Reisebericht durch Schlesien von Herbert Garys

Hallo Listenteilnehmer,
da der Reisebericht von Gregor Waluga in der SCI soviel positive
Aufmerksamkeit erregte hier nun meiner:

Bericht �ber meine Reise nach Schlesien

30.September 2001

Ich will, anders als im April 2000, einmal nicht �ber die Autobahn sausen.
Also bei Dresden runter und ab durchs Elbetal in Richtung Tschechei,
das ich mir wenigstens im Durchfahren einmal ansehen will.

Eine abendliche Fahrt entlang der Elbe : Dresden � Pirna � K�nigstein � Bad
Schandau � Schmilka �
ein wundersch�ner Anblick beleuchteter Felsen, gepflegter H�user und
Lichter, die sich in der Elbe spiegeln, begleitet mich zur deutsch �
tschechischen Grenze.
Erinnerungen an eine Fahrt, damals durch die DDR und die Unterbringung in
einer Jugendherberge hier im Elbetal kommen hoch.
Vollkommen unproblematisch �berquere ich die deutsche Grenze, die
ausschlie�lich PKW und Fu�g�ngern zug�nglich ist, und ich bin im
�Niemandsland�, wie mit erst sp�ter bewu�t wird � einem Streifen zwischen
beiden Grenzen, in dem der zollfreie Handel bl�ht !
Zollfreier Einkauf lockt, doch es ist schon sp�t, ein gro�es Einkaufszentrum
ist gerade dabei, seine Pforten zu schlie�en. Also schnell noch ein wenig
Reiseproviant zu �u�erst g�nstigen Preisen gekauft.
Weiter geht es zum n�chsten Grenzposten, den ich mit einem freundlichen
�Guten Abend� ohne jegliche Wartezeit schnell hinter mir lasse.
Mein Weg durch die Tschechische Republik f�hrt mich durch das n�chtliche
Dezin weiter ins Landesinnere.

01. Oktober 2001

Ich w�hle f�r meine Fahrtroute Wege quer durch�s Land. Die Stra�en sind zu
einem gro�en Teil in gutem Zustand und ich komme gut voran.
Irgendwann in der Nacht kommt die M�digkeit. In der N�he von Hradec Kralove,
direkt an der Fernstra�e ist ein Motel angepriesen, das allerdings um 23 Uhr
seine Pforten schlie�t.
Davor, fern vom Ger�uschpegel der Fernstra�e ist ein gro�er, weitl�ufiger
Parkplatz, auf dem auch schon einige LKW-Fahrer ihr �Quartier� bezogen
haben.
Gleich neben dem Parkplatz befindet sich ein gro�es Ausbildungszentrum der
tschechischen Polizei � wo soll es wohl sonst sicherer sein?!

Nach fast 6 Stunden Schlaf wache ich ausgeruht auf und genehmige mir erst
einmal ein Fr�hst�ck in dem zum Motel geh�renden Restaurant, das sogar eine
deutschsprachige Karte besitzt.

Und weiter geht es auf meiner Fahrtroute.
Immer seltener sehe ich mal ein deutsches Auto.

An der Strecke taucht in einem der Orte ein Friedhof auf, sichtbar ist auch
ein angegliederter Soldatenfriedhof.
Ich mache halt und wandere durch die Reihen, erlebe, wie man in diesem Land
um die Toten trauert,
anders, pers�nlicher.
Bilder, Figuren und andere pers�nliche Gegenst�nde stehen dort in kleinen
Glasvitrinen, eingelassen in die Grabsteine, und lassen mich den Toten ein
wenig pers�nlich sehen.
�hnliches sah ich auch schon in Holland.

Und dann stehe ich auf dem Soldatenfriedhof � wohl neu angelegt, wo bekannte
und unbekannte Soldaten ihre letzte Ruhest�tte gefunden haben.
Angelegt von der deutschen Kriegsgr�berf�rsorge, die wohl auch erst vor
kurzem hier waren, wie man unschwer aus den niedergelegten Kr�nzen erkennen
konnte.
Leider habe ich mir den Namen des Ortes nicht notiert.
Direkt daneben ein Denkmal f�r die russischen Soldaten.
Und ein Denkmal in Form einer Sammlung von Grabsteinen j�discher Einwohner.
Tief bewegt fahre ich weiter. M�gen solche Gedenkst�tten die letzten in
unserem neuen Jahrtausend bleiben.

Unweit der Oderquellen, n�rdlich von Pribor, wandere ich durch eine
Teichlandschaft der Oder ( Odra hei�t sie in der Landessprache ) und tanke
Sonne. Plaudere mit einer alten Frau, mehr mit H�nden und F��en und trotzdem
nett. Erz�hl mir doch keiner was von wegen Deutschenha�.
Weiter in Richtung Ostrava.

