Uneheliche Kinder

Liebe Alexandra,

uneheliche Kinder

andere Listies haben ja schon geschrieben, dass die Vordrpfalz wegen der vielen unehelichen Kinder kein S�ndenpfuhl gewesen ist, und dass die Verh�ltnisse anderswo �hnlich lagen. Dazu noch Folgendes:

Ich habe den Fall in der 1. H�lfte des 19. Jhds., in meiner Familie, in Wenigumstadt/Franken/Bayern. Dort lebte meine Ururgrossmutter, die N�herin Margarethe KRATZ mit dem Viehknecht Sebastian BRAUN jahrzehntelang zusammen. Sie hatten zwischen 1840 und 1856 vier Kinder. Zum j�ngsten ist eine gerichtliche Anerkennungsurkunde erhalten geblieben. Im KB ist der Vater nicht genannt. Margarethe KRATZ verliss Wenigumstadt 1869 nach dem Tod von Sebastian BRAUN, um bei ihrer verheirateten Tochter in Friedrichsfeld bei Mannheim zu leben.

Warum diese "wilde Ehe"?
Sehr einfach: Sie hatten keine Heiratserlaubnis vom Landesherrn bekommen. Denn dazu mussten sie eine bestimmte Summe vorweisen k�nnen, das Heiratsgeld. Ich kenne die H�he der Summe in Bayern nicht, aber in W�rttemberg lag sie einige Jahrezehnte davor bei 100fl f�r die Frau und 150fl f�r den Mann. Sehr viel Geld, wenn man bedenkt, dass 150fl f�r manchen Schulmeister der Zeit mehr als ein Jahresgehalt war! Eine N�herin und ein Knecht mussten lange Jahre sparen, bevor sie das (vielleicht) zusammenbekamen.
Ergo bekam man uneheliche Kinder. Man k�nnte nun argumentieren, dass der Landesherr das doch gewusst haben muss, und dass seine Verf�gung im Grund die Moral und Sitte untergrub. Sicher war das so: Aber Moral und Sitte waren der Obrigkeit insofern egal, als die Sache, n�her betrachtet, f�r die Gemeinden keine finanziellen Nachteile, und f�r den Landesherrn sogar Vorteile brachte.

Die Gemeindeverwaltung war nicht verpflichtet, f�r unehelich geborene verwaiste Kinder zu sorgen, denn die h�tten bei nicht erteilter Heiratserlaubnis ja theoretisch gar nicht existieren d�rfen. Daran �nderte auch eine gerichtliche Anerkennungsurkunde des Vaters nichts. Aber zumindest hatte der im Falle des Ablebens der Mutter das Recht, sich um seine eigenen Kinder zu k�mmern! Von der Erbfolge waren uneheliche Linder ausgeschlossen.
Wenn unehliche Jungen das Erwachsenenalter erreichten, konnten sie zum Milit�r verpflichtet werden. Als Nicht-erbberechtigte kam vielen diese M�glichkeit gerade recht. Und beide Geschlechter hatten Abgaben aller Art zu zahlen, ohne dass sie vorher Gemeinde oder Staat etwas gekostet h�tten.
Die Pfarrer haben die V�ter der Kinder nicht im KB eingetragen, obwohl sie allgemein bekannt waren. Denn ein Pfarrer durfte es mit der Obrigkeit nicht verderben! Wenn die Kirchengemeinde aus der kirchlichen Armenkasse etwas f�r diese Kinder tat, war das total freiwillig und wird auch nicht sehr oft vorgekommen sein, denn das waren ja offiziell Hurenkinder!

In Wenigumstadt war jahrzehntelang mindestens 1 von 6 Kindern unehelich, in manchen Jahren sogar 1 von 5, d.h. 20% der Neugeborenen!

Gruss aus Frankreich
Colette (Llorca)

www.llorcahome.org

Liebe Colette,
ein herzliches Dankeschön für Deinen Beitrag !
Das habe ich noch nicht gewusst und kann nun
Einiges mit anderen Augen sehen.
Liebe Grüße --- Gisela