Verwandtschaft der Völker im deutschen Osten?

Hallo,

da hier grade Masuren, Pruzzen,... zur Sprache kamen, würde mich mal
interessieren, ob alle Volksgruppen irgendwie verwandt sind, oder nicht. Ich denke
an die genannten Volksgruppen und z.B. die Oppolanen in Oberschlesien. Wie
groß ist der deutsche Einfluß in z.B. Masuren?
Kann man die Slawen als ein Volk zusammenfassen, wie z.B. die Germanen, oder
gibt es da Unterschiede? Gibt es evtl. (germanische, keltische,
baltische,...) Völker die slawisiert wurden und daher als Slawen bezeichnet wurden, bzw.
umgekehrt?

Viele Grüsse
Andreas

Hallo Andreas,

das ist ein weites Feld, aber in K�rze:

Die Pruzzen waren ein baltisches, genauer gesagt ein westbaltisches Volk.
Eine Verwandtschaft mit den slawischen V�lkern gibt es nur insoweit, als
dass Slawen ebenso wie Balten, aber auch Germanen, Romanen, Kelten, Griechen
und Albaner indogermanische (indoeurop�ische) V�lker sind (besser sollte man
wohl sagen: Sprachen sprechen).
Die Masuren wiederum sind ein Volksstamm, der aus polnischen, deutschen und
pruzzischen Teilen entstand und einen polnischen Dialekt sprach, aber nach
der Reformation evangelisch wurde.
Viele Gr��e
Ralf

Hallo, ich will auch mal meine 3 Groschen �ber die Slawen hinzuf�gen: sie
werden auf Ostslawen (z.B. Ukrainer, Wei�ru�en und Ru�en), Westslawen
(Polen, Tschen und Slowaken [also ehemals Tschechoslowaken]) und die
S�dslawen (wobei ich mir unsicher bin, ob die slawischen Bulgaren zu den
Ost- oder zu den S�dslawen geh�ren?) unterteilt.

Was aber die Abgrenzung zwischen den Masuren (als Slawen), Pruzzen (also
Balten), Polen (ebenfalls Slawen) und den in diesem Gebiet ebenfalls
Jahrhundertelang ans�ssigen deutschen Siedlern anbelangt, wird's - wie Ralf
bereits vollkommen richtig sagte - sehr schwierig, weil dieses Gebiet eine
sehr wechselvolle Geschichte hat, Deutsche, Polen, Pruzzen und Litauer (also
auch Balten) siedelten dort mal abwechselnd und mal zusammen, so da� ich
heute nur von einer urspr�nglichen Herkunft dieser oder einer anderen
Volksgruppe sprechen w�rde, was nach dem II. WK noch einmal ganz ordentlich
vermischt worden ist.

Was den �berwiegenden kulturellen Einflu� in Masuren anbelangt, w�rde ich
sehr stark vermuten, da� erst der baltische sehr deutlich �berwog (der
polnische Einflu� reichte bis zum 15. Jhd gerade mal bis nach Masowien [=
Mazowsze, mit der Hauptstadt in Warschau)] und seitdem Masuren zu Ostpreu�en
geh�rte �berwog dort ganz eindeutig deutscher Einflu�, mindestens
wirtschaftlich und kulturell, mit Deutsch als die Sprache der Oberschicht.

Sehr interessant wird aber eine solche Betrachtung, wie ich meine, erst
dann, wenn man sich die M�he macht b�schen genauer zu untersuchen, was da im
einzelnen f�r Menschen lebten (also "vom unten her", auf dem Lande) und
welche Sprache sie (z.B. zu Hause) sprachen? Wie viel (baltische) Pruzzen,
wie viel (slawische) Masuren in dieser (offiziell) deutschen Provinz wie
lange tats�chlich dort �berlebt haben (heute w�rden wir dazu sagen, da� sie
bikulturell lebten), sowie die germanschen Siedler aus dem Deutschen Reich?
Und diese Frage kann ich leider nicht beantworten, auch wenn ich sie sehr
interessant finde. Ich k�nnte mir durchaus vorstellen, da� die Lage dort
eine �hnliche sein k�nnte, wie die der Wenden in Niedersachsen, oder der
Sorben ein St�ck weiter ostw�rts?

wie sehr sich die urspr�nglichen (baltschen & slawischen) Ureinwohner
kulturell mit den neuen germanischen Siedlern und der deutschsprachigen
Oberschicht identifiziert und vermischt haben kann ich nicht beantworten,
interessant finde ich aber auch, da� neuerdings z.B. die slawischen
Kaschuben ordentlich Druck machen, um auf der lokalen Ebene mehr kulturelle
(wohl auch politische?) Unabh�ngigkeit von Warschau zu erzwingen und das mit
einigen Erfolgen.

