Re: NS-Film von 1937

Nachdem ich bisher diese sehr lebhafte und interessante Debatte bisher nur
lesend verfolgt habe, möchte ich mich nun doch dazu äußern.

Ich glaube es ist falsch, wenn man nur aus der heuigen Sicht urteilt, wie es
hier viele getan haben.

Ich kenne ein Thälmann-Zitat (leider nicht vorliegend), daß er stolz sei, ein
Deutscher zu sein etc. und ich kenne die prophetischen Worte Ludendorffs über
Hitler. Das Thälmann-Zitat würde ihm heute bei den rechtsradikalen Skinheads
zu hohen Ehren gereichen, aber er war der oberste Kommunist in der Weimarer
Republik und Ludendorff war beim Putsch von 1923 Hitlers Spießgefährte. In
dieser Hinsicht muß es bei einer solchen Diskussion zweitrangig sein, was im
Detail passiert ist, da es oft widersprüchlich ist.

Es kommt auf den allgemeinen Lauf der Geschichte an - und selbst der ist im
Augenblick des Geschehens nicht klar. Daß Hitler kein Demokrat war und ein
autoritäres Regime erreichen würde, wie Mussolini, Franco und jemand - ich
glaube - in Litauen, war wohl klar für den Normalbürger, daß es aber mit der
Vernichtung der Juden im großtechnischen, im industriellen Maßstab und dem
Verlust des deutschen Ostens enden würde, bestimmt nicht. Vielleicht stand
es in "mein Kampf", aber leider haben allzuviele diesen schwerverdaulichen
Schinken nicht gelesen.

Aus heutiger Sicht kann man natürlich sagen, man müsse um die Shoa gewusst
haben und habe nichts getan, aber ich glaube, der Informationshorizont der
Normalbürger reichte nicht aus, zu einer Zeit, wo man noch etwas tun konnte,
das Ende mit Schrecken zu erkennen.

Das aus meiner Sicht wichtigste einer solchen Debatte ist aber, was können
wir daraus lernen und warum es heute noch Leute gibt, die den alten Wahnideen
anhängen, so als wäre nichts geschehen. Und das wäre wichtiger als sich über
einen (möglicherweise Propaganda-) Film über Ostpreußen von 1937 zu ereifern.

Ernst Schörnig
eschoernig@aol.com