Staupsäule Habelschwerdt (1556)

Guten Tag Dieter,
     und alle interessierten Listenleser,

Da die Antwort auf Deine Frage nach der Staupsäule im Allgemeinen
und nach der Habelschwerdter Staupsäule im Speziellen vielleicht weitere
Forscher interessiert, da ja noch mehrere Staupsäulen in der Grafschaft
existieren, hier mein bescheidener Beitrag zu diesem Thema auf dem
Umweg über die Liste. Ich bin kein Spezialist auf dem Gebiet des
mittelalterlichen Gerichtswesens und lasse mich gerne berichtigen,
freue mich auch, wenn jemand Interessantes hinzuzufügen vermag.

Gerne würde ich wissen, in welchem Zustand diese und die
anderen Grafschafter Staupsäulen sind und ob jemand Photos davon
besitzt.

Vielen Dank im voraus und beste Grüsse aus Paris,
Susanna

Die Staupsäule (etym. mhd stupe = Pfahl, 16. Jh.), auch Stauppfahl,
Schandpfahl, Laster- oder Lästerstein genannt, war zunächst ein in der
Regel auf dem Rathausplatz oder Marktplatz errichteter hölzerner oder
steinerner Pfahl, der als Schandbühne (Pranger) diente oder ein Bestandteil
desselben war. An ihn wurden - nach gerichtlichem Urteil und unter Aufsicht
des Gerichtsfrons - Missetäter und Verbrecher gefesselt oder gekettet, um
aller Augen zur Schau gestellt und der öffentlichen Beschämung preisgegeben
oder durch den Henker der Stäupung oder Staupe (Züchtigung, Geisselung)
unterzogen zu werden.
Da die Staupsäule wichtiger Bestandteil und äusseres Zeichen des städtischen
Gerichtswesens war, gab ihre Errichtung Anlass zu einer feierlichen Zeremonie.
In manchen Gegenden oblag es dem Gerichtsherrn, bei diesem Anlass mit der
Axt drei Hiebe "im Namen Gottes" ins Holz zu tun.(1)
Bei öffentlichen Vermögens-Schätzungen wollte es der Brauch, dass die Pferde
an die Staupsäule gebunden wurden, eine symbolische Handlung, die an eine
ehrliche Angabe des Besitzes und eine korrekte Schätzung gemahnte. Auch
verbotene oder verderbliche Gegenstände und bestimmte Mitteilungen sowie
Namen wurden an der Staupsäule befestigt, bzw. angeschlagen oder angeheftet.

Der Pranger (etym. mhd. "pressen, drücken" 15. Jh.) war ursprünglich lediglich
das hölzerne oder eiserne Halseisen oder Joch, in welches der Missetäter
geschlossen wurde, doch ging die Bezeichnung letztlich in vielen Gegenden
auf den Schandpfahl und seinen Standort über. In England waren hölzerne
Pranger üblich, aus denen nur der Kopf des Bestraften herausschaute, in Paris
Käfige, weswegen es je nach der örtlichen Gestaltung heisst, der Verurteilte
sei *an* oder *in* den Pranger, in manchen Fällen auch *auf* den Pranger
gestellt oder gesetzt worden.

Die verschiedenen, nach der Gravität der Tat verhängten Strafen waren örtlich
unterschiedlich gehalten und sind in vielen Stadtrechten und Polizeiordnungen
verankert. Die Pranger- oder Halseisen-Strafen, die z.B. in Fällen von Frevelei,
Meineid, Betrug oder Hurerei verhängt wurden, waren meistens mit einer
Scherung des Haupthaares verbunden. Sie verfolgten den Zweck, den Missetäter
öffentlich als solchen vorzuführen und ihn in die beschämende Lage zu bringen,
sich dem Spott und den tätlichen Angriffen des Volkes ausgesetzt zu sehen.
Denn die Bespuckung und Bewerfung des Straflings durch die Passanten waren
durchaus üblich und wurden auch geduldet. Diebe kamen mitsamt dem
Diebesgut an den Pranger. Kaufleute, die falsch abgewogen hatten, mussten
mancherorts zur allgemeinen Belustigung mit einem Butterklumpen auf dem
Kopf am Pranger ausharren, bis dieser vollständig geschmolzen war. Für
gravierendere Taten wurden Körperstrafen verhängt. Die Stäupung bestand in
Prügelhieben, Rutenstreichen, Auspeitschungen, im Extremfall in
Verstümmelungen wie etwa der Brandmarkung mittels eines glühenden Eisens
oder dem Abschneiden von Zunge, Nase oder Ohren. Todesurteile, welche eine
höhere Instanz, das sogenannte Halsgericht, für sehr schwere Vergehen wie
etwa Auflehnung gegen die bestehende Ordnung, Hexerei, Mord, Notzucht,
Raub verhängte, wurden nicht an der städtischen Staupsäule vollstreckt,
sondern auf dem Richtplatz oder auf dem Galgenberg.

Die Stäupung gehörte, wie die Prangerstrafe, zu den sogenannten Ehrenstrafen,
d.h. beide waren mit Ehrverlust sowie Ächtung verbunden und hatten - wenn der
Bestrafte nicht auf der Stelle davongejagt worden war - nicht selten eine
Auswanderung des Betroffenen zur Folge.

contactparis schrieb:

Die Staupsäule (etym. mhd stupe = Pfahl, 16. Jh.), auch Stauppfahl, Schandpfahl, Laster- oder Lästerstein genannt, war zunächst ein in der Regel auf dem Rathausplatz oder Marktplatz errichteter hölzerner oder steinerner Pfahl, der als Schandbühne (Pranger) diente oder ein Bestandteil desselben war.

Hallo Susanna,
nur in einem Punkt möchte ich dem Dr. Volkmer widersprechen, zumal er auch nicht mehr der Modernste ist und man sich zu seiner Zeit mit den slawischen Wurzeln noch schwertat.

Das Wort Staupe stammt nicht aus dem Mittelhochdeutschen, das spätestens um 1350 aus der Mode kam, sondern aus dem altslawischen stupa = Mörser, Getreidestampfe. Die Wortentstehung war sicher lautmalerisch, was sich am Klang der heute noch in Afrika gebräuchlichen Getreidemörser - ausgehöhlter Baumstämme - leicht nachvollziehen lässt. Im Russischen ist das Wort ступа (stupa) heute noch mit derselben Bedeutung gebräuchlich, seine Verkleinerungsform ступица (stupiza) ist die hölzerne Radnabe. Es darf also vermutet werden, dass bei der Staupe ursprünglich nicht mit Ruten sondern mit dicken Knüppeln gezüchtigt und dabei auch mancher Knochen zerschlagen worden ist. Die Ableitung von polabisch stup = Podest, Altar, die Bielfeldt anbietet, ist wohl fast soweit hergeholt wie die von der buddhistischen Stupa.

Grüße aus Hilden,
Günther Böhm

Eine Ergänzung zum Wort Staupe:
Mir fiel beim Lesen die Wendung ein: "du gehörst gestaupt" im Sinne von:
eine kräftige Strafe gebührt dir. Das habe ich in meiner Kindheit
zuletzt gehört.
Ist das Verb "staupen" in dieser Redewendung wohl eine Ableitung dieses
Substantivs Staupe? Ich vermute das auch deshalb, weil im weiteren
solcher Drohungen auch fiel: "dir gehört die Zunge geschabt".
Mittelalterliche Strafen gefielen dem Volksmund offenbar noch lange.

Brigitte
in Karlsruhe