Liebe Gr��e,
Richard Czarnecki

Hallo Herr Czarnecki (und alle anderen Interessierten),
die "Vermischung auf dem platten Lande" ist tats�chlich eine sehr
interessante Frage. Obgleich jede ethnische Gruppe ihre kulturellen
Besonderheiten hatte und wohl auch pflegte, liegt es in der Natur der Sache,
da� es zu Vermischungen kam, so da� man nach einem relativ �berschaubaren
Zeitraum kaum noch von *reinrassigen* Slawen oder Germanen sprechen kann.
Ich denke sogar, da� es bei genealogischen Fragen zweitrangig ist, ob die
Ahnen nun Germanen, Slawen oder Mischlinge waren. Und letztere d�rften kaum
eine Minderheit gewesen sein.
Mir hat ein Mitforscher mal eine Deutung gegeben, wie es zu dem Namen der
Kaschuben gekommen sein k�nnte. Er sagte:"Im Namen der Volksgruppe Kaschuben
stecken die W�rter *kosz* (Korb) und *zsuwac* (zusammenschieben), sinngem��
also *alles in einen Korb schieben*". Womit er die tats�chlich gelebte
Vermischung der ethnischen Gruppen bildhaft deutlich beschrieben hat. Und
obwohl diese Deutung sprachwissenschaftlich zweifelhaft ist, gef�llt sie mir
doch sehr gut. Bei den vielfachen Begegnungen, die ich inzwischen mit
*sogenannten Slawen* hatte, fand ich kaum Unterschiede zu den *sogenannten
Germanen*. �hnliche Erfahrungen werden auch andere *Ost-Reisende* gemacht
haben.
Das hofft mit freundlichen Gr��en
Gerhard v. Pazatka Lipinski

Hallo,

ich meine, ich haette das bei Herrn Kreplin gelesen. Es ging dort um die Beschreibung der einheitlichen Kleidung der Kaschuben. Interessant war fuer mich, dass bei kleinen Kindern kein Unterschied gemacht wurde. Nur aeltere Kinder steckte man in die uebliche Kluft, die Maennlein und Weiblein unterschied.

Gruss,
Andrea

Bulgaren gehören zu den Südslaven.

-MM
silvagen@gmail.com

Ja nat�rlich, Andrea,
die Herkunft des Wortes Kaschuben hat nichts mit meinem Deutungsbeispiel zu tun, das ich ja ausdr�cklich als "sprachwissenschaftlich zweifelhaft" bezeichnet hatte. Ich wei� jetzt nicht auswendig, welcher Autor (Lorentz, Seefeldt oder Gulgowski) den Namen vom Begriff "Falten / gef�ltelte Kleidung" abgeleitet hat. Mir kam es darauf an auszudr�cken, da� wir wohl alle Mischlinge sind und sich die Frage nach der ethnischen Zugeh�rigkeit dadurch relativiert.
Einen sch�nen Abend w�nscht
Gerhard v.Pazatka Lipinski

Hallo Andreas + Liste,

wenn wir nur weit genug zurückgehen (mehrere -zigtausend Jahre?), werden wir
wohl eines Tages mittels neuer genetischer Methoden feststellen, dass alle
europäischen Völker eine gemeinsame Wurzel haben - sich aber geographisch im
Laufe ihrer Wanderschaften kulturell und sprachlich differenziert (aber auch
wieder, und auch im "deutschen" Osten, vermischt) haben.

Die Balten (als eine dieser Differenzierungen, wohl aus Asien, mit
sanskritverwandter Sprache) wanderten vor ca. 4500 Jahren in das (später
Baltikum genannte) Gebiet ein und differenzierten sich wiederum über die
Jahrhunderte u.a. in Litauer (Ostbalten) und Prußen (Prusai = Westbalten).
Letztere siedelten, bis ins 13. Jh. (d.h. über mehrere 1000 Jahre!) relativ
unbehelligt (u. unbehelligend...), sesshaft in 12 Stämmen etwa im Gebiet des
späteren OP. Sesshaft, d.h. sie nahmen offenbar kaum an der Völkerwanderung
teil, eine Vermischung an den Rändern mit Masowiern, Goten oder Wikingern
kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es folgten (im 13 Jh.) der Deutsche
Orden mit eher Europäern denn "Germanen" etc. (s. Google etc.); eine
Vermischung der Prußen mit anderen wurde offenbar häufig und lange geradezu
unterbunden (würde heute vielleicht als Apartheid bezeichnet werden). Balten
stellten in OP offenbar noch bis zur großen Pest Anfang des 18 Jh. die
Mehrheit (siehe hierzu auch K.-P. Jurkat in www.prussen.org !), vermischten
sich dann aber zunehmend [Nur eine rhetorische Frage: Wurden also die
prußischen Balten "germanisiert" oder dort die bunten "Germanen"-Völkchen
"baltisiert"?], den eigenartig-liebenswürdig-eigensinnigen
(mehr-geht-wirklich-nicht-)Multi-Kulti-Stamm Ostpreußen bildend mit
einzigartig bräitem Singsang-Idiom ohne Erbarrrmung.
Erbarmungslos-eigensinning auch, dass manche Ostpreußen bis heute an manch
prußischem Brauch (baltisiert!) festhalten, z.B. sich rollen auf dem Boden
nach dem ersten Donnern im Jahr, hält gesund für ein weiteres Jahr
(Huldigung des Donnergottes Perkunos)!

