Sölde, Selde und Kate(n)

Hallo Fragesteller und Liste !

Eine S�lde ist ein H�uschen ohne weitere Gerechtigkeit, das auf
dem Grundst�ck eines "anderen" steht.
Dito die Kate resp. der Katen, deren Bewohner K�tner genannt
wurden.

Der "andere" zahlt auch die Steuer f�r die S�lde an den h�heren
Grundherrn. Der S�ldner zahlt dagegen eine Pacht oder Erbpacht an
den "anderen". Quasi eine Miete.

Konkret standen S�lden meist auf den Grundst�cken der Vollbauern
oder Halbbauern etc.
Die Bauern hatten ihre H�fe zu Erblehen vom adeligen
Grundbesitzer oder vom Landesherren direkt.

Die D�rfer nannte man z.B. in Preu�en deshalb treffend
adelige D. oder k�nigliche D., je nach Grundherren.
Es gab auch gemischte oder geistliche D�rfer.
(Lehnherr war dann ein Kloster etc.)

Die z.T. uralten Bauernlehen waren immer auch mit weiteren
Rechten verbunden, z.B. Brauerei, Fischerei, Hut, Wald, Wiese,
Gro�tierhaltung (>Pferdner, Ansp�nner) etc. aber auch mit
Pflichten, z.B. Wehrpflicht und Anschaffung eigener Waffen
(=Musterung), div. Frohnleistungen oder die Huldigungspflicht.

Der S�ldner hatte diese Rechte und Pflichten nicht oder
nur sehr beschr�nkt.
Er konnte Ersatzdienst bei der Wehr oder Frohn leisten,
war aber nicht der Vertragspartner.

War er besoffen oder fehlte, wurde der Bauer, auf dem die
Pflicht rechtlich lag, zur Verantwortung gezogen.
Dieser ma�regelte dann den S�umling, der wiederum Frau
und Kinder................ Ein abgestimmtes System ! :wink:

Hier liegt auch die Kalamit�t f�r den ernsthaften Genealogen,
der die Vor_Kirchenbuch_Zeit in Staatlichen Archiven erforschen
will und im Idealfall bis ca. 1480/1500 vordringen kann.

Die begehrten Bev�lkerungslisten dort sind n�mlich s�mtlich
die Listen der Besitzenden, jedenfalls allermeist.

Als da sind:
Huldigung, Musterung, Steuer (Bede) , T�rkensteuer, Sondersteuer,
Steuer f�r die S�lde(n), Erb- und Verkaufssteuern etc.

Dort fehlten die S�ldner und K�tner und andere arme Schlucker
auch.

Nur die sog. Seelenlisten (ab ca. 30 J�hr. Krieg) enthalten
arm und reich gemeinsam, eben Kind und Kegel eines Nestes.

Sollten Sie in einer alten Musterungsliste aber lesen
(z.B. 1504 Bayrisch-Pf�lzischer Erbfolgekrieg), da�
(Frau) "Kunigund Vierschrot" sich mit einer Saufeder (Spie�)
oder einer B�chse auf der Stadtmauer einzufinden habe, so m�ssen
Sie wissen, da� die gute Kunigund nicht pers�nlich kam, sondern
einen armen, nicht genannten Schlucker als Ersatz schickte, den
sie ausr�stete und bezahlte. Nat�rlich hatte der n�chtern zu
sein. :wink:

Wenn Sie aber z.B. lesen, da� der Kanzler der Grafschaft
Henneberg im Falle eines Falles mit einer Wallb�chse zur
Stadtmauer eilen mu�te, so k�nnen Sie davon ausgehen, da�
der dann auch pers�nlich kam.

Ministerpr�sidenten oder Regierende B�rger-Mstr. eines Bundes-
landes werden heute eher selten an der "Front" gesehen.

So �ndern sich die Zeiten, nur die Steuern sind geblieben !

