Schlesisches Brauchtum

Hallo!

Da in den letzten Tagen viel von schlesischem Brauchtum die Rede war,
hier noch ein Ausschnitt aus den "Altschlesischen Bl�ttern" von 1938.
Viele der beschriebenen Br�uche kenne ich aus den Erz�hlungen meiner
Mutter auch aus der Breslauer Gegend. Damit kehre ich dann auch wieder
reum�tig zur reinen Ahnenforschung - bis n�chste Weihnacht :slight_smile:

Viele Gr��e von Karin!

Lebendes Brauchtum in einem Isergebirgsdorf

Die Menschen der engen Gebirgst�ler sind der Natur mehr verbunden als
die Bewohner der weiten Niederungen oder gar der St�dte. Da bis zum
Beginn dieses Jahrhunderts Heiraten au�erhalb der Dorfgemeinschaft kaum
vorkamen, bilden die Einwohner des Dorfes eine gleichf�rmige
Sippengemeinschaft. Dass sich in solcher Lebens- und Blutsgemeinschaft
Glaube und Brauch aus Urv�tertagen immer noch lebendig gehalten haben,
soll an einigen Beobachtungen gezeigt werden. Die Ausf�hrungen
verzichten auf Vollst�ndigkeit und Systematik; sie wollen auch nicht
deuten, sondern nur schlicht berichten.

Der Jahreskranz
    Wenn das Weihnachtsfest die Reihe der 12 N�chte einleitet, gibt es
neben den allgemein �blichen Br�uchen noch manche Besonderheit zu
beachten. Am Weihnachtsabend werden die Haustiere besonders reichlich
gef�ttert. Der Vater geht in den Stall und spricht mit den Tieren. Die
H�hner erhalten ihr Futter innerhalb eines Reifens. Dann geht der
Hausvater in den garten, bindet jedem Obstbaum ein Strohseil um und
spricht mit ihnen. Der Weihnachtsbaum, der �brigens stets 12 Kerzen hat,
wird nach dem Abr�umen ein ganzes Jahr hindurch auf dem oberen Boden als
Blitzschutz aufgehoben. In den 12 N�chten darf auf keinen Fall W�sche
�ber Nacht auf der Leine bleiben, sonst stirbt jemand in der Familie.
    In der Neujahrsnacht werden verschiedene Losbr�uche ge�bt, z. B.
Latschenwerfen, Tippelgucken, Bleigie�en, Zwiebelkalender usw., die wohl
allgemein bekannt sind. Das neue Jahr wird mit Sch�ssen �ber das Feld
begr��t. Die Katze wird auf Nachbars Feld getragen. Am
Fastnachtsdienstag m�ssen Erbsen oder Linsen gegessen werden, was Gold
einbringt. Karfreitag kommen Eier auf den Tisch, w�hrend am
Gr�ndonnerstag eine Suppe aus sieben verschiedenen Kr�utern gegessen
wird. Das Gr�ndonnerstagssingen der Kinder ist hier wie an vielen
anderen Orten noch �blich.
    Karfreitag fr�h kurz vor Sonnenaufgang sch�pft der Vater das
Karfreitagswasser. Er darf vorher mit keinem Menschen sprechen. Das
Wasser wird vom flie�enden Bach unterhalb einer Br�cke entnommen, �ber
die im letzten Jahr eine Leiche getragen wurde. Solchews
Karfreitagswasser h�lt sich das ganze Jahr �ber frisch. Es wird
sorgf�ltig aufbewahrt und als begehrtes Heilmittel bei inneren und
�u�eren Leiden. benutzt. Das Osterwasser hingegen, von jungen M�dchen
gesch�pft, ist ein bew�hrtes Sch�nheitsmittel. An allen Festtagen darf
keine Nadel, Schere usw. benutzt werden.
    Die Sopmmersonnenwende ist ein besonders wichtiger Tag. Am
Johannisabend werden alle Stall- und Wohnungst�ren mit Eichenzweigen
besteckt, die dann das ganze Jahr �ber stecken bleiben. An diesem Abend
blasen junge Burschen auf Kuhh�rnern; am Feuer werden die Gesichter
geschw�rzt. Die Kr�uter f�r den Tee sind besonders heilkr�ftig, wenn sie
am Johannistage gepfl�ckt werden.
    Dass an bestimmten Tage mit Saat und Ernte begonnen wird, ist wohl
allgemein �blich. Im Herbste erfolgt das Austreiben des Viehs auf die
Brachen auch erst von einem festgelegten Tage an.
                                                Johannes Beck