Der heutige Reisetag endet aber vorher in Frydeck- Mistek, nachdem ich
entlang der Beskiten eine wundersch�ne Landschaft mit immer wieder
wechselnden Bildern � prachtvolle H�user neben halb zerfallenen Katen - im
strahlenden Sonnenschein erleben durfte.

Auch Frydeck � Mistek ist eine Stadt mit zwei Gesichtern. Mein erster Weg
f�hrt mich in den Stadtteil Mistek. Meine fehlenden Kenntnisse der Sprache
machen sich erstmals bemerkbar, denn keiner spricht deutsch oder englisch
( oder will nicht ? ) und ich spreche kein tschechisch.
Trotz allem finde ich sogar eine Stadtinformation, erhalte auch einen
Stadtplan und die Adressen zweier Hotels und einer Pension. Da ist halt
Pfadfindergl�ck gefragt!
Mistek selbst gleicht einer einzigen Baustelle, ist laut und unaufger�umt.
Das Essen in einer Gastst�tte auf dem Markt vers�hnt mich dann wieder, die
Speisekarte in deutscher Sprache ist vielversprechend das Essen so
schmackhaft und preiswert wie das tschechische Bier. Frisch gest�rkt geht es
auf Quartiersuche. Das erste Hotel ist wohl eher keins, hat aber gepfefferte
Preise. Also auf zur Pension in Frydeck, dem gegen�berliegenden Stadtteil.
Die Stadt wird durch die Ostravice geteilt.

Dort finde ich genau das Gegenteil � alles, was mein Herz begehrt: eine
gepflegte Pension mit hauseigenem abgeschlossenem Parkplatz, eine
Gastst�tte � klein aber fein, das Appartement komfortabel, die sanit�ren
Einrichtungen vom Feinsten. Mein Spaziergang durch das abendliche Frydeck
endet mit der �berzeugung : �Hierher komme ich noch mal !�
Meine n�chste Reisestrecke lasse ich mir in einem Internet � Cafe gleich um
die Ecke auch noch ausdrucken.
Dann genie�e ich den Abend beim Bohemia � Sekt, sehr gut und preiswert.

02. Oktober 2001

Nach einem guten Fr�hst�ck geht es weiter in Richtung Schlesien. Meine
ersten Ziele f�r heute sind Auschwitz und Birkenau. Ich war bereits zweimal
dort, aber es zieht mich wohl immer wieder hin.
Mir hilft es, nicht zu vergessen - und zu verarbeiten.
Der Grenz�bertritt verl�uft bis auf eine kurze Wartezeit ohne jegliche
Komplikationen, ein freundliches �Auf Wiedersehen� in tschechisch kommt mir
und den Z�llnern ebenso leicht �ber die Lippen, wie ein gleicherma�en
freundliches �Guten Tag� auf polnisch. Diese Sprache kann ich zwar auch
leider nicht, aber einige Worte und Ausdr�cke habe ich nun doch gelernt.
M�hsam, wie ich gestehe.

Ja � dann Auschwitz und Birkenau � bei strahlendem Sonnenschein tauche ich
ein in die Dunkelheit und K�lte menschlicher Vergangenheit.
Ich bin nicht allein, viele Menschen haben sich aufgemacht, den Toten Ehre
zu erweisen.
Junge, Alte, viele Sprachen sind zu h�ren.
Auch Hinterbliebene treffe ich, die um ihre Toten dort trauern.
Die betroffenen Gesichter am Ausgang allerdings sprechen alle eine
Sprache...