Salopp, anfangs und endlich verwandt, in der Mitt' e bis-che jetrennt. Aber
ernsthaft, jede/r trägt ihr/sein genetisches DNS-Päckchen (= Basis der o.g.
Methoden) mit sich...

Grüße,
Hans (-H. Trutnau)

Suche alles über FN und ON TRUT(E)NAU

Natuerlich,

In meinem Fall wurden zwischen 1695 und 1697 in Pojass zwei Brueder geboren. Die Familie des einen wanderte um 1850 nach Amerika aus. Der andere blieb und wurde zu "meiner Linie". Vor zwei Jahren traf ich dann einen Nachfahren persoenlich. Wie ich hatte er vor der Ahnenforschung sich nie mit Kaschuben in Verbindung gebracht und fand es sehr interessant.

Unsere Partner fanden es dann schon unheimlich, weil unsere Geburtstage nur einen Tag auseinander liegen und beim aufeinander zugehen beide die breite Luecke zwischen den Schneidezaehnen entdeckten, die in unseren Familien auch keiner hat. In unserem Fall haben wir als nun entfernte Cousins 300 Jahre locker uebersprungen... :slight_smile:

Gruss,
Andrea

Hallo Hans,
nur eine kurze Anmerkung: So ganz stimmt das mit der V�lkerwanderung wahrscheinlich nicht. Der Hauptteil des pruzzischen Stammes der Galinder soll mit den Goten bis auf die iberische Halbinsel gezogen sein. Galinden war bei Ankunft des Ordens sehr d�nn besiedelt.
Viele Gr��e
Ralf

Hallo Ralf + Interessierte, bitte um Vergebung, wenn ich in der
Kurzübersicht nicht jedes Detail darstellte; ich kenne auch nicht alle
Details. Wie viele Galinder waren es denn? Je nach Quelle liest man
Hauptteil oder einige etc., man liest aber nur von Galindern. Das versuchte
ich, mit "offenbar kaum" auszudrücken. Mir ging es hier hauptsächlich um die
sich vermischenden Gruppen in OP. :wink:

Grüße,
Hans
[mailto:ow-preussen-l-bounces+hans-h.trutnau=t-online.de@genealogy.net] On
Behalf Of Ralf Wenn

�-------- Original-Nachricht --------
�Datum: Wed, 24 May 2006 23:17:36 +0200
�Von: Hans-H. Trutnau <hans-h.trutnau@t-online.de>
�An: \'OW-Preussen-L\' <ow-preussen-l@genealogy.net>
�Betreff: Re: [OWP] bes. Balten; war: Verwandtschaft derV�lker im deutschen Osten?
�&#xA> Hallo Ralf + Interessierte, bitte um Vergebung, wenn ich in der
Kurz�bersicht nicht jedes Detail darstellte; ich kenne auch nicht alle
Details. Wie viele Galinder waren es denn? Je nach Quelle liest man
Hauptteil oder einige etc., man liest aber nur von Galindern. Das
versuchte
ich, mit "offenbar kaum" auszudr�cken. Mir ging es hier haupts�chlich um
die
sich vermischenden Gruppen in OP. :wink:

Gr��e,
Hans
From: ow-preussen-l-bounces+hans-h.trutnau=t-online.de@genealogy.net
[mailto:ow-preussen-l-bounces+hans-h.trutnau=t-online.de@genealogy.net] On
Behalf Of Ralf Wenn
Sent: Wednesday, May 24, 2006 10:05 PM
To: OW-Preussen-L
Subject: Re: [OWP] bes. Balten; war: Verwandtschaft derV�lker im
deutschen
Osten?

Hallo Hans,
nur eine kurze Anmerkung: So ganz stimmt das mit der V�lkerwanderung
wahrscheinlich nicht. Der Hauptteil des pruzzischen Stammes der Galinder
soll mit den Goten bis auf die iberische Halbinsel gezogen sein. Galinden
war bei Ankunft des Ordens sehr d�nn besiedelt.
Viele Gr��e
Ralf

> sp�teren OP. Sesshaft, d.h. sie nahmen offenbar kaum an der
> V�lkerwanderung
> teil, eine Vermischung an den R�ndern mit Masowiern, Goten oder
Wikingern
> kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es folgten (im 13 Jh.) der chen

> Gr��e,
> Hans (-H. Trutnau)
>
>--

Bis zu 70% Ihrer Onlinekosten sparen: GMX SmartSurfer!
      Kostenlos downloaden: GMX Handytarife 2024 | jetzt wechseln & sparen
    
_______________________________________________
OW-Preussen-L mailing list
OW-Preussen-L@genealogy.net
ow-preussen-l - genealogy.net

_______________________________________________
OW-Preussen-L mailing list
OW-Preussen-L@genealogy.net
ow-preussen-l - genealogy.net

Das sich die Galinder den Goten angschlossen haben, da habe ich auch schon mal gelesen.
Es wurde sogar eine Verbindung mit dem nordwestspanischen Landesteil Galizien gemacht.