WDR3 Radiofeature
Heute Sonntag 11.1.
AUF FREMDEN SOCKELN
Ansichten über Königsberg, Leben in Kaliningrad
Von Ursula Rütten
Redaktion: Ulrich Teiner
Produktion:WDR/DLF 2001
Keine andere Stadt hat als Folge von Krieg und Übereinkommen der alliierten Siegermächte nach 1945 derart ihr "Gesicht" und ihre "Seele" gewandelt wie die ehemalige Hauptstadt des nördlichen Ostpreußen. Die Eroberung von Königsberg, der letzten östlichen Bastion der Deutschen Wehrmacht durch die Rote Armee im April 1945, bereitete den Weg für ein einzigartiges politisches, soziales und städtebauliches Experiment: Die Stadt und das Gebiet Königsberg sollten eine völlig neue, aus allen Teilen Russlands angeworbene, auf den Kommunismus eingeschworene Bevölkerung erhalten; die alteingesessenen Deutschen, die den Krieg überlebten und dort unter sowjetischer Herrschaft dennoch weiter leben wollten, wurden wenige Jahre später allesamt vertrieben.
Alles, was ostpreußisch bzw. deutsch war, sollte beseitigt werden. Dieses Ziel wurde weitgehend erreicht. Heute ist hier letztlich jeder ursprünglich ein Fremder. Das prägt den Charakter, das lässt den nationalen Gedanken in den Hintergrund treten und mehr nach der Einheit der "russischen Seele" fragen. Demnach ist die Völkerverständigung heute nicht das Problem.
Das Problem ist die Zukunft des Kaliningrader Gebiets: seit dem Ende der Sowjetunion ist es von eigenständigen Grenzstaaten umgeben, nämlich Litauen und Polen, die aussichtsreich in die EU und in die NATO streben und die es vom russischen Kernland abtrennen. Eine Sonderposition, die der Bevölkerung von Kaliningrad Sorgen bereitet. Die Nähe zu Deutschland erhält in vieler Hinsicht neues Gewicht
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Szemkus