Sehr geehrte Listenteilnehmer,
nachfolgend finden Sie den offiziellen Pressetext des Bayerischen Rundfunks in
München zu der
Sendung über "Euthanasie" am 01. November 2010.
Nationalsozialistische Euthanasieverbrechen in Altbayern„Blauer Strich heißt
Leben, Rotes Kreuz bedeutet Tod“Am Montag, 1. November 2010, 12.05 Uhr Bayern 2
Im Herbst 1939 hatte Adolf Hitler den „Gnadentod“ unheilbar Kranker angeordnet.
Aus
Bayern wurden im Verlauf der „Aktion T4“ an die 7.000 Menschen in den Gaskammern
der Tötungsanstalten, im württembergischen Grafeneck, im sächsischen Pirna-
Sonnenstein und in Hartheim bei Linz ermordet. Das Autorenduo Maximiliane
Saalfrank und Thies Marsen hat für sein Radiofeature auf Bayern 2 nach Spuren
der
Euthanasie in altbayerischen Einrichtungen gesucht und mit Zeitzeugen
gesprochen.Die ersten Opfer der systematisch-industriellen Ermordung von
Menschen durch die
Nationalsozialisten kamen aus der „Heil- und Pflegeanstalt Eglfing-Haar“ im
Münchner
Osten: Am 18. Januar 1940 wurde eine Gruppe von 25 Psychiatriepatienten nach
Grafeneck
in Württemberg gebracht und dort vergast.„Immer gegen halb drei Uhr am
Nachmittag sind die grauen Busse in den Hof gefahren“
erinnert sich Sepp Staudinger an die Deportationen behinderter Frauen aus dem
Paulusstift
in
kleinen Kreis von Zeitzeugen, die über die Euthanasie-Verbrechen in Bayern
berichten
können und auch wollen.
Erzählungen über Euthanasieopfer gehören in vielen Orten zur mündlichen
Tradition. Meist
sind es Nichten, Neffen oder entfernte Verwandte, so die Erfahrung in den
bayerischen
Einrichtungen, die sich für das Schicksal von Angehörigen interessieren, die
durch die NSEuthanasie
ermordet wurden. Hans Benkner aus
Vetter Alfons hat er nie kennen gelernt, und doch dessen Lebens- und Leidensweg
detailliert
dokumentiert. Anderen ist es ein Bedürfnis, regelmäßig eine Gedenkstätte
aufzusuchen, sich
dort zu engagieren oder einfach nur eine Gedenkplatte zu stiften, um dem Opfer
ein
sichtbares Erinnerungsmal zu geben.
Die Verfasserin der Ortschronik von
während der NS-Zeit widmen wollte, entdeckte zu ihrer Überraschung, dass ein
Etterschlager in Hartheim ermordet wurde. Im Landkreis
Bierl zur Aufgabe gemacht Zwangssterilisationen und den Ablauf der Euthanasie zu
dokumentieren.
Organisiert wurde der Massenmord von der, sich zynisch als
„Reichsarbeitsgemeinschaft
Heil- und Pflegeanstalten“ bezeichnenden, Euthanasiezentrale. Ihr Sitz war in
der
Tiergartenstrasse 4 in Berlin, daher auch die Tarnbezeichnung „T4“. Bereits im
Oktober 1939
begann die systematische Erfassung Behinderter, psychisch und neurologisch
Kranker
mittels Meldebögen in allen Heil- und Pflegeanstalten des Deutschen Reichs.
Binnen sechs
Wochen nach Erhalt der Meldebögen, mussten alle ausgefüllt nach Berlin
zurückgesandt
werden. Kam man dieser Anordnung nicht nach, erschienen Mitarbeiter der
T4-Organisation.
