Hallo Listenteilnehmer,
In der Mai-Ausgabe 1796 der "Schlesischen Provinzialblätter" fand ich
folgenden Beitrag des Herrn SANDER:
Schwarzes Register zu Urschkau (Kr. Wohlau)
Wir haben hier ein altes Kirchenbuch, welches der damalige Pastor KOBLIG,
von 1665 an, mit eigner Hand geführet hat. In demselben ist mir immer das
schwarze Register merkwürdig gewesen, als ein kleiner Beitrag zur
Geschichte des Aberglaubens und der Immoralität des vorigen Jahrhunderts.
Ich mache einen Auszug aus diesem Register öffentlich bekannt, in der
Hofnung, daß es einem Theil der Leser der Provinzialblätter nicht
anangenehm seyn werde.
Das schwarze Register.
Exodi 32, 33.
Ich will den aus meinem Buche tilgen, der an mir sündiget.
Ezech. 13, 9.
Sie sollen in der Versammlung meines Volkes nicht seyn, und in die Zahl des
Hauses Israel nicht geschrieben werden.
Ps. 69, 30.
Tilge sie aus dem Buche der Lebendigen, daß sie mit den Gerechten nicht
angeschrieben werden. Hierein sollen verzeichnet werden.
1. Diejenigen, so wegen ihres ärgerlichen Lebens, mit der Kirchenstrafe,
und welcher Gestalt sie damit angesehen; wie sie auch
ihres Verbrechens halber, von der weltlichen Obrigkeit gestraft.
2. Item, so jemand nicht als ein Christ gelebt, noch wie ein Christ
gestorben, und ihm deshalb auch das christliche Begräbniß
versaget.
3. Item, diejenigen, so wegen ihrer Mishandlung, durch den Scharfrichter
justificirt und abgethan worden seynd.
Anno 1668 wurde Barbara WENIGERN, Waschemagd zu Bartsch, von George
WENDELN, damals Hofebräuer zu Bartsch (so entwichen) geschwängert, aber
nach abgelegter öffentlicher Kirchenbuße, wieder mit der Kirche und Gott
ausgesöhnt.
Anno 1668 den 7. Nov. wurde Ursula MÜLLERIN, damals Waschmagd auf dem Hofe
zu Köben, nachdem sie der Zauberei bezichtiget und überzeuget worden war,
nach ihrem selbst eigenem gethanen Bekenntniß, auf der fürstlichen Grenze
communicirt und zum Tode berichtet, und so dann selben Tages noch, nach
Urtheil und Recht, zu Köben lebendig verbrannt. Bey welchem Hexen Wesen,
durch Verführung ihrer selbst eigenen Mutter, sie dem Teufel 2 Jahr gedienet.
Anno 1669 den 19. Januar wurden Ursula PETRIN, sonst die Frau NICKELN
genannt, so da eigener Aussage und Bekenntniß nach, 14 Jahr eine Hexe
gewesen; und die alte BUXHAMMERN, hundert Jahr alt, 50 Jahr lang aber in
dem Hexen Wesen begriffen, beide auch von Köben, und räudige Schafe meiner
Heerde, nach voriger Gestalt von mir zu ihrem Tode berichtet und
communicirt, in gleichen noch selbigen Tages zu Köben justificirt, doch daß
der sogenannten Frau NICKELN der Kopf zuvor abgeschlagen, die alte
BUXHAMMERN aber lebendig verbrannt worden.
In dies Verzeichniß setze ich, nicht ohne Ursache die so genannte Mutter
Anle (schlechter Druck: Anke?), Bademutter von Köben, ei recht scheinheilig
gewesenes Kirchkind, so aber einen Schalk im Herzen verborgen getragen,
indem sie wegen vieler Bezüchtigungen und unterschiedlicher Personen
Aussagen, so sie als eine Meisterin in der Hexerey beschrieen, auch auf sie
gestorben seyn, sich nicht allein meiner Kirchenpflege entrissen, sondern
auch gar aus der Stadt und Lande entwichen. Dem Gerichte Gottes aber wird
sie nicht entlaufen.
Anno eodem. Hans RIEDEL und Anna STANDTKIN, beide zu Hofe vor Kleinknecht
und Großemagd dienende, nachdem sie in öffentlicher Hurerey sich ergreiffen
lassen, sind vorher mit dem Stock oder Gefängniß etliche Tage, hernach drey
Sonntage nacheinander vor der Kirche mit dem Halseisen abgestraft, und
sodann nach ordentlicher zuerkandten Kirchen Buße, so sie vor dem heiligen
Altar drey unterschiedne mahl, durch die wehrende Predigt, mit Knieen
bezeigen müssen, wiederum mit Gott und geärgerten christlichen Gemeine,
ausgesöhnet, und in der Halle zusammen getrauet worden.
So geschehen Dom. 3. post. Trin.
Sander (Verfasser in den Schlesischen
Provinzialblättern)