Am Nachmittag lasse ich � zumindest r�umlich � Auschwitz und Birkenau hinter
mir. Auf geht es nach Knurow.
Dort f�hrt mich der erste Weg in das �rtliche Pfarramt. Ich wollte mich f�r
den 04.10 Vormittags anmelden. Leider klappt es anf�nglich nicht so richtig
mit der Verst�ndigung, auch wenn alle redlich bem�ht sind. Gl�cklicherweise
taucht ein junger Mann auf, der ein wenig Englisch spricht und als
Dolmetscher agiert.
Von ihm erfahre ich auch, das er das Gymnasium besucht, 16 Jahre alt isr und
erst seit zwei Jahren Englischunterricht hat. Etwas wenig tut da der Staat
auf dem Weg nach Europa, meine ich.
Neben der Zusage, dass ich am Donnerstag kommen und die Kirchenb�cher
einsehen darf, bekomme ich gleich noch ein Hotel (wohl das Einzige im Ort)
empfohlen.
Von dessen Existenz aber offensichtlich nur wenige wissen.
Auf den ersten Blick nicht sonderlich einladend, es macht eher den Eindruck
eines Arbeitnehmerwohnheims, versuche ich es auch noch in Gliwice,
allerdings ohne sonderlichen Erfolg, vollkommen �berteuert und sehr, sehr
einfach. Da nehme ich dann doch lieber das erste Angebot an. F�r zwei N�chte
beziehe ich ein sauberes, einfaches Quartier.
Auch das Auto wird �einquartiert� � ein Tag und Nacht bewachter Parkplatz
sorgt f�r meine Ruhe.
12 Zlty am Tag ist annehmbar und die 200 m Fu�weg dienen auch noch der
Gesunderhaltung und der Begegnung mit Menschen.
Nun muss noch f�r mein leibliches Wohl gesorgt werden. So lerne ich das
�Carmelot� kennen � ein gepflegtes Restaurant mit guter K�che, direkt an der
Hauptstra�e gelegen. Sehr zu empfehlen !
Freundlichkeit und gegenseitiges Bem�hen einander zu verstehen �berbr�cken
jegliche Sprachbarrieren und runden den Abend ab.

03. Oktober 2001

Endlich ist es soweit, es geht nach Zernica. Dort erwartet man mich schon.
Ich hatte schon von zu Hause aus telefonisch Kontakt aufgenommen und an den
mehr als ein Jahr zur�ckliegenden ersten Besuch angekn�pft.
So verlief auch dieser Tag von Anfang an sehr harmonisch. Ich konnte
ungest�rt die B�cher durcharbeiten. Sowohl die freundliche Haush�lterin als
auch der Pater waren sehr um mein Wohl bem�ht.
Welch ein Fundus an Geschichte!
Nahezu ununterbrochen arbeitete ich 8 Stunden lang, versuche soviel wie
m�glich zu erfassen und f�r die weitere Verarbeitung zu dokumentieren.
Anschlie�end ein Spaziergang zur alten Kirche � eine alte, wundersch�ne
Holzkirche.
Wenn es interessiert, ich habe Fotos von diesem Schmuckst�ck.
Mit einem � vorerst � letzten Blick �ber den Ort bis hin�ber zu den Zechen
ging es zur�ck nach Knurow, vollgepackt mit Eindr�cken und Informationen.
Der Ausklang im �Carmelot� bei gutem Essen und Trinken war begleitet von
netten Gespr�chen mit Einheimischen � in Deutsch.

04. Oktober 2001

Was werde ich wohl in Knurow entdecken? Auch hier ein freundliches
Willkommen und ein leidlich gut deutsch sprechender Pastor, der mir einen
separaten Arbeitsraum zur Verf�gung stellt. Neben den vielen Informationen,
die ich in den B�chern finde eine weitere wichtige Quelle: in Gieraltowice
sind die alten B�cher von Knurow zu finden. Ein Grund mehr, bald wieder zu
kommen.
Den wenn es wirklich an Etwas mangelt, dann an Zeit.

Ausgestattet mit Kopien und Aufzeichnungen dann noch einmal per Auto durch
Knurow, f�r den Papa Photos seiner Heimat im Gep�ck, ein Abstecher zur
Kirche, bei deren Bau er als Schmiedelehrling mitgewirkt hat.

Dann geht es nach Zabrze zur Tante. Ein Wiedersehen nach vielen Jahren,
voller Herzlichkeit und Freude, so, wie ich dieses Land und die Menschen in
vielen Situationen erleben durfte.

Am sp�ten Nachmittag hei�t es Abschied nehmen. Die R�ckreise beginnt, die
Vorfreude, all die Informationen aufzuarbeiten, die Neugier, welche L�cken
wohl gef�llt werden k�nnen, nimmt immer mehr zu.
So geht es �ber die Autobahn in Richtung tschechische Grenze, vorbei am
abendlichen Opole und dem in der Ferne leuchtenden Abendhimmel von Wroclaw
geht es hinter Jelina Gora unproblematisch und ohne Aufenthalt ( einfach
vorbeifahren an der langen Schlange LKW`s , das habe ich schon im April 2000
gelernt ) �ber die polnisch - tschechische Grenze, vorbei an solch
klangvollen Ferienorten wie Harrachov und Liberec, quer durchs Land zur
tschechisch � deutschen Grenze, wieder vorbei an einer riesigen Flotte
wartender LKW, auch hier ohne Stopp auf der Route vom Sonntag zur�ck nach
Hause.

