehnten auf jeweils sieben Jahre zu verpachten. Der
Zehnte wurde nun einmal jährlich zwischen Martini und Weihnachten in Geld
eingezogen. Im Jordebuch des Kreises Rotenburg ist zu lesen, daß z.B. der Korn-
und Schmalzehnte von Jeddingen von der Königlichen Kammer an den Amtsvogt Weber
für jährlich 65 Taler auf sieben Jahre verpachtet wurde.
Manche Bauern konnten sich von all diesen Abgaben freikaufen. Damit wurden sie
‚gutsherrenfrei'. Sie nannten sich nun Freibauer, Selbstbauer oder Erbexe'.
Mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges änderten sich vielerorts die
Grundherrschaften. Viele Höfe wurden von der Krone Schwedens als Geschenke an
höhere Offiziere und Beamte in schwedischen Diensten übertragen. Ab 1680 kamen
die Höfe dann größtenteils wieder unter die Landesherrschaft.
Der Bauer war mit seiner Familie auch persönlich von der Grundherrschaft
abhängig. Er war schollenplichtig', d.h. er und seine Angehörigen durften den
Hof ohne Erlaubnis des Grundherrn nicht verlassen. Zu Heiraten, Hofübergabe und
Altenteilsverträgen war ebenfalls die Zustimmung des Grundherrn erforderlich.
Kam der Bauer seinen Verpflichtungen gegenüber dem Grundherrn nach, so brauchte
er nichts zu befürchten. Er konnte aber bei Unfähigkeit oder Unzuverlässigkeit
‚abgemeiert' werden. Der Hof wurde dann ausgeschrieben und an einen neuen Bauern
verpachtet. Wurde ein neuer Meier eingeführt, wurde neben dem ‚Weinkauf' noch
weitere Abgaben z.b. der Hemd- und Stiefeltaler fällig. Hatte ein Meier keine
Erben, so fiel der Hof nach dem ‚Heimfallsrecht' an den Grundherrn zurück.
An einem oder zwei Tagen die Woche hatte der Bauer mit dem Gespann für den
Grundherrn zu arbeiten. Darüber hinaus waren weitere Lasten, wie z.B. Botengänge
oder Gefangenenwachdienst auf verschiedene Höfe verteilt.
Nach der französischen Revolution 1789 sprach man überall von Freiheit. Aber
erst 1825 wurden Bestimmungen zur Verkopplung der Feldmark und zur Auflösung der
Gemeinheit herausgegeben. 1831 beschloß die Ständeversammlung in Hannover ein
Gesetz zur Bauernbefreiung, der sogenannten Ablösung. Dadurch konnte jeder Bauer
sich von allen Lasten befreien, wenn er diese für 25 Jahre im voraus bezahlte.
Da die erforderlichen finanziellen Mittel nicht immer vorhanden waren, gründete
die Regierung die 'Kreditanstalt für Ablösungen im Königreich Hannover'. Sie war
ermächtigt, den Bauern die notwendigen Gelder vorzustrecken.
Mit Grüßen Uwe Weddige