Re: Genealogie-Programme Nachrichtensammlung, Band 191, Eintrag 2

Grüß Gott,

die Diskussion zeigt wie immer das Hauptproblem der Software an:

- einfach soll sie sein (die Realität ist leider nicht einfach und schon
gar kein binärer Ahnenbaum)
- aber auch jeden Sonderfall erlauben
- zukunftssicher, selbsterklären, robust, erweiterbar usw.
- schnell soll es sein

Da ich mit einem selbstentwickelten Programm arbeite, stellen sich für
mich folgende Probleme

1. Trennung bzw. Vereinigung von biologischer und rechtlicher Vererbung.
2. GEDCOM ist "familienbezogen". Definiere "Familie". Was geschieht mit
den "modernen" gleichgeschlechtlichen Verbindungen?
3. Ortstrukturierung: Reicht die reine Ortsangabe oder will ich das noch
auf Straße und Haus verfeinern?
4. Dokumentstrukturierung: Reicht eine "virtuelle" Loseblattsammlung
oder sind diese in der Realität nicht in Kapitel
(Geburts-/.../Sterbebuch) und dicke Folianten gegliedert?
5. Will ich die Dokumente lokal speichern oder über Links verknüpfen,
oder gar beides, weil nicht alle privaten Dokumente im Netz vorhanden sind.
6. Wie modelliere ich die Beziehungen?

Welche Beziehungen gibt es überhaupt. Eine vereinfachte Darstellung.
Zuerst einmal die physikalisch einfach zu definierenden Objekte:

Eine Person meiner DB steht mit mehreren anderen Personen (zumindest für
eine gewisse Zeit) in Beziehung. Das können 0, 1 oder viele Personen sein.
Die Beziehung bildet eine bestimmte Rolle ab. Welche Rollen will ich
erfassen? Vater, Mutter, Kind, Stiefeltern, Pflegeeltern, Vormünder,
Hebamme, Pfarrer (taufend, trauend, beerdigend)
Man sieht leicht, dass die Liste deutlich länger werden kann.
Was ist invariant an der Person? Der Geburtsname?? Was bedeutet die
spätere Anerkenntnis der Vaterschaft? Ein juristisches Problem.
Die Kekulé-Nummer ist keine Invariante. Sie ist eine relative Nummerierung.
Wie identifiziere ich eine Person bei ständig abweichenden
Namensschreibweisen? Denke ich an die Besucher und benutze Einheitsnamen
oder lasse diese selbst ausprobieren ob "ph", "f" oder "ff" zu einem
Treffer führt?
Bei einem gleichgeschlechtlichen Paar trägt eine der Frauen ein Kind
aus. Was sagt mein einfach gestricktes Programm dazu?

Ein Dokument (Medium) meiner DB steht mit mehreren Personen in Beziehung.
Das Dokument bildet ein Einzelereignis (Heirat, Scheidung) oder einen
Zustand (Ehe) ab. Auch hier können wir eine Liste der Ereignisse
aufstellen: Geburt, Taufe, Einsegnung, Wohnungsbezug, Tod, Bestattung,
Verordnung, Gerichtsbeschluss, ...
Man sieht leicht, dass die Liste deutlich länger werden kann.
Ein Dokument steht mit anderen Dokumenten in Beziehung.
Ein Dokument steht mit Orten in Beziehung.
Wie erfasse ich ein Dokument? Buchstabengenaue Transkription,
Interpretation der unleserlichen Einträge usw.

Ein Ort meiner DB steht mit mehreren Personen in Beziehung.
Ein Ort zerfällt in kleinere Objekte. Dazu finden wir teilweise
abenteuerliche Konstruktionen, indem die Hausnummer
(Konskriptionsnummer) angehängt wird, als "Podersam 47", "Podersam 123"
Ein Ort ist in eine Verwaltungshierarchie eingebunden: Kreis/Oberamt,
Bezirk, Land, Staat, Staatenbund usw. Will ich das erfassen, um den
geschichtlichen Kontext darzustellen?
Wie hat sich die "Regierung" während der Lebenszeit der Person verändert.

Das sind ein paar ungeordnete Gedanken zum Wunsch nach einem "einfachen,
nicht überladenen" Programm.

Gruß vom Hans-Jürgen (Scheibl)

Genealogieprogramme im GenWiki:
http://wiki-de.genealogy.net/wiki/Kategorie:Genealogiesoftware