Was mir sonst noch auffiel: �berall deutsche und franz�sische Namen an den
gro�en, neuen Einkaufszentren. Aral, Reno-Schuhe, Edeka ( die wenigstens mit
einem polnischen Namen ) und viele andere mehr. Europa gr��t. M�gen diese
Gesch�ftsleute nicht nur ihr Gesch�ft, sondern auch die Menschen im Auge
behalten.
Schlesier, ob Polen oder Deutsche , haben da ja �ber die Jahrhunderte viel
erleben m�ssen.

Waren es Tage, Wochen, Monate? � Eine F�lle von Erlebnissen und Eindr�cken,
die mich noch lange und oft bewegen werden.

Wie ich es sehe:
Menschen begegnen mir so, wie ich ihnen begegne.
Egal, welche Sprache ich spreche, ein L�cheln und das Bem�hen, wenige Worte
in der Landessprache zu sprechen, bauen Br�cken �ber B�che, Fl�sse, Risse
und Kl�fte.
Es war nicht meine letzte Polenreise � und nicht nur wegen der dort
liegenden Kirchenb�cher komme ich wieder in die Heimat meines Vaters, die er
viel zu fr�h verlassen musste.

Mit freundlichen Gr��en
Herbert Gabrys

http://www.gabrys.de

Hallo Listenteilnehmer,
da der Reisebericht von Gregor Waluga in der SCI soviel positive
Aufmerksamkeit erregte hier nun meiner:

Bericht �ber meine Reise nach Schlesien

01. Oktober 2001

Und dann stehe ich auf dem Soldatenfriedhof � wohl neu angelegt,
wo bekannte
und unbekannte Soldaten ihre letzte Ruhest�tte gefunden haben.
Angelegt von der deutschen Kriegsgr�berf�rsorge, die wohl auch erst vor
kurzem hier waren, wie man unschwer aus den niedergelegten
Kr�nzen erkennen
konnte.
Leider habe ich mir den Namen des Ortes nicht notiert.
Direkt daneben ein Denkmal f�r die russischen Soldaten.
Und ein Denkmal in Form einer Sammlung von Grabsteinen j�discher
Einwohner.
Tief bewegt fahre ich weiter. M�gen solche Gedenkst�tten die letzten in
unserem neuen Jahrtausend bleiben.

Mit freundlichen Gr��en
Herbert Gabrys
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Lieber Herr Gabrys,

vielen Dank auch Ihnen f�r Ihren interessanten Reisebericht. Leider
mu� ich Sie in einem Punkt aber entt�uschen. Es wird sehr bald noch
einen viel gr��eren russischen Soldatenfriedhof in Israel bzw. Jor-
danien geben. Dazu ein Auszug aus meinem Buch, Kapitel 9 (Anmerkung:
mit "Gog" wird der Anf�hrer Ru�lands bezeichnet):

Gott der Herr sagt au�erdem zu Gog: Auf den Bergen Israels sollst

du fallen, du mit deinem ganzen Heer und mit den V�lkern, die bei
dir sind. (Hes. 39, 4). Und weiter: Und zu der Zeit soll es geschehen,
da will ich Gog einen Ort geben zum Begr�bnis in Israel, n�mlich das
Tal der Wanderer �stlich vom Meer, und das wird den Wanderern den Weg
versperren. Dort wird man Gog mit seinem ganzen Heerhaufen begraben;
und es soll hei�en "Tal der Heerhaufen des Gog". Und das Haus Israel
wird sie sieben Monate lang begraben, damit das Land gereinigt werde.
(Hes. 39, 11-12).

Dieses Tal liegt im Gebirge Moab im heutigen Jordanien, wird aber doch
hier als "in Israel" bezeichnet. Mit "�stlich vom Meer" ist immer das
Tote Meer gemeint, wo schon Sodom und Gomorra zur Zeit Lots untergingen
(1. Mose 19, 24-25). So wies der Herr Jesus seine J�nger bereits damals
warnend darauf hin: Desgleichen, wie es geschah zu den Zeiten Lots:
sie a�en, sie tranken, sie kauften, sie verkauften, sie pflanzten,
sie bauten; an dem Tage aber, als Lot aus Sodom ging, da regnete es
Feuer und Schwefel vom Himmel und brachte sie alle um. (Luk. 17, 28-29).
Statt "wird den Weg versperren" hei�t es nun w�rtlich: Sein Zugang
wird verschlossen. Pastor A. F�nning schrieb noch dazu: Bez�glich der
furchtbaren Vernichtung von Gog und seiner Heere soll eine Stadt nach
Gog benannt werden, die soll hei�en: Hamona - Gogs Haufental.
Interessanterweise ist nun dieses Tal heute schon durch Schilder mit
dieser Aufschrift gekennzeichnet. <

Wenn jemand dazu noch Fragen hat, kann er mich gerne auch direkt an-
schreiben.

Ganz herzliche Gr��e aus Luxemburg