Hallo Thomas Salein,
in dem Punkt, dass die Genealogie nicht nur aus Daten- und Dokumentensammelei
bestehen sollte, stimme ich voll mit Ihnen überein. Im optimalen Fall
schließt sie die interessierte Beschäftigung mit Land und Leuten diesseits
und jenseits der Grenzen bis zum heutigen Tage ein.
Den Rest Ihrer Mail vom 31.12. als Reaktion auf die meinige vom 23.12. (im
Archiv der Liste - falls es noch jemanden interessiert) weise ich jedoch
entschieden zurück. Ihre Kombinationen und Unterstellungen sind vollkommen
absurd! Zur Klarstellung die Fakten:
Mein Schreiben bezog sich allein auf die Mitteilung von Dagmar August, dass
sie eine deutschsprachige Internetseite gefunden habe, auf der jemand
deutschen Gästen/Touristen anbietet, mit Metallsuchgeräten
("Metallaufdeckern") und mit Hilfe der Schroetterkarte von 1810 nach
"Schätzen" in Masuren zu suchen (Dagmar: "einfach skandalös und höchst
geschmacklos"). Meine Botschaft war: kein Grund zur Aufregung,
so etwas gibt es überall, auch nicht erst seit heute. Mehr nicht!
Ich habe überlegt, was Sie veranlaßt haben könnte, Ihr Schreiben so zu
verfassen. Wahrscheinlich habe ich den Fehler begangen und aus einer gewissen
Betriebsblindheit heraus zum einen ein Fachvokabular ("Raubgrabungen",
"Grabräuber") benutzt, was unbewußt oder bewußt mißverstanden werden konnte,
zum anderen habe ich wohl mehr Kenntnisse zu der Thematik vorausgesetzt, als
dann offenkundig vorhanden waren.
Zu dem offensichtlichen Reizwort "Grabräuber": der Begriff steht allgemein in
Zusammenhang mit der außerhalb der Regelungen der (Bodendenkmalschutz)Gesetze
durchgeführten Entnahme von Grabbeigaben bei nichtchristlichen Bestattungen,
d.h. regional gesehen, bei Bestattungen aus vorchristlicher Zeit. Warum? Weil
christliche Bestattungen nach der Lehre der Kirche zur Unterscheidung von
"heidnischen" Bestattungen beigabenfrei sind - oder zumindest sein sollten.
Grabräuber arbeiten unauffällig und im Verborgenen. Sie werden staunen, wie
viele Links Ihnen eine Suchmaschine anzeigt, wenn Sie die Suchworte
"Grabräuber" und "Deutschland" eingeben. Sie finden Berichte über die
Plünderung ganzer Gräberfelder. Wohlgemerkt, keine "Kirchhöfe"!
Wer die Schroetterkarte kennt (s. den ersten Absatz), weiß, dass auf ihr
(Maßstab 1 : 150.000) keine Friedhöfe verzeichnet sind, mit ihr somit auch
keine gefunden werden können. Zu diesem Zwecke wären die
Karten/Meßtischblätter der Preußischen Landesaufnahme von 1918 und später im
Maßstab 1 : 25.000, welche günstiger und einfacher als die Schroetterkarte
z.B. im Institut für Geodäsie in Berlin erhältlich sind, geeignet. Doch von
diesen war nicht die Rede. Zudem sind die Friedhöfe bekannt, auch die alten.
Man braucht keine (Schroetter-)Karte und Metallsuchgeräte um sie zu finden.
Und die erwähnten Metallsuchgeräte sind allenfalls für das Suchen und Finden
oberflächennaher (bis 20 oder 30 cm Tiefe), kleiner Metallgegenstände wie
Münzen u.ä. geeignet. Damit kann man kein z.B. Zahngold, einen Ring oder was
auch immer in Gräbern nicht finden.
Aus den beschriebenen Punkten einen Zusammenhang mit den in der Liste nach
meiner Mail erwähnten Friedhofs- und Grabschändungen herzustellen, will mir
beim besten Willen nicht gelingen.
Nachdem Dagmar gestern abend die Adresse der Internetseite preisgegeben hat,
fand ich meine Vermutung bestätigt. Es handelt sich um einen älteren Herrn,
der mit seinen deutschen Feriengästen und seinem Metallsuchgerät an
historischen Plätzen nach Münzen, Knöpfen, Fingerhüten etc. sucht. Mehr
nicht! Eas sind keine Geschmacklosigkeiten und Skandale erkennbar. Da er
seine Funde stolz im Internet präsentiert, hat er wahrscheinlich sogar eine
Genehmigung der örtlichen Behörde.
Ich hoffe, die Sache ist nun geklärt.
Wolfgang Brozio