Quellen

Hallo,

Laut Definition ist eine Quellenangabe ein Verweis
auf die Informationsquelle, auf die man selbst für das Ereignis
zurückgegriffen hat, also das Kirchenbuch, oder die Standesamtsurkunde
oder das Ortsfamilienbuch oder das Telefonat mit Onkel Fritz oder die
Gedcomdatei.

nein, in der Geschichtswissenschaft ist QUELLE eben nicht "irgendwas, woher eine Information stammt". Eine Quelle ist per definitionem etwas, das aus der Vergangenheit überliefert ist und Informationen über diese Vergangenheit transporiert.

Eine Gedcom-Datei ist ein Forschungsergebnis, keine Quelle. Das Telefonat mit Onkel Rudi ist keine Quelle, sondern eine Mitteilung - und irgendwoher hat Onkel Rudi hoffentlich sein Wissen aus einer Quelle, vielleicht aber auch nur von einem Hörensagen. Eine Veröffentlichung, ein Ortsfamilienbuch ist ebenfalls ein Forschungsergebnis und keine Quelle.

Viele Grüße

TK

Hallo Tobias und alle,

Kann mal bitte jemand eine *Definition* erstellen:
Was genau ist eine "Quelle"?
Und was ist eine Quelle nicht? bzw. wie nennt man das dann stattdessen?

Würde helfen, Missverständnisse zu vermeiden.

Gern dann auch nachvollziehbar im Wiki dokumentiert!

Danke, Markus

Hallo,

in der Familienforschung sollte aber die Quelle genannt werden, aus der die Informationen übernommen wurde. Und das sind eben nicht nur die Primärquellen, sondern eben auch Sekundärquellen wie Ortsfamilienbücher oder aber auch gedcomdateien.

Wird aus so einer Quelle einfach die darin benannte Quelle als Quellenangabe übernommen, ist das aus meiner Sicht "Hörensagen", der übernehmende Forscher nicht beurteilen kann, ob der berichtende Forscher die Quelle korrekt ūbertragen hat, ob er ggf Informationen "hinzuinterpretiert" hat. Daher ist dann die Gedcomdatei, das Ortsfamilienbuch usw. die Quelle zu dem Ereignis. Diese sollte als Zitat dann auch die Ursprungsquelle enthalten, damit die Information nicht verloren geht.

Das wird so auch in der Computergenealogie an diversen Beispielen ausgeführt. International wird das ebenso gesehen... Siehe auch das Buch Evidence Explained von Elizabeth Mills.

Viele Grüße,
Thomas Wildeboer

Am 17. Sep. 2019, 20:46, um 20:46, "Tobias A. Kemper" <kemper@lenz-kemper.de> schrieb:

Hallo Markus,

es gibt keine feste, allgemeingültige Definition für "Quelle". U.a. hängt der Begriff der Quelle auch davon ab, was erforscht werden soll,
vergl. Quelle (Geschichtswissenschaft) – Wikipedia.

Eine allgemeine Definition für Quelle ist da zu finden: "alle Texte, Gegenstände oder Tatsachen, aus denen Kenntnis der Vergangenheit gewonnen werden kann“.

Wesentlich enger fasst das Renate Ell in ihrem Artikel "Woher weiß ich das?" in der Computergenealogie 4/2016, S. 6:
"Die Quelle einer Information ist die Stelle, an der man die Information selbst (!) gefunden hat".

Alleine, wenn man diese beiden Definitionen vergleicht, fallen einem die gravierenden Unterschiede auf: Die allgemeinere Definition abstrahiert von meinem eigenen Schaffen, in der Quelle *kann* Kenntnis gewonnen werden, unabhängig davon, ob ich es bereits getan habe. Renate Ell dagegen engt das ein auf die Stellen, wo man selber etwas gefunden hat. Und genau daraus entspringen die beiden grundverschiedenen Ansätze, die hier diskutiert werden.

Die einen sehen Quellen als etwas absolutes, vom konkreten Tun des Forschers unabhängiges: Der Kirchenbucheintrag ist da - man *kann* da Kenntnisse über die Vergangenheit finden. Es ist also eine Quelle, und sie wird angegeben, damit eine erarbeitete Information nachprüfbar wird. Die anderen akzeptieren das nicht als Quelle, wenn sie es nicht persönlich selbst gesehen haben - für die ist es nur ein Hinweis, aber keine Quelle. Solange, bis sie es selber gesehen haben. Für sie ist die GEDCOM-Datei eine Quelle - die "sehen" sie ja selber. Für die ersteren ist dagegen die GEDCOM-Datei im Wesentlichen das Transportvehikel, mit dem die Daten inkl. der Quellen von A nach B gebracht werden.

Diesen Widerspruch werden wir hier nicht auflösen können. Und ich glaube auch nicht, dass die Diskussion hier jemanden aus dem einen Lager in das andere Lager holen kann. Es hängt auch davon ab, wie ich selber die Forschung ausrichte: Konzentriere ich mich darauf, einen kleineren Umfang (z.B. die eigene Familiengeschichte) zu erforschen, werde ich alles selber sehen wollen. Arbeite ich in einem Team oder an einem großen Projekt mit, könnte dieser Anspruch überhaupt nicht erfüllt werden - da fügen die einzelnen Forscher zu einem großen Ganzen ihren Teil hinzu, ohne dass sie selber die Arbeit aller anderen nachvollziehen.

Beides hat seine gute Berechtigung. Es führt aber zu ziemlich unterschiedlichen Vorgehensweisen und somit auch zu den hier diskutierten unterschiedlichen Darstellungen über das, was als "Quelle" betrachtet wird.

Und damit haben wir auch die unterschiedlichen Anforderungen, die an ein Genealogie-Programm gestellt werden. Wenn wir nämlich bei einem Datentransfer von einem zum anderen Forscher der Linie folgen, dass die Quellen etwas absolutes, vom konkreten Schaffen des einzelnen Unabhängiges sind, dürfen die Quellenangaben nicht verändert werden (höchstens ergänzt werden um die Aussage, wer sie wo zur Verfügung gestellt hat). Wenn wir als Quelle aber nur das akzeptieren, was wir selber gesehen haben, muss mit dem Transfer von Forscher A zu Forscher B die Darstellung der Quellen geändert werden: Sie müssen auf Hinweise abgestuft werden, die erst noch alle persönlich nachgearbeitet werden sollen, um wieder Quellen zu werden.

Ob wir es schaffen, einen Datentransfer zwischen den Programmen zu definieren und zu vereinbaren, der nach dem Transfer dem Forscher noch die Wahl lässt, nach welcher Grundausrichtung er weiter arbeiten möchte, ohne dass er alles manuell wieder überarbeiten muss, werden wir sehen. Und auch die Antwort auf die Frage, ob sich der Aufwand lohnt, das dann in die Programme einzubauen , wird wohl programm-spezifisch unterschiedlich ausfallen. Nach meiner Kenntnis ändern die Programme beim Datentransfer (Export oder Import) den Status der Quellen bislang nicht. Daher wohl auch die Unzufriedenheit derjenigen, die die Abstufung der Quellen auf Hinweise bei der Datenübernahme umgesetzt haben wollen.

Viele Grüße
Albert (Emmerich)