In Taufkirchen an der Vils, in der Nähe von Erding, gibt eine Schwester über den
Selektionsarzt zu Protokoll
können, weil sie in dem Moment nicht reden konnte, hat er gesagt, die kommt
mit.“,Neuötting. Der 85-jährige lebt auf dem Nachbarhof. Sepp Staudinger gehört
zu einemEichenried ist einer von ihnen, seinenEtterschlag, die sich bewusst auch
der LokalgeschichteFürstenfeldbruck hat es sich Peter: „…eine Grippekranke, die
hat nicht gleich Antwort gebenFür die verbliebenen Pfleglinge begann die Zeit
der „wilden Euthanasie“. So wird der Mord
an Kindern und Jugendlichen in Eglfing-Haar durch Überdosierungen mit Morphinen
systematisch so durch Hermann Pfannmüller organisiert, dass die Tötungskurve den
Anschein eines natürlichen Verlaufs erweckt. Aus den Heil- und Pflegeanstalten
Kaufbeuren-
Irsee und Werneck sind Berichte über Menschenversuche überliefert, für Günzburg
werden
sie vermutet. In Eglfing-Haar experimentiert Anton von Braunmühl mit neuen
Therapieformen, mit Insulin- und Elektroschocks. Die Mehrzahl aller Patienten
wird
planmäßig ausgehungert - durch die sogenannte „E-Kost“ in den Hungerhäusern
Eglfings,
auf den Hungerstationen im fränkischen Erlangen oder im niederbayerischen
Mainkofen.
Parallel dazu reduzieren die Kliniken die Lebensgrundlagen ihrer Patienten auf
ein Minimum:
Sie müssen auf engstem Raum ausharren, liegen in den Gängen auf Stroh, verkotet
und
verwahrlost. Zerschlissene Kleidung wird nicht mehr ersetzt, kaputtes Mobiliar
nicht mehr
repariert, die Heizung abgestellt. Kriegsbedingt sind viele Ärzte, Pfleger und
Mitarbeiter der
Verwaltung eingezogen. Ecksberg bei Mühldorf, das dem Bezirk von Oberbayern
untersteht,
gilt sogar als arztlose Anstalt. Die Situation verschärft sich weiter als im
Zuge der „Aktion2Brandt“, zahlreiche Transporte mit Patienten aus Nord- und
Westdeutschland sowie dem
Großraum Berlin in bayerischen Heil- und Pflegeanstalten eintreffen und sich die
Zahl der
Patienten auf fast 20.000 erhöht - etwa 10.000 Betten sind in den Kliniken
tatsächlich
vorhanden.
70 Jahre nach dem Beginn der industriell-systematischen Vernichtung von Menschen
im
Nationalsozialismus finden sich Spuren dieser Menschen in den Archiven der
Bezirke, der
Kliniken und karitativen Einrichtungen. Vieles harrt immer noch der Be- und
Aufarbeitung
oder wird gerade erst entdeckt. So etwa fand Hans Hertkorn, der ehemalige
Direktor der
Einrichtung
Pfleglingen, die auf der Rückseite genau angeben, welches Schicksal dem
Fotografierten
auferlegt worden war. Anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Gründung der
Einrichtung
der Barmherzigen Brüder in Straubing wurde 2009 erstmals auch der sehr
persönliche
Bezug des Münchner Kardinals Michael Faulhaber zur NS-Euthanasie dargestellt:
Faulhaber
hat einen Bruder während der Euthanasie verloren.Ecksberg, jetzt eine recht
umfangreiche Sammlung von Porträtaufnahmen vonSieben Jahrzehnte nach dem
Höhepunkt der Vernichtung „lebensunwerten Lebens“
haben Maximiliane Saalfrank und Thies Marsen nach Spuren der Euthanasie-
Verbrechen in Altbayern gesucht und mit Zeitzeugen gesprochen. Das Ergebnis
ihrer
Recherchen bringt Bayern 2 am Montag, 1. November 2010, um 12.05 Uhr in der
Reihe
„Zeit für Bayern“ unter dem Titel: „Blauer Strich heißt Leben, Rotes Kreuz
bedeutet
Tod“.Kontakt:
Gerald Huber, Redaktion „Zeit für Bayern“
Tel. 089 – 59 00 2517
Gerald.Huber@brnet.dewww.bayern
----> siehe hierzu auch meine Website unter: kaiss.eu
Wünsche allen noch einen schönen Sonntag.
Kaiss Harald