Untertanen, Freie und Bürger

Die ganze Sache ist einfacher als es aussieht: es gab keine einheitliche
Regelung.

Wie mehrfach von den Mitforschern erwähnt gab es nur Untertanen, wessen
direkte Untertanen ist dann Sache der Herrschaftsstruktur.

Eine weitere Klassifizierung waren Freie und Unfreie.

Freie, die keiner Leibeigenschaft unterlagen, gleichgültig ob dem Herzog
oder einem Lehnsmann des Herzog (wozu auch die Ritter zählten), gab es in
unterschiedlichen Graden (z.B. Reichsfreie, selbst reichsfreie Bauern), die
jeweils Untertanen des zuständigen Herren waren, des Kaisers oder eines
seiner (rechtlich) Lehnsmänner.

Unfreie waren Leute, die in einem wie immer auch gestaltetem persönlichen
Abhängigkeitsverhältnis zum Herren standen, ursprünglich Sklaven, später
auch faktisch versklavte Freie.

Die Städte hatten ihre eigenen Rechte, Im Norden häufig das lübische oder
auch das Magdeburger Recht. Natürlich individuell ausgeprägt. Jeder Stadt
ihr eigenes Recht.

Meist galt für die Nachfolge (ob frei oder unfrei) der Grundsatz der
"ärgeren Hand", also ein Kind eines Freien und einer Unfreien (oder
umgekehrt) war unfrei. Unter meinen mehr oder minder ehrenwerten Vorfahren
ist ein Fall aus Holstein, dass der Opa sich und seine Kinder freigekauft
hat und seine Tochter einen Unfreien heiratete: "Stocksee – Margret Abel ...
hat sich durch Hans Christian Vohs aus Tensfeld zu Eigen geheurathet", d.h
sie wurde durch die Heirat mit einem Leibeigenen auch leibeigen.

In Mecklenburg gab es große Ländereien (auch Dörfer, z.B.Picher) die dem
Herzog direkt unterstanden (meist als Dominat bezeichnet). Deren Untertanen
besaßen zwar nicht de jure, aber de facto mehr Freiheiten als Untertanen der
Ritterschaft. Als Schäfer zum Beispiel waren sie sehr mobil im ganzen
Dominat. Die Bauern waren eigentlich auch keine Leibeigenen, sondern
rechtlich schollengebunden und dienstverpflichtet. Die normative Kraft des
Faktischen erweiterte aber die Dienstpflicht bis an die Grenze des
Erträglichen, bis zum Beispiel in Stralendorf ein Schulze bewirkte, dass
Durchläuchting gegen Gebühr auf einige dieser Dienste verzichtete.

Eine gängige Frage beim Besuch eines Landesherren in seinem "Reichsgebieten"
war: "Welches Recht herrscht hier?".

Und was die Auswanderung angeht, selbstverständlich war ein Umzug von
Lübthen nach Neuhaus/ Elbe eine Auswanderung und musste genehmigt werden, es
sei denn, der neue Landesherr leugnete ab, dass der Mann jetzt in seinem
Land wohnte und der alte verzichtete darauf, die Kavallerie zu schicken.

Ein kleiner Baustein: In Susanville in der Lassen County in Kalifornien
steht das Denkmal für Peter Lassen, In einem Schaukasten die Genehmigung zum
Auswandern vom dänischem König erteilt (gleichgültig wohin, also auch nach
Bielefeld), weil er in Kopenhagen seinen Lebensunterhalt nicht erwerben
konnte. Neben der Lassen County trägt der Lassen Peak seinen Namen. Dank sei
Friedrich VI, sonst gäbe es keinen LassenPeak!

Einen schönen Sonntag wünscht
Helmuth Gienke
www.helmuth.gienke.net