Ich hoffe, Sie sehen nun durch.

mfg

W.Schwarz

Sehr geehrter Herr Schwarz,

besten Dank f�r ihre aufschlu�reichen und interessanten Ausf�hrungen. Auch ging mir jetzt ein Licht auf bez�glich des Wortes Hut, das sie erw�hnten. Im �bertragenen Text konnte ich mit" hutt" nichts anfangen, aber ich h�tte nur ein "t" weglassen m��en, dann w�re es klargewesen: Die Hut, von h�ten!

Weiters glaube ich - aufgrund ihrer Ausf�hrungen - die nachfolgenden Eintragungen in diesem Standbuch erkl�ren zu k�nnen:

Die Seiten werden in zwei Spalten gef�hrt: Die Hauptspalte wird mit Aa":, Bb":, oder Cc": er�ffnet, danach wird angegeben: zB. schreibers g�tthlein, oder Driebels Hof, etc, dann folgen (wahrscheinlich) einige lateinische Abk�rzungen, dann folgt:

1 Fasnacht Hun
1 Zehent Hun

Darein geh�rt

71/2 a jagd wald in der neuen saz (?) ad. ori.
X. oce trieb Sept. (?) gemein Holz. mer. S. num. 26

Dies d�rfte die Beschreibung des zu verpachteten Grundst�cks sein (das dem "Anderen" geh�rt), denn in der Nebenspalte werden Namen und anschlie�end Jahreszahlen angef�hrt wie:

Friederich Lohe 1716, 1717,1718, 19, 20, 21 22 usf. bis 33
J�rg Pachbauer 1734, usf.

Hier handelt es sich dann offensichtlich um die S�ldner.

Nun kann ich mir die Eintragungen:

1 Fasnacht Hun
1 Zehent Hun

auch nicht erkl�ren, wissen sie dar�ber auch Bescheid?

Nochmals recht sch�nen Dank

und viele Gr��e aus Wien!

Johann Loy

Sehr geehrter Herr Loy!

Das waren Naturalabgaben, vergleichbar beispielsweise mit dem Vogt-Habern (Hafer f�r die Pferde des Vogtes).
In Nieder�sterreich hie�en diese H�hner 'Faschings Hen' und 'Herbst Hen'.

Der Unterschied war der Zeitpunkt der Ablieferung: Fasnacht/Fasching - also Sp�twinter
bzw. (wie der Zehent)/Herbst.

Der Grund f�r diese zeitversetzte Ablieferung war die Frage, wer das Huhn �ber den Winter f�ttern mu�te. Das war eben der Bauer/H�usler/S�ldner. H�hner k�nnen sich ja freilaufend praktisch selbst ern�hren - solange kein Schnee liegt, dann m�ssen sie gef�ttert werden. Und das wurde eben den Bauern/H�uslern/S�ldnern aufgeb�rdet. Somit waren
Fasnacht/Fasching Hun/Hen deutlich wertvoller, als Herbsthennen, auch wenn sie nat�rlich schm�ler waren.
Zur Fasnacht/Fasching (�ppige Feiern) wurde damals viel Fleisch gegessen, ein Mittel gegen die Mangelerscheinungen des Sp�twinters, deshalb die Ablieferungspflicht zu dem Zeitpunkt. In der folgenden Fastenzeit (bis Ostern) durfte ja kein Fleisch gegessen werden. Auch diese Fastenperiode war �brigens biologisch (zur Entschlackung) wichtig.
Die kirchlichen Ge- und Verbote hatten ja meist recht handfeste Gr�nde.

Mit besten Gr��en aus Wien
G�nter Ofner

Sehr geehrter Herr Loy!

Ein kleiner Nachtrag zum Gefl�gel.
Die Fastnachthenne symbolisierte die Anerkennung
der Lehensabh�ngigkeit durch den Lehensinhaber
gegen�ber dem Lehensherrn.

MfG

Hermann (Eger)

--- G�nter Ofner <guenter.ofner@chello.at